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Der Empfang am Bahnhof in Wangen Samstag, 10. September 1977 Kitzbüheler Anzeiger Seite 5 Die Stadtmusik in Wangen in der Schweiz Auf Grund einer ehrenvollen Finla- dung zum 75. Bestandsjubiläum des Musikvereins Wangen, Schweiz, gab un- sere Stadtmusik in Wangen zwei Kon- zerte. Die Reise erfolgte mit der Bun- desbahn in einem Sonderwaggon. Ab- fahrt am Freitag, 26. August 1977, um 7.12 Uhr vom Kitzbüheler Hauptbahn- hof. Ankunft um 14.20 Uhr in Wangen. Dieser Zug wurde in Wangen extra angehalten, da er normalerweise nur durchführt. Die Vorarbeiten für die dreitägige Reise begann, schon anfangs Mai ver- gangenen Jahres mit der sprichwör'tli- ehen Schweizer Präzision. Damals kam eine vierköpfige Abordnung des Musik- vereins Wangen zu einem Vorgespräch mit der Stadtmusik nach Kitzbühcl. Der Leiter dieser Delegation ist bei uns kei- ne unbekannte Persönlichkeit. Ehren- präsident Edy 5 eh n e 11 m a n n ist ein treuer Kitzbühelanhänger. Er verbrach- te bis jetzt 22 Urlaube in unserer Stadt. Seine Begleiter waren OK-Präsdent Balz Vogt - W.ildhaber sowie Prä- sident Franz K e i s e r und Robert Z ü - g e r. Die Kitzbüheler Abordnung be- stand aus Obmann Andre F e ii e r, Kapellmeister Sepp G a st e 1 g e r, Sepp Brandstätter und Gottfried Pla- ner. la- ner. Treffpunkt war im Cafe Resch, wo die Schweizer den Kitzbühelern ein originelles Geschenk in Form von Schweizer Kuhschellen überreichten. Der geschäftliche Teil des Abends war dann rasch abgewickelt, weil alles buchstäb- lich routinemüßig vor sich .ging. So eine Fahrt in die Schweiz ist für die Kitz- büheler ja nicht die erste gewesen. Die erste erfolgte als Gegenbesuch im Jahre 1953 noch unter Stadtkapellmei- ster Andreas K r a u s (t 8. 11. 1962). Die zweite als Konzertreise 1962 unter Stadt- kapellmeister Sepp G a st e i g er. Also eine echte und gute Freundschaft, die fast ein Viertel Jahrhundert überdauer- te. Daß ein solcher Abend natürlich nicht im Geschäftsmäßigen enden durfte und der praktisch feststehende positive Ab- schluß der Besprechung gefeiert werden mußte, wird wohl jedermann verstehen. Und er wurde gefeiert! Dann aber gab es für die Schweizer Freunde mehr als ein Jahr harte Arbeit. Das 75jährige Bestandsjubiläum sollte als Zeitfest ausgerichtet werden und wer diese Wangener Zeltfeste kennt und ein- mal mitgemacht hat, der wird sich im- mer wieder über die hervorragende Or- ganisation wundern. Da bleibt nichts, aber auch gar nichts, dem Zufall über- lass--n. Improvisation ist ein Fremdwort. Wie hier für Tausende 'Menschen für Unterhaltung und leibliches Wohlbe- finden gesorgt ist, ist beispielgebend. Die Unterhaltungsprogramme laufen ab wie am Schnürchen. Aber nun zur eigentlichen Reise, die von der St.adtmusik mit 46 Personen an- getreten wurde. Hin- und Rückreise ver- liefen ruhig und in bester Harmonie. Das Wetter war freundlich, ebenso wie die beiden hübschen Marketenderinnen, die immer wieder fragen kamen, ob jeder auch das Bahnfahren vertrüge, denn sie hätten eine gute Medizin in ihren Fäßchen. Sie war auch gut, die Medizin. Und so gab es manchen Simu- lanten unter der Stadtmusik, der