Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 26. November 1977 Kitzbüheler Anzeiger Seite 15 anderen mehr, das man regelmäßig im heimischen Fernsehen vorgesetzt be- kommt. Weil es allzuviele solche Stücke gibt, daß andere kaum mehr zu finden sind, wartet man ein wenig bang auf das Stück und hofft, daß es Unter- haltung und ein paar unbeschwerte Minuten bringt, die nicht auf Ko- sten einzelner Bevölkerungsschichten gehen, die vertrottelt dargestellt wird. Kaum faßbar ist es dem Zuschauer, daß angesichts der österreichweiten Vorbil- der eine Volksbühne noch auf eindeutige Zweideutigkeiten verzichten kann. Und dann hebt sich der Vorhang zum Spiel der „Heimatbühne" und bald ist man mitten drinnen. Von Anfang an ist die- ses Stück und das Spiel anders als das, was man vor ciem Patschenkino mei- stens zu sehen bekommt. Sepp Faltermaier hat ein Stück ge- schrieben, das ein ländliches Lustspiel mit einer erkennbaren Aussage gewor- den ist, die leicht verpackt und unauf- fällig geboten wird. Er gibt ein Rezept, wie man einen „Hausdrachen" bekeh- ren kann. Das Stück hat gerade die richtige Länge und die notwendige An- zahl von Verwechslungen, die es noch unbedingt glaubhaft erscheinen lassen. Ein bißchen ungewohnt kommt der Schluß, der den Spielern noch einmal alles abverlangt. Allerdings kann man die erfolglosen und erfolgreichen Be- kehrungsversuche nicht wiedergeben, weil sonst der Reiz für die Besucher verlorenginge. Gewiß ist, daß jeder, der gern von Herzen lachen will, bei die- sem Stück auf seine Rechnung kommt. tet haben, zu tibersteigen. Die Sektion ist aber auch einer anderen, großen Aufgabe nachgekommen: der Auf ga- be, den Menschen zu zeigen, daß Got- tes schöne Welt nicht die Welt zwi- schen Schlafstätte und Arbeitsplatz, zwischen Vergnügu lokal und Kino, zwischen Fünfuhrtee und Beatkeller ist, sondern eine viel größere und schönere, die jeden, ganz gleich was er sonst tut und wie er sonst denkt, zur Freude ruft und zur Besinnung. Der Mensch, der durch diese Schule der Berge geht, wird ein anderer. Und gerade der junge Mensch, der bei sei- nem ersten Auslauf in das Leben ger- ne dem Näheren, dem Billigeren und damit leider Gottes auch oft dem Schlechten in allen Formen des Da- seins nachläuft, braucht diese Schule der Berge und findet auch den Weg zu uns. Der große deutsche Dichter Hermann Hesse hat einmal gesagt, als er auf die Berge zu sprechen kam: „Die Berge reden dort droben eine Sprache so laut und so ungebrochen, wie sie nie über eines Menschen Lip- pen kam. Wer sie in seiner Jugend vernommen hat, dem tönt sie zeit sei- nes Lebens nach." Wir müssen den jungen Leuten aber auch sagen, daß sie nicht auf das leere Geschwätz von Soziologen und Polito- Die Besetzungsliste bietet einige er- freuliche Ausblicke. Da spielen nicht nur die bewährten Stammspieler (Pau- la Savoy den zu bekehrenden „Haus- drachen", Franz Lamplmayr den unter ihrer Fuchtel stehenden Ehemann, Ste- fan Ritter einen in die Bresche sprin- genden Spezl des geplagten Mannes und Franz Berger seinen ra'tschenkenden Freund), sondern mit Grete und Lud- wig Wagstätter sichere jüngere Talente und mit Burgi Brandstätt:er und Her- mann Krimbacher zwei bereits sicher agierende Nachwuchsspieler. Die Ver- teilung der Rollen glückte wieder ein- mal so, daß eine Ensembleleistung zu- standekommen konnte, ohne die „Jun- gen" zu Statisten zu machen. Das ist ein Geheimnis des Erfolgs der Heimat- bühne. Burgi Brandstätter und Her- mann Kninbacher spielten sehr natür- lich die selbstbewußte Tochter und den gegen die Gefahr gefeiten Sohn unglei- cher Paare. Grete Wagstätter mimte eine gallige Frau Kresze'nz und Ludwig Wag- stätter erzeugte Lachsalven durch seine bestens gespielte Unterwürfigkeit, Ste- fan Ritter spielte den pfiffigen Freund des „Unglücklichen", machte sich aber rechtzeitig aus dem Staub, als die von Wasti (Franz Berger) und Bartl (Franz Lampimayr) heraufbeschworene Lage brenzlich wurde. Ein Meisterstück wa- ren die