Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 14 Kitzbüiieler Anzeiger Samstag, 15. Oktober 1977 durch das im Juni d. J. vom Parla- ment beschlossene neue Beamten- Dienstrechtgesetz seine spezielle Bri- sanz erlangt hat. In diesem Bundes- gesetz (BGBl. Nr. 81) werden die bis- her in Geltung gestandenen Dienst- zweigverordnungen betreffend An- stellungserfordernis und Definitiv- stellungserfordernis wie folgt abgeän- dert: Bisher lautete das Anstellungs- erfordernis für den höheren Archiv- dienst: Abschluß der philosophischen Studien, der Studien der Politikwis- senschaft, der theologischen Studien, der staatswissenschaftlichen Studien oder der sozial- und wirtschaftswis- senschaftlichen Studien und die er- folgreiche Ablegung der Staatsprü- fung des österreichischen Instituts für Geschichtsforschung. Im neuen Gesetz steht nun In der Anlage Verwendungsgruppe A, Höhe- rer Archivdienst. Ernennungserfor- dernisse. An Stelle der erfolgreichen Ablegung der Staatsprüfung des österreichischen Instituts für Ge- schichtsforschung die Erfüllung der Deflnitivstellungserfordernisse". Soweit der inkriminierte Gesetzes- text. Da nach dem neuen Universi- täts-Organisationsgesetz die Berufs- ausbildung nicht mehr mit dem Dok- torat abgeschlossen wird, steht in puncto wissenschaftlicher Berufsaus- bildung ein Niedergang des interna- tional anerkannten wissenschaftli- chen Standards unserer leitenden Ar- chivare zu befürchten. eg Nachricht, daß man uns diesen senschaftll- chen Ausbildungsweg verschließen will, war für alle Archivare am Staats- archiv schockierend, man wollte of- fenbar durch dieses nivellierende Ge- setz den bisher genossenen Sonder- status der Archivare, die keine Dienst- prüfung abzulegen brauchten, was den Juristen im BKA schon lange ein Dorn im Auge war, bei dieser Gelegen- heit eliminieren und damit die Mög- lichkeit schaffen, nach Gutdünken Leute in den höheren Archivdienst zu bringen, auch wenn sie dafür nicht die nötige Qualifikation, aber die ent- sprechenden Beziehungen haben. Ich darf Ihnen kurz die Schritte schildern, die der Verband und die Generaldirektoren dagegen unter- nommen haben: Als wir vom Geset- zestext Kenntnis erhielten, war er be- reits zwischen Gewerkschaft und Par- teien abgesprochen und vereinbart, eine Anderung also kaum mehr mög- lich. Eine Vorsprache beim Obmann des OAAB, Ex-Minister Dr. Mock zeig- te nur die bereits verfahrene Lage auf. Nach einer Vorsprache beim Kol- legen, Parlamentsdirektor Dr. Felix Verny, wurden Einsprüche gegen die- se Gesetzesstelle an die Obmänner der drei im Parlament vertretenen Par- teien gerichtet und ein Schreiben an Frau Minister Firnberg und an Staats- 1 sekretär Lausecker, -in dessen Ressort dieses Gesetz geschaffen worden war. Ebenso schrieb ich einen ausführli- chen Brief an den Bundeskanzler. Die Antworten der drei Obmänner der Parteien waren wohlwollend nichts- sagend. Von Staatssekretär Dr. Laus- ecker kam die positivste Antwort. Er versicherte, daß die Ernennungs- und Definitivstellungserfordernisse noch nicht festgelegt seien, sondern erst im Verordnungsweg zu erlassen sind und bis dahin die alten Verordnungen gel- ten. Es kommt für uns nun darauf an, daß wir bei der Ausarbeitung und For- mulierung dieser Verordnungen nicht wieder umgangen werden, sondern unser Anliegen, die Notwendigkeit der Absolvierung des Institutkurses in den Erfordernissen, sei es zur Ernen- nung, sei es zur Definitivstellung un- terbringen, denn nur so kann der Ausbildungsstandard gewahrt bleiben. Die Möglichkeit der Erfüllung dieser Forderung ist gegeben, denn Im zitier- ten Bundesgesetz heißt es im 4. Ab- schnitt § 14: „Die Grundausbildung ist durch Verordnung zu regeln. Die für eine Verwendungsgruppe vorge- schriebene Grundausbildung kann je nach Verwendung gesondert geregelt werden, soweit dies zur Erreichung des Ausbildungszweckes erforderlich ist." Ich glaube auf diese Gesetzes- stelle können wir uns berufen, wenn wenn wir die Institutsausbildung for- dern. Eine entsprechende Resolution soll vom Archivtag verabschiedet und an alle zuständigen Stellen weiterge- schickt werden. Ich will Sie nun nicht länger mit Gesetzestexten traktieren, aus dem bereits Gesagten geht, glaube ich, die Aktualität und Bedeutung unseres Tagungsthemas zur Genüge hervor. Sie wissen außerdem, daß ich persön- lich schon immer an der Frage der Berufsausbildung interessiert war und ich bin mir bewußt, daß ich mit mei- nen Artikeln zu dieser Frage sicher auch beigetragen habe, das Institut als Ausbildungsstätte etwas ins Zwie- licht zu bringen, aber ich habe nie- mals das Institut als Ernennungs- und Definitivstellungserfordernis in Frage gestellt. Was ich wollte und worüber gerade dieser Archivtag reichlich Ge- legenheit geben wird zu sprechen und zu diskutieren, ist eine zeitgemäße Re- form und Anpassung der Lehrveran- staltungen an die Erfordernisse der Archivare. Der Einwand mancher Kollegen gegen das Programm, nämlich daß wir zu viele ausländische Referenten einge- laden haben, scheint mir nicht stich- haltig zu sein. Wir wollen ja ein mög- lichst umfassendes Bild der Ausbil- dungsmöglichkeiten und Notwendig- keiten gewinnen, und da müssen wir möglichst umfassende Informationen gewinnen darüber, was auf diesem Sektor möglich und für die einzelnen Archivtypen - unerläßlich -ist, dann werden wir erst in der Lage sein, un- ser Ausbildungsprogramm zu präzisie- ren und dann erst werden wir unseren vorgesetzten Behörden sagen können, wie das Gesetz es fordert: „In der Grundausbildung ist vorzusorgen, daß der Beamte, in unserem Fall der Ar- chivar, die für seine Verwendung er- forderlichen Kenntnisse erwirbt". Welcher Art diese Kenntnisse in der Gegenwart sein müssen, wird sich im Verlauf der Tagung herauskristal- lisieren. Mit dem Wunsche, daß dieser Ar- chivtag ein voller Erfolg werde für das österreichische Archivwesen, er- klärte ich den Archivtag für eröffnet und bittete die Ehrengäste um die Begrüßungsworte. Dr. Fritz Prior, Landeskulturreferent und Landeshauptmannstellvertreter: Dreimal schon wird der österreichi- sche Archivtag in Tirol abgehalten und Tirol empfindet dies als Auszeich- nung und als Bestätigung der unge- wöhnlichen Tradition, denn Tirol er- hielt schon im 13. Jahrhundert ein staatliches Archiv. Herzlich begrüßte der Redner im Namen des Landes die anwesenden Archivare, gratulierte ihnen zum strahlenden Wetter, wel- ches ihnen auch ermöglicht, den Be- zirk Kitzbühel, der als einer der land- schaftlich schönsten im Lande gilt, kennenzulernen. Die Arbeit der Archi- vare ist es, die gewachsenen Werte einzufangen und die Menschen im Lande achten und schätzen diese Ar- beit, denn die Tradition dient dem Fortschritt und hat keine Gegenpole. Die Archivare erwecken die Vergan- genheit zum Leben und dienen dabei der Wissenschaft wie auch der Praxis. Er dankte dann Generaldirektor Hof- rat Dr. Blaas, Landesarchivdlrektor Hofrat Dr. Dörrer für ihre Tätigkeit bei der Organisation und der Durch- führung des Archivtages und erwähn- te auch mit Freude die Bemühungen durch den Landesarchlvdirektor a. D. Hofrat Dr. Widmoser. Abschließend stellte der Redner der Stadtgemeinde Kitzbühel in kultureller Hinsicht das beste Zeugnis aus. Die Stadt hat mit der Herausgabe des vierbändigen Stadtbuches sich selbst ein kulturel- les Denkmal gesetzt, damit aber auch dem Land Tirol einen würdigen Dienst erwiesen. Bürgermeister LA Brettauer gab sei- ner Freude darüber Ausdruck, daß der österreichische Archivtag in Kitzbü- hel abgehalten wird. Dieses Ereignis gereicht der Stadt zur Ehre, insbeson- dere auch deshalb, weil diese Stadt, in aller Welt als Sportstadt bekannt, oft als kulturfeindlich verschrieen wurde. Auch der Bürgermeister dank- te den Organisatoren, insbesondere auch dem Kulturreferenten der Stadt Kitzbühel, Stadtrat Gerhard R e s c h, der für die örtliche Organisation fe- derführend war und begrüßte die-Teil-
< Page 14 | Page 16 >
< Page 14 | Page 16 >