immer wieder über Beschwerden klagte. Sie kamen aber alle frisch und munter wie die Fische im Wdsser an. In Wangen wurde auf der rechten Bahnsteigseite ausgestiegen, so daß man nicht zum Bahnhof spiatz sah, solange der Zug noch stand. Als der abfahrende Zug den Blick zu diesem Platz freigab, war die erste Überraschung perfekt! Die Wan- gener Musik spielte einen flotten Marsch und viele Honoratioren des Ortes wa- ren zum Empfang gekommen. Die fri- sche und lebhafte Schuljugend von Wan- gen hatte Aufstellung genommen und rief den Kitzbühelern ihren Willkom- mensgruß zu. Die Kinder schwenkten bunte Fähnchen, auf die sie selbst das Wangener und das Kitzbüheler Wappen gemalt hatten. Eh :e weitere Gruppe stell- te mit Buchstabenplakaten den Wort- laut „Wangen grüßt Kitzbühel" dar. Vie- le Wangener Bürger hatten nicht auf die Quartierverteilung im Ort gewartet, son- dern waren, gleich zum Empfang ge- kommen. Nach einem Grußmarsch der Stadtmusik Kitzbühei marschierte der ansehnliche Festzug dem Dorfe zu. Zu- erst die Musikkapelle Wangen mit ihrer Vereinsfahne. Das Empfangskomitee folgte in zwei von prachtvollen, schwe- ren Pferden gezogenen Doppelspännern. Und zuletzt kam die Stadtmusik inmit- ten der Schulkinder, die noch immer eifrig ihre Wimpel schwenkten und viel zu lachen hatten. Nur einmal erfuhr der fröhliche Zug eine Unterbrechung. Die Wangener hatten unterwegs eine Labe- Station aufgebaut. Die alten Hasen von der Stadtmusik, also diejenigen, die auch schon das 1.- oder 2.m,al dabei wa- ren, wußten schon was jetzt kam und freuten sich darauf. Es gab da nämlich riesige Schinkenbrote mit Fransen, d. h. der Schinken hing weit über die Brot- ränder hinaus. Dazu einen ausgezeich- neten herben Schweizer Weißwein, gut gepflegt und kellerkühl. Die Kinder wur- den mit Cola vor dem Verdursten be- wahrt. OK-Präsident Balz Vogt-Wild- haber begrüßte die Stadtmusik mit herz- lichen Worten. Dann ging es weiter zur Quartierverteilung in der Schule III. Wangen besitzt nämlich drei Schulen, die man der Einfachheit halber nume- riert hat. Wer ein Neuling in Wangen war, wurde mit seinem Gastgeber be- kanntgemacht e kanntgemacht und mit echter Herz- lichkeit nach Hause geführt. Die alten Kitzbüheler-Wangener kamen zu ihren früheren Freunden und hatten sich viel zu erzählen. Man bekam natürlich so- fort eine gute Jause, weil die erste ja unmöglich so lange anhalten konnte und das Musizieren hungrig macht. Einige fanden auch schnurstracks „ihr" altes Stammlokal vorn letztenmal her wieder. Überall auf den Straßen wurde man von den Leuten und selbst von ganz kleinen Kindern mit einem freundlichen Gruß bedacht. In den Schaufenstern der Ge- schäfte prankten handgeschriebene Pla- kate: „Wangen grüßt Kitzbühel". Es gab im ganzen Ort kein einziges Haus, das nicht schön geschmückt oder nicht be- flaggt gewesen wäre. Ganze Straßen waren mit Tiroler Fahnen versehen. Am Hauptplatz flatterten zwei große Fahnen mit der Kitzbüheler Garns im Winde. Wo die Wangener die vielen Fahnen aufgetrieben hatten, ist mir ein Rätsel. Nach dem Abendessen war dann ein Unterhaltungskonzert der Stadtmusik
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