gemeinsamen Szenen dieses Trios, dessen „Schliche" freilich von Resi (Paula Savoy) geschickt durch- schaut wurden. Es wurde tüchtig aus- gekehrt und neue Verwirrung geschaf- fen. Bestens gelang Paula Savoy die logen hören, deren Hauptaufgabe es zu sein scheint, auf jeden Fall gegen Ordnung und echte Autorität loszuzie- hen, die eine Jugend, die nicht rebel- liert, die nicht zerschlägt und sich normal benimmt, als rückständig be- zeichnen. Die Bergsteigerjugend selbst siedelt sich ja fast immer in der Nähe echter Vorbilder an. Hervorragend integre Persönlichkeiten wirken in einer Ge- meinschaft wie ein Magnet: auch har- te Burschen, wie man so oft sagt, sind immer, vielleicht auch oft unbewußt, auf der Suche nach solchen Vorbil- dern, von denen sie bisher gelernt ha- ben und weiter lernen wollen. Und wenn es nicht immer zu sehr engen persönlichen Kontakten kommt, fas- ziniert dieses Wissen um die Nähe großer Vorbilder trotzdem und be- fruchtet sicher Zielvorstellungen und Begeisterung. Wir freuen uns, daß ge- rade in der OeAV-Jugend heute noch jener Idealismus herrscht, der so sel- ten geworden ist. In vielen Lebens- bereichen kommt man nicht um die Feststellung herum, daß wir in einem Zeitalter leben, in dem man den Men- schen viel lieber nach seinem Bank- konto beurteilt als nach seinen cha- rakterlichen Qualitäten und mensch- lichen Fähigkeiten. Umstellung. Zum Pauschallob für die Spieler kommt ein herzlicher Dank für den Spielleiter Stefan Ritter. Auswahl und straffe Führung verraten den Kön- ner und Praktiker. Ein Rezept, wie man einen „Haus- drach" bekehrt oder dieses seltsame Haustier von vornherein verhindert, zeigt Faltermaiers „Der bekehrte Haus- drach". Auch für jene, die glauben, ohne Sorgen in dieser Hinsicht zu sein, bie- tet das Stück einige Hinweise und vor allem viel Gelegenheit zum Lachen. Diese sollte man nicht versäumen. Weitere Vorstellungen sind am Sams- tag, 26. und Sonntag, 27. November so- wie am Samstag, 3. und Sonntag, 4. De- zember jeweils um 20.30 Uhr im Kol- pingsaal. Karten im Vorverkauf im Büro des FVV (neben Kino); Abend- kasse ab 19.30 Uhr. Hans Wirtenberger Hugo Bonatti las in Villach Im Villacher Kellertheater War kürz- lich der Kitzbüheler Autor Hugo Bo- natti zu Gast. Im Rahmen der „reihe" im Kellertheater der Studiobühne Vii- lach las er aus älteren und neuen Wer- ken. In Villach wurde heuer bereits Bonattjs „Antichrist" aufgeführt. Über die Lesung schrieben Kärntner Zeitungen interessante Kritiken. Die Kärntner Tageszeitung stellt Bonati als Vertreter der neuen Literatengen.eration Tirols vor. Kennzeichnend liii sein Werk sei die Tatsache, daß er thematisch nichts Bodenständiges verarbeitet, sondern sei- Wir leben in einer Zeit, in der man nur mehr dann etwas tut und zu tun bereit ist, wenn man weiß, daß klin- gende Münze als Lohn winkt. Wenn nun in einer solchen Zeit, in der auf weite Strecken hin krasser Egoismus und unbarmherziger Materialismus die Szene beherrschen, der Idealismus hochgehalten wird, wenn sich bei uns so viele junge Leute finden, die bereit sind, in einer Gemeinschaft mitzuar- beiten und für diese Gemeinschaft et- was zu tun, so muß man darüber sehr froh sein. Es ist doch großartig, wenn sich heutzutage viele junge Leute f in- den, die freiwillig eine Leistung auf sich nehmen. Wie überall in unseren AV-Sektionen gibt es auch in der Sek- tion Kitzbühel eine Jugend, die härter, ich sage nicht ärmer, zu leben ver- steht. Das ist wichtig, wenn man be- denkt, daß wir heute in einer Zeit le- ben, in der es schon unter der Jugend viele Playboys gibt und in der das „dolce vita" eine so große Rolle spielt. Wie oft wird nicht doch dieses Nichts- tun, um nicht zu sagen, dieses Tachi- nieren. als neuer Lebenszweck geprie- sen! Aber was sind schon diese Play- boys? Für mich sind sie eine Mischung von überbetonter Sexualität, ererbtem Reichtum und Idiotie. Die Mentalität, die da glaubt, ekliges Aeußeres, Un-
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