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Ansicht von K'itzbühet im Schwazer Bergwerksbuch, 1556 (Bildarchiv Heimatmuseum). Samstag, 22. Oktober 1977 Kitzbüheler Anzeiger Seite Osterreichischer Archivtag in Kitzbühel KITZB[JHEL - Bayerische Grenzstadt - Bergwerksort - Fremden- verkehrsmetropole Vortrag von Stadtarchivdirektor OR Dr. Franz-Heinz H y e, Innsbruck 1. Fortsetzung Die Stadtmauer Eiemit kommen wir auf die Stadt- mauer zu sprechen. Diese umfaßte selbstverständlich nicht den gesamten Burgfrieden, sondern nur den Ortskern am Stadthügel. Bemerkenswert daran ist jedoch, daß auch der dem Stadthügel nördlich ge- genüberliegende Kirchenhügel n i c h t in cb±n Mauerring miteinbezogen wor- den ist, auf welchen Sachverhalt wir noch später zurückkommen werden. Wie in den meisten unserer Altstädte, so hat sich auch. in Kitzbühel die Stadt- mauer in Gestalt der rückwärtigen Außenmauer angebauten Häuser er- halten, ist aber infolge von Fenster- und Tür-Ausbrüchen allmählich per- foriert worden und hat dadurch ihren abweisenden Verteidigungscharakter verloren. Eine Besichtigung der Stadtmauer wird man am besten bei ihrem Süd- West-Turm beginnen. Das zumindest teilweise in der Tech- n)iik des „Opus spicaturn" aufgeführte Mauerwerk dieses Eckturmes läßt ver- muten, daß dieser Turm bereits im 12. Jahrhundert entstanden sei, also älter ist als die Stadt. Tatsächlich verläuft auch zwischen diesem Turm und der gegen Norden fortlaufnden Stadtmauer eine Mauer- fuge, die erkennen läßt, daß dieser Turm älter ist als die Stadtmauer, bzw. daß er erst beim Bau dieser Ringmauer in diese miteinbezogen wurde. In die- sem hochmittelalterlichen Wehr- und Wohnturm könnte man daher den ur- sprünglichen Sitz des bayrischen Land- richters im Leukental annehmen, des- sen 'Gerichtssprengel iseit der Gründung der Stadt Kitzbühel nach dieser Stadt als dem Gerichtssitz benannt wurde. Die Funktion dieses Turmes als Woh- nung und Amtssitz des Landrichters ging damals allerdings auf die sicher- lich im Zuge der Stadtgründung er- baute landesfürst]Jich:e Stadtburg, den Pfieghof, über. Den weiteren Verlauf bzw. die West- flanke der Stadtmauer betrachten wir anhand einer sehr genauen Plan-An- sicht, welche Andreas FaistTenberger, ein Vertreter dieser bekannten Kitzbüheler Künstlerfamilie, um 1620 angefertigt hat, wobei ein Vergleich mit dem ge- genwärtigen Zustand vor Augen führt, daß hier der Altbestand noch weitge- hend, z. T. sogar unverändert erhalten ist. Man beachte z. B. den Eckerker am Nord-West-Turm der Stadtmauer. Die bedeutendste Veränderung im Bereich der Weistflankie bracht um 1836 der Durchbruch eines neuen Stadttores zur Verbesserung der Einfahrt der Brixentaler Straße in die Stadt mit sich. Zum Unterschied von diesem „Neu- tor" beim Rathaus war das um 1836 abgerissene Untere- oder Spitaistor am Nordende der Altstadt eines der zwei alten Stadttore von Kitzbühel. Wie eine Lithographie von 1846 zeigt, erhob sich über diesem Tor ein kleiner Turm, weshalb man diesen Torturm auch als „Stadtturm" bezichnet hat. Da auf dieser Abbildung die zum Ab- rinnen des Regenwassers quer in die Straße gelegten Holzrinnen durch die perspektivische Verkürzung ähnlich wie eine Treppe aussehen, wurde in einer jüngst lerschienenen Publikation die Be- hauptung aufgestellt, daß sich hier we- gen des starken Gefälles nur eine stei- le Stiege für Fußgänger und keine Straßeneinfahrt befunden habe. Diese Behauptung ist jedoch völlig unreali- stisch und entspricht wedr der Größe des einstigen Tores, noch den dortigen Geländeverhältnissen. Ein Blick auf das mäßige Gefälle des Fußweges, der westlich von dem um 1836 erbauten heutigen Straßenviadukt verläuft und denselben Neigungswinkel aufweist, wie die alte Straßenauffahrt, läßt dies deutlich erkennen. Die imposanteste Partie der Stadt- mauer war ihre Ostflanke, ,die sich über dem dortigen Steilabf all des Stadthügels erhob. Die älteste Ansicht der Stadt im Schwazer Bergwerksbuch von 1556 (Bild) zeigt daher gerade diese Seile der Stadt, wobei die zinnenbekrönte Stadtmauer stark hervortritt. Der auf diesem Bilde zu sehr in die Stadtmitte gerückte Stiegenaufgang von der alten Gewerbezone im Gries hinauf zur Stadt wird noch heute begangen und mündet durch den sogenannten „Luggei- sch'luf" gegenüber der Katharinenkirche in die Vorderstta,dt ein. Wenn auch in der Zwischenzeit der Steilabfall zwischen der Stadt und dem Gries ziemlich verbaut worden ist, so kann man doch auch hier den ehemali- gen Verlauf der Stadtmauer an der Gie- bellinie der dortigen Vorderstadthäuser sehr gut verfolgen. Während bedauerlicherweise vor kurzem der Nord-Ost-Eckturm der Stadtmauer abgetragen worden ist, reckt der Süd- Ost-Eckturm seine Turmspitze noch un- versehrt empor. Er ist übrigens zugleich der Turm der landesfürstlichen Stadt. burg, des vorerwähnten Pfleghofes. Wenn wir uns nun daran erinnern, daß die Stadtansicht von 1556 (Bild) noch deutlich die zinneribekrönte Stadtmauer zeigte, während Faistenbergers Plan-An- sicht von ca. 1620 an derselben Stelle nur noch die Rückseite bzw. die Giebel- linie der dortigen Vorderstadt-Häuser zeigt, so geht daraus klar hervor, daß die völlige Integrierung der Kitzbüheler Stadtmauer in die betreffenden Haus- rückwände vor allem in diesem Zeit- raum zwischen 1556 und 1620 vollzogen worden ist. Die mit dieser Integrierung verbunden gewesene Durchlöcherung der Mauer durch Fenster und Türen wird auch der Grund dafür gewesen sein, daß der Tiroler Historiker und Topo- graph Mathias Burgklehner eben um 1620 berichtet: Kitzbühel ist nur „mit ainer schlechten Ringkhmauer bewahrt." Am Ende unseres Rundganges um die Stadtmauer muß noch auf das Obere- oder Jochberger Tor an der Südflanke der Stadt hingewiesen werden, welches als Bauteil des Pfieghofes von den. De- molierungen des 19. Jahrhunderts ge- schützt war und daher überlebt hat. Haben Wir somit den tatsächlichen
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