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Samstag, 24. Dezember 1977 Kitzbüheler Anzeiger Seite 9 Bericht über die nationale und internationale Marktlage im Tourismus Von FVV-Direktor Dr. Josef Ziepi, anläßlich der ordentlichen Jahresvoll- versammlung des Fremdenverkehrsverbandes Kitzbühel, am 18. Nov. 1977 (Foaltsetzuing aus Nr. 51) Schweiz: Der Schweizer Gast ist ein objektiv-kritischer Gast, der die Maß- stäbe gerne an der Leistung seines ei- genen Landes anlegt. Nachdem sich die Schweiz und Oesterreich 'im Frem- denverkehrsangebot stark ähneln und der Schweizer erwiesenermaßen ein treuer Heimgast ist, können auf die- sem Markt weniger im Massentouris- mus, sondern mehr im Individualtou- rismus Erfolge erarbeitet werden. - Ich sage bewußt erarbeitet, denn der Schweizer ist nicht leicht zu gewin- nen, aber wenn zufriedengestellt wird, dann ist er ein sehr treuer Gast. Ein gutes Angebot im Städtetourismus hat auf dem Schweizer Markt reale Er- folgschancen. Italien, Frankreich, Spanien: In al- len drei romanischen Großländern re- giert der Individualismus. Es sind rie- sige Märkte und trotzdem ist es sehr schwierig, an das Urlauberpublikum heranzukommen, denn in allen drei Staaten spielt der Sozial- bzw. Massen- tourismus noch eine relativ unterge- ordnete Rolle. Im Verhältnis zu den übrigen westeuropäischen Staaten ist der Anteil des Reisebürogeschäftes am Gesamttourismus in diesen drei Län- dern der kleinste. Die italienischen Urlauber, die ins Ausland fahren, sind im Durchschnitt außerordentlich gute Gäste. Die Franzosen haben seit eini- gen Jahren in vermehrtem Maß wieder 'das Ausland entdeckt. Sie wollen den Kontrast. - Diesen scheinen sie in Oesterreich gefunden zu haben, denn das Interesse an unserem Land wächst, zwar nicht sensationell aber stetig. Auch das Preisgefälle zwischen beiden Ländern tut das seine dazu. Der Fran- zose ist kein Knauser, aber ein guter Rechner. Die Franzosen könnten in absehbarer Zeit in der Statistik Kitz- bühels einen Stammplatz unter den ersten zehn Nationen einnehmen. Das ist sicherlich auch für andere Ferien- orte und Großräume symptomatisch. Spaniens Blick ist nach Westeuropa gerichtet. Die auf die Reise gehenden Bewohner der südlichen Halbinsel wollen aber vorerst einmal das Eu- ropa von heute und ihre Zentren ken- nenlernen. Der Städtetourismus liegt eindeutig vor 'dem Erholungs- und Sporttourismus. Letztererwird noch ei- nige Jahre auf sich warten lassen, aber der Winter hat Chancen, zumal Spanien und Madrid die Drehscheibe für den lateinamerikanischen Ver- kehr sind. Wer sich in diesem Markt einen Namen machen kann, besitzt gleichzeitig auch ein Sprungbrett nach Mittel- und Südamerika. Diese Vor- stellung scheint ein wenig weit herge- holt zu sein, aber sie schrumpft rasch auf eine vernünftige Distanz zusam- men, wenn man weiß, daß Menschen heute von London nach New York in dreieinhalb Stunden hinübergeflogen werden und aufgrund des Zeitunter- schiedes in New York früher ankom- men, als 'sie in London abgereist sind. In Mittel- und in Südamerika wird viel Geld verdient. Viele dieser Länder ha- ben sich mit ihren Touristikgebieten profiliert und saugen uns ein beacht- liches Klientel aus Europa ab. Warum sollten wir daher nicht umgekehrt in diesen Markt eindringen und uns ei- nen Anteil rechtzeitig sichern. Voraussetzung für den Erfolg aller- dings ist vorerst ein ziemlich gehobe- nes Angebot und die Kenntnis der Sprache. Das trifft auch auf den ita- lienischen und auf den französischen Gast zu. Der Urlauber aus diesen Ländern muß sich in seiner Mutter- sprache einwandfrei verständigen können, sonst wird man ihn nicht zu halten vermögen. USA: Die Vereinigten Staaten von Amerika gehören in Kitzbühel zu den traditionellen und starken Gäste- nationen. Aