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Samstag, 30. Juli 1977 - -- Kitzbüheler Anzeiger Seite 11 Liebe Schützenkameraden, verehrte Festgäste! In der ersten Nummer der Tiroler Schützenzeitung vom 2. Juli 1846 steht folgender Schützengruß: „Hochwillkom- men, wackre Brüder, mit dem wärmsten Druck der Hand. Laßt Euch traulich bei uns nieder, aus nah und fern im ganzen Land Wir haben uns hier in Waidriing auf historischem Boden versammelt, um ein Vierteljahrhundert des Bestehens des Wintersteller-Schützenbataffions festlich zu begehen. Mit diesen Worten darf ich Ihnen, liebe Schützen, die Grüße des Eh- renlanideskommandanten der Tiroler Schützen, unseres verehrten Herrn Lan- deshauptmanneis Eduard Wailnöfer, der leider nicht hier sein kann, überbringen! Es gereicht auch mir zur besonderen Ehre, daß ich dem Jubelbataillon die be- sten Glückwünsche zum 25jährigen Be- stehen entbieten kann! Ich möchte meiner besonderen Freude Ausdruck verleihen, daß 1224 Schützen aus Tirol, Südtirol, Salzburg und Bayern hierher gekommen sind, um ein Fest der Kameradschaft und über die Grenzen hinausgehenden Verbundenheit, im Zei- chen unserer Alpenregion, festlich zu begehen! Wenn wir die Vergangenheit betrach- ten, könnte uns vielleicht schon jemand Anachronismus vorwerfen, drenn ge- schichtlich war es so, daß im Freiheits- kampf der Tiroler gegen die Bayern, im Rahmen des französisch-österreichischen Krieges, die Schützenmajore Rupert Wintersteller, Josef Hager, Jakob Siebe- rer, Jakob Margreiter und Johann Ja- kob Steiner alles getan haben, um sich gegen die Bayern zu behaupten! Am 11. und 12. April 1809 wurden 1250 Bayern gefangengenommen und man denkt mit Ehrfurcht an die schwe- ren Kämpfe im Mai des gleichen Jahres, als 2 bayrische Divisonen über Kufstein und Reichenhall hier einrückten, an den blutigen Kampf um den Paß Struh - Denkmal -‚ an die Gefechte in Waidring und Söll und an die schwere Niederlage der Tiroler in der Schlacht von Wörgl! Ich darf in diesem Zusammenhang und gerade daran erinnern, daß das Land Tirol immer schon sehr freiheits- hebend war und alles daransetzte, seine Freiheit mit allen zur Verfügung ste- henden Kräften zu verteidigen. Formuliert hat diese Gedanken Kai- ser Maximilian 1., der im Jahre 1511 im Einvernehmen mit den Ständen das Landhibell erließ, also die neue Wehr- verfassung, in der den freien Tirolern die bereits damals die wesentlichen Grundrechte einer demokratischen Lan- desordnung besaßen, Freiheit und Ver- teidigung des Landes anvertraut wurde. Der Kaiser verpflichtete sich, ohne Zu- stimmung der Stände keinen Krieg zu führen, entband den Tiroler von der Verpflichtung, außerhalb seines Landes Kriegsdienste zu leisten und gab ihm die Waffenfreiheit. Das heißt, nicht nur . der Edelmann, sondern auch Bürger und Bauer trugen Waffen und hatten das Recht, diese daheim griffbereit zu ver- wahren. Als Gegenleistung erklärten sich die Tiroler bereit, im Falle eines Angriffes auf das Land, nach eigener Aufgebotsordnung, die Wehrfähigen zu den Waffen zu rufen und das Land sel- ber zu verteidigen. So stehen also auch heute, im Zeitalter der Raketen und Weltraumflüge, Män- ner mit Waffen, in den historischen Trachten, die schon die Väter trugen, bereit, altes Brauchtum zu verteidigen. Die Zeit ist vorbei, wo man das Schüt- zenwesen gering schätzte und foiklonisch nannte. Tausend junge Männer, im Kamerad- schaftsvcrbund mit den älteren, erken- nen, daß das Tragen des Schützenrocks Ehre, Treue und Heimatliebe bedeutet und verkörpert. Ich freue mich, daß da- durch ein Fortpflanzen dieser SO wert- vollen Ideale gesichert ist, und daß in der modernen Gegenwart nicht nur wirt- schaftliche und kulturelle Grenzen be- reits gefallen sind, sondern daß auch der Patriotismus nationale Grenzen überspringt und mit berechtigtem Stolz dokumentiert wird. Wir Tiroler sind stolz, daß es eine Ar- beitsgemeinschaft der Schützen gibt, die in ihren Zielsetzungen nationalstaatliche Grenzen nicht kennt, sondern dadurch geeint ist, daß sie gemeinsam in einer Zeit der Vermassung und Verflachung die Fahne von Werten hochhält, die auch in Zukunft verteidigt werden müssen. Der Tiroler Historiker Professor Kra- mer sagte in seinem Buch „Tirol 1809", daß im Gedanken an die Freiheitskämp- fe unserer Vorfahren drei Dinge ihren unvergänglichen Wert behalten: „Tirol hat mit der ersten selbständigen Volks- erhebung im gesamtdeutschen Raum be- gonnen". Die Einheit des Landes Tirol trat in diesem historischen Jahr beson- ders deutlich hervor. Vor allem aber ha- ben die Tiroler in jenen Tagen für ihre Heimat und den Glauben ihrer Väter, für die Freiheit des christlichen Men- schen im Herzen Europas und damit für Werte gekämpft, ohne die es auch heute ein wahrhaft menschliches Zusammen- leben nicht gibt. Das jubilierende Wintersteller Schützen- bataillon hat in den 25 Jahren seines Be- stehens, weiterbauend auf jahrhundert- alte Tradition, bewiesen, daß es möglich ist, auch in einer Zeit des sogenannten Wohlstandes, in einer Zeit der Ueberflu- tung mit vielen anderen Dingen und ab- nahme endelster Eigenschaften, Tradi- tion und Brauchtum durch Pflege auf- recht zu erhalten. Das Land Tirol ist überdies stolz, die Wintersteller bei gro- ßen Anlässen auch als Gardebataillon einsetzen zu können! Unser Bezirk ist ein besonders gast- licher Teil des Landes, der seit jeher und besonders heute, Menschen aus allen Teilen der Welt weit geöffnet ist, der aber auch alles dransetzt, wenn es gilt, die Eigenständigkeit zu verteidigen. Die- sie Tradition ist bei uns nicht nur Auf- trag und Verpflichtung, sondern allein eine Herzensangelegenheit. Wir sind uns bewußt, daß unsere zehn- tausend aktiven Tiroler Schützen, die 1200 Jungschützen und 5000 unterstüt- zenden Mitglieder des Bundes der Tiro- ler Schützenkompanien eine gesell- schaftspolitische Kraft darstellen, die den Hilfsarbeiter mit dem Universitätspro- fessor und den Angestellten neben dem Bauern in einer Reihe marschieren läßt und wir freuen uns, daß die Schützen mit den Musikkapellen, die Feuerweh- ren, Veteranen, die Bergrettung und an- dere, in dein Tiroler Orten, Stützpunkte und Motore, dörflichen und kulturellen Lebens sind. Wir wissen aber auch, daß in unseren Sch:ützenkompanien die wohl hochwertigstei und edelste Eigenschaft unseres Zusammenlebens, „die Kame- radschaft" besonders gepflegt wird. Ich will gerne dieses Fest als geeigne- ten Anlaß bezeichnen, allen, die sich um das Schützenwesen verdient ge- macht haben, Dank und Anerkennung auszusprechen und es ist mir ein beson- deres Bedürfnis, Herrn Mj. Adolf Na- giller für alle Bemühungen um sein Ba- tialilon besonders herzlich zu danken. Ich bitte unsere Freunde aus Südtirol, unsere Freunde aus Bayern und Salz- burg, unsere Freunde im ganzen Alpen- bogen, zusammenzuhelfen, daß sich die- ser Zug alpenländischer Eigenart auch in Zukunft behaupten kann. Ich freue mich über die Arbeitsge- meinschaft der Alpenländer und ich freue mich über die Regelung von Ver- kehrsfragen, Berglandwirtschaft, Wirt- schaft und kulturelle Zusammenarbeit unter 20 Millonen Mitteleuropäern. Ich bin jedoch der Meinung, daß es jetzt an der Zeit ist, wie dies Eduard Walinöfer, unser Landeshauptmann, formuliert hat, sich um die Erhaltung und Behauptung des alpenländischen Menschen zu küm- mern. - Ich bin sicher, daß die Schützen der Alpenregionen dazu ihren Beitrag lei- sten werden. Im Erlaß von Kaiser Ferdinand zum Thema Wehrordnung aus dem Jahre 1846 hat es geheißen: „Ich hege ein sol- ches Vertrauen an die Biederkeit, Treue und Anhänglichkeit der Tiroler für Fürst und Vaterland, daß ich mich der völligen Ueberzeugung überlasse, sie LR Komm.-Rat Christian Huber: Bezirks-Sch 00 ützenfest und 90 25 Jahre Wintersteller Schützenbottillan in Waidring am 9. und 10. Juli 1977
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