Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 15. Oktober 1977 Soviel also zum äußeren, landge- schichtlichen Rahmen, in welchem sich das Eigenleben von Kitzbühel vollzogen hat, dem wir uns nun zu- wenden wollen. Die Gründung der Stadt Kitzbühel. Die heutige Stadtgemeinde Kitzbü- hel besteht aus den am 1. Jänner 1938 vereinigten Gemeinden Kitzbühel- Stadt und Kitzbühel-Land, wobei zu bemerken ist, daß diese Kitzbüheler Land- oder Dorfgemeinde, deren Na- me bereits in einer Urkunde von 1165 aufscheint, wesentlich älter ist, als die gleichnamige Stadtgemeinde. Letztere entstand dadurch, daß Her- zog Ludwig II., der Strenge, von Bay- ern (1253 - 1294) das am Schnittpunkt der Straßen aus dem Brixental und dem Leukental gelegene Kernstück der Dorfgemeinde Kitzbühel aus die- ser herausgeschnitten und auf diesem an sich kleinen Territorium die Stadt Kitzbühel begründet hat. Ein Blick auf die Katastermappe zeigt daher ganz deutlich, daß die Stadtgemeinde Kitzhübel wie eine Enklave fast an allen Seiten von der Dorf- oder Land- gemeinde Kitzbühel umgeben ist. Ur- sprünglich war diese Umfassung der Stadt sogar vollkommen. Erst nach- dem Herzog Rudolf von Bayern den Bürgern von Kitzbühel im Jahre 1297 auch den Schattberg mit der Ehren- bachaim verliehen und damit den Burgfrieden erheblich vergrößert hat, nen Südland haben den Alpenraum er- obert. Und bald darauf erschienen die- se selbst, bauten uralte Saumwege aus, legten Bf'estigungen und Wachtürme an. Ihre Sprache formte den alten, Wort- schatz der Alteingesessenen um,. Diese Zeit der Herrschaft der Römer spiegelt noch in den romanischen Namen unsu- rer Heimat nieder. Dann, aber, nach 5 Jahrhunderten, brach die Zeit an, die Europa veränderte und zu dem werden ließ, was es heute ist, zum christlichen Abendland. Es drang die Kunde in un- ser Tal, daß der Germanenfürst Odoa- ker die Provinz Norikum geräumt hat und Roms Kaisertum in diesem Raum nicht mehr über die Menschen gebot. Und in diesen Zeiten des Umbruchs, in denen sich di neuen Herren, die ger- manische Bajuwaren ankündigten und drüben über den Turntauern, den Paß Thurn, die Slawen sich eine neue Hei- mat bauen wollen, kamen die ersten christlichen Glau:benshotn des hl. Ru- pertt von Salzburg. Sie predigten vom neuen Glauben, den die Franken. die Herrscher des neuen germanischen Re;i- ches, schon längst ang'nommen, und gründeten in unserem Tale die erste Pfarre. Und als der hl. Bonifatius Ord- nuflu in die neu entstandenen Bistümer brachte, kam unser Raum zur Diözese Salzburg, obwohl er politisch zum Her- zogtum Baiern gehörte. Aus dem bairischen Stammland ka- wurde diese totale Umklammerung irr- Südwesten m Südwesten der Stadt durchbrochen. Eine ähnliche Vorgangsweise, wie hier bei der Stadtgründung von Kitz- bühel, können wir übrigens auch bei den meisten Tiroler Städten beobach- ten, wo fast überall der verkehrsmä- ßig wichtigste Ortsteil der alten Dorfgemeinden von diesen abgetrennt und zum Ausgangspunkt der neuen Markt- bzw. Stadtsiedlung gemacht worden ist. Fragen wir uns nun, warum die bayerischen Herzöge diese Stadtgrün- dung gerade hier in Kitzbühel und nicht im benachbarten weiten Becken des uralten Pfarrortes St. Johann vorgenommen haben, so wird man darauf antworten dürfen, daß Kitzbü- hel ungleich besser als St. Johann da- zu geeignet war, als bayerisches Boll- werk gegen die südliche und westliche Nachbarschaft der Hochstifte Salz- burg und Regensburg zu fungieren. Denn welche Spannungen da herrsch- ten, wird uns bewußt, wenn wir daran erinnern, daß sowohl Bayern, als auch Salzburg bemüht waren, im regensburgischen Nachbarterritorium von Itter zumindest Einfluß zu be- kommen, wobei zuerst den Bayern 1253 die Erwerbung der Burg Sperten bei Kirchberg geglückt war, während andererseits aber dem Fürsterzbistum Salzburg 1380 der vollständige, kauf- weise Erwerb dieser Herrschaft ge- lang. men sie auch, die unserer Heimat ein neues Gesicht geben sollten. Es sind die Bauern, die sich neben den Altem- gesLssienen auf den waldfreien Böden niederließen, ihre Höfe errichteten, das Land bebauten, den Wald rodeten, die Kulturlandschaft schufen. Aus dem baiirischien Stammland ka- men aber auch die, die das politische Geschick dieses unstres Raumes be- stimmten: Die Luichinger, die auf Leu- kenstein bei St. Johan.n saßen und das Leukent al als Gerichtsherren verwalte- ten. Der edle Chizzo, der sich auf die- sem Bühel eine Burg baute und sie, sinen Namen verewigend, Kitzbühel nonnte. Aus dem biairischen Stammland kamen die Klöster, die Eigentümer des Bodens wurden, den sie durch ihre Bauern bearbeiten ließen, und so mit- halfen, unserer Heimat das schmucke Anlitz zu verleihen. Und aus fränkischem Land nördlich der Donau kam das Bistum Bam,brg, das Kaiser Heinrich der Heih ge als le- bensspen d ende's Zentrum christlicher und abendländischer Kultur errichtet hatte. Es wird auf dem Kiirchhügel das Gotteshaus erbaut haben. Über allem wurde in der Mitte des 13. Jahrhunderts die machtvolle und ordnnd'e Hand des Landesfürsten in der kaiserlosen Zeit wirksam. So war das Material aus Raum und Zeit, Burg In der Folge entwickelte sich an der Grenze zwischen dieser Herrschaft Itter und dem bayerischen Landge- richt Kitzbühel sogar eine kleine be- festigte Straßensperre oder Klause, welche im heutigen Weilernamen „Klausen" bzw. im dortigen Klausen- bach fortlebt. Die Anich-Karte von 1774 läßt diese Grenzlinie und Klause deutlich erkennen. Man kann Kitzbühel daher mit gu- tem Recht als eine alt-bayerische Grenzstadt bezeichnen, welche sowohl zum Zwecke der Verteidigung, als auch zum weiteren Ausbau der Lan- desherrschaft in diesem grenznahen Raum gegründet und gepf lanzt worden ist. Dementsprechend spricht auch Herzog Ludwig II. in jener Urkunde vom 6. Juni 1271, mit welcher Kitzbü- hel - zunächst allerdings nur für die Dauer von fünf Jahren - das Münch- ner Stadtrecht verliehen hat, von sei- ner neuen Pflanzung, wörtlich von der „nova plantatio nostra aput Chiz- zingsbühel". Die hier ausgesprochene Befristung der Stadtrechtsverleihung scheint darauf hinzuweisen, daß der Stadtherr sich die Möglichkeit vorbehalten woll- te, seinem Marktort das Stadtrecht wieder entziehen zu können, falls des- sen Bürger mit dem Bau der Stadt- mauer säumig wären. Der Mauerbau zog sich dann auch tatsächlich in die Länge, doch ging Kitzbühel auch nach und Siedlung bereit, aus dem unser neues Kitzbühel werden konnte. So bedurfte es nur noch des Baumei- sters, der den Plan entwarf für die- sen neuen Bau bei Kitzbühl, dem Markt. Herzog Ludwig von Baiern. Vor 706 Jahren stand dieser Baumeister auf der Burg von Kitzbühel, bezeichnete die einzelnen Plätze und bestimmte für die künftige Stadt die ragenden Mauern. Und als dtr Herzog sah, daß alles wohl bedacht sei und der Plan in Ordnung ist, rief er am nächsten Tag seinen Schreiber und diktierte ihm den Ge- burtsbrief der Stadt Kitzbühel. Und als sein stolzes Reitersiegel an der kleinen Pergamenturkunde hing, war das, Tor gTeö'ffnet für den Weg, den die Stadt Kitzbühel zukunftsfroh zu beschreiten hatte. Aber der Herzog, den Gestrengen nannte man ihn, stellte eine harte Be- dinigung: Kitzbüheler, ihr müßt euch meiner Huld und Gnade würdig er- weisen und die Probe bestehen. die ich auch in der Zeit bis zum nächsten Herbst und von da an auf 5 Jahre cestellt habe. Also bis Herbst 1277! Und die Kitz- büheler bestanden die Probe! Das Kitz- büheler Stadtrecht auf Bewährung wur- de im Herbst des Jahres 1277 vom Her- zog nicht mehr zurückgenommen. Kitzbühel hat vor 700 Jahren sein Glück nicht vrsp:ieit, sondern seine Zu- kunft gewonnen.
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