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Seite 10 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 25. Juni 1977 S. P. Q. OENIPONTANUS. TAW['I. BENEFICII. MEMOR. AERE. CONLATO. F. F. ANNO. REPARATAE. SALIJTIS. MDCCCXL Die sinngemäße Übersetzung lautet nach Prof. Dr. Reinhold Stecher, Religions- professor in Innsbruck, wie folgt: Dem erhabensten und höchsten Gott sei Ehre! Der Jungfrau, Mutter und Retterin, die sich in diesem Heiligtum gütig erweist, sei diese Glocke geweiht, die ihr Lob weit hinaus in die Lande verkünden soll! Denn sie hat die Bürger, die sie einst in ihren Schutz genommen hat, durch ihre mächtige Fürbitte unversehrt bewahrt vor der drohenden, schrecklichen asiatischen Seuche, die weite Teile Europas verheert und Städte und Länder mit Leid und Not heimgesucht hat. Der Rat und die Bürger von Innsbruck haben in Erinnerung an diese große Gnade das Geld zusammengebracht und dieses Werk gestiftet im Jahre des Heils 1840. der mit vielen Wassertropfen besprüht ist. So sieht er nämlich aus. Er blitzt nur so in der prallen Sonne. Aber was soll das wohl bedeuten, ist doch kein Bächlein, keine Quelle, kein Tropfen Wasser in der Nähe. Na, er wird doch nicht schwitzen aus Angst, ich könnte vorbeigehen, ohne ihn einzuladen, in meiner Sammlung Platz zu nehmen, denk ich. Oder schwitzt er vielleicht umgekehrt aus Angst, durch meine Aufmerksamkeit seine himmelnahe Frei- heit einzubüßen? An dem Rätsel kann ich nicht vorübergehen. Ich lasse mich bei ihm nieder und staune nicht schlecht. Welcher Konditor hat sich hier den Scherz geleistet, einen Stein mit einer Glasur zu versehen? Aber sie ist ja hart und klar diese Glasur. Und als ich ihn in die Hände nehme, merke ich, daß er für sein Vo- lumen leichter ist als andere, der Stein mit der Glasur von flaschengrüner Far- be. Und ich sehe, daß seine unglasierte Unterseite grob porös wie ein fester grauer Tuff aussieht. Auch auf der Oberseite sind Stellen dieses Aussehens. Daraus erfolgt notgedrungen zwingend nun der Schluß, daß hier der Blitz in den Stein gefahren ist, dessen enorme Hitze ihn blitzschnell verwandelt und einen Anteil an Silizium zum Schmelzen gebracht haben muß. Es sind auf dem Stein neben Zerreißspalten auch etliche verschmolzene Quarzadern sichtbar. An der Eintrittsstelle des Blitzes und auf der ganzen Berührungsfläche mit der Erde scheint die tuffarti:ge Struktur auf Auf der der lateinischen Inschrift gegenüberliegenden Seite der Glocke ist die Inschrift angebracht: „Gegossen als 193. Werk von Joseph Georg Miller in Innsbruck 1845". Über der vorstehend angeführten Inschrift befindet sich ein Kruzifix. Die Darstellung rechts von Inschrift und Kruzifix zeigt den heiligen Jakobus als Kirchenpatron der Stadt- pfarre St. Jakob in Innsbruck, rechts ist die Madonna mit dem Kind darge- stellt in Anlehnung an das Mariahilf- Bild von Lukas Cranach am Hochaltar der Innsbrucker Pfarrkirche. Eine Ko- pie dieses Bildes schmückt den Altar unserer Liebfrauenkirche! Neben der Madonna folgt rechts ein Engel, der das Wappen der Stadt Innsbruck in den Armen hält (nicht wie es im Kitzbühe- 1er Stadtbuch IV. Band, Seite 119 heißt: ein Vogel (!)‚ der das Wappen der Stadt Innsbruck hält). Links anschließend an den hl. Jakobus ist noch der hl. Georg mit dem Drachen dargestellt. Die bei- den Heiligen links und rechts von der lateinischen Inschrift lassen sich nicht identifizieren (eine Heilige - Nonne? leicht— mit einem Buch in der Hand; ein Heiliger mit Stab und einem Brief (?) in der Hand - vielleicht St. A1exius, der in Innsbruck verehrt wurde, da in der Alexiusnacht der stärkste Erdbeben- stoß des 17. Jhdt. war). Die große Giok- enen Verdompfungsvorgang hinzuwei- sen. Mit großer Überraschung vernahm ich also diese Geschichte und öffnete mit Freude meinen Rucksack. Nun ist er das rarste Stück in meiner bescheidenen Sammlung außerhalb der Fossilien. Was bleibt mir anderes übrig - einen Namen muß er haben. Ich will ihn ‚Blitz- eid" benennen (oder sollte ich lieber „Glasurit" wählen?). Zur Bildung der grünen Glasur war wohl eine spezielle chemische Zusammensetzung des Steins die Voraussetzung. Blitzschläge im Ge- stein gibt es nicht selten. Eine glasierte Dokumentation scheint mir aber eine besondere Begüntigung des Finder- glücks zu sein. Er ist aber auch zu inter- essant und hübsch, mein „Blitzoid". Und weil jeder anderes sammelt und die Mathematik nicht mein Fall ist, ist mir dieser physikalisch metamorphe minera- logische Außenseiter so willkommen. Auf die Akustik anläßlich seiner Entstehung wäre ich aber nicht neugierig. Der „Blitzoid" von Josef Niederacher aus Reith ist ungleich größer und in der Farbe prächtiger und reiner. Zwei Blitz- ei 11 schlagspuren sind deutlich sichtbar. Herr Angerer sagt: ein Prachtexemplar. und er glaubt nicht, daß ein ähnlich schöner und schwerer und größerer in ganz Österreich vorhanden ist. Der Stein wartet nun auf unseren Univ.-Prof. Dr. Richard Pittioni, wenn dieser nach Joch- berg auf Urlaub kommt. Ihm wird der Stein vorgelegt und wir sind auf sein wissenschaftliches Urteil gespannt. ke, für Innsbruck bestimmt und rein zufällig nach Kitzbühel gekommen, paßt also gut auf den Turm der Frauen- kirche, da sie - wie die Inschrift be- weist - der Mutter Gottes geweiht ist und durch eine glückliche Füguug zu einer Kirche gehört, die seit alters als Marien-Wallfahrtskirche bekannt ist. Auf dem großen Turm der Frauen- kirche hängt auch die Sterbeglocke, im Volksmund „Zügnglüggei" genannt, weil es läutet, wenn jemand stirbt, „in den letzten Zügen liegt". Daß es sich bei die- ser Glocke auch um eine Marienglocke handelt, dürfte weniger bekannt sein. Auf dem oberen Rand des Glockenman- tels findet sich folgende Inschrift: NOS CUM PROLE PIA BENEDICAT VIRGO MARIA. MDCCXXXI. Sinngemäß auf Deutsch: Maria mit dem Kinde lieb, uns allen deinen Segen gib! 1721. Unter der Darstellung einer Kreuzigungsgrup- pe ist zu lesen,: Joseph Grasmair goß mich durch Gottes Hilf in Brixen. Auf er gegenüberliegenden Seite des Glok- lcenmantels ist die Dreifaltigkeit darge- stellt: Gottvater und Heiliger Geist, dar- unter: Maria mit dem Jesuskind. Dcc Durchmesser der Glocke beträgt 60 cm (nicht 53 cm, wie im Stadtbuch IV. Band, Seite 98 angegeben). Das Sterbeglöck- lein hören wir übrigens 96mal am Tag, nämlich viermal in der Stunde. Die Vier- telschläge der Turmuhr sind Schläge auf das Sterbeglöcklein, die vollen Stunden schlägt der Hammer auf die große Glocke. Übrigens zur Turmuhr: Sie wurde im Jahre 1794 von dem Hof- und Bürgerlichen Großuhrmacher Johannes Sentele in Salzburg als das 41. Werk ge- baut. Auf dem Aufsatz über dem Ziffer- blatt des Uhrwerkes findet sich ein handschriftlicher Vermerk des Kitzbühe- 1er Uhrmachers Johann Pirchl (Vater des Bürgermeisters und Gründer der Feuerwehr Josef Pirchl): „Die letzte Reparatur wurde am 22. Juli 1845 vor- genommen; der große Zeiger neu ge- macht von Uhrmacher Johann Pirchl dahier". Abschließend noch eine kurze Vor- stellung einher Glocke, über deren Vor- handensein wahrscheinlich nur die älte- ren Kitzbüheler wissen: die Glocke auf dem Türmchen der Spitalskirche. Nach dem im Jahre 1412 die Spitalskirche zum Heiligen Geist erbaut wurde, er- hielt sie bald auch eine neue Glocke. Auf der jetzigen Glocke ist am oberen Rand des Glockenmantels. folgende In- schrift zu lesen: „Anno 1432 von neuem zu dem Spital gossen ist zersprungen und renoviert 1626". Im Jahre 1926 wurde die Glocke von Johann Graß- mayr in Innsbruck wieder neu gegos sen. Eine Inschrift auf dem Glocken- mantel gibt genauere Auskunft: ..Wieder umgegossen 1926 unter Judit Nindi Oberschwester Gemeinderat Alois Wimmer Armenvater Dr. Friedrich Plahl Stadt- und Spitals- arzt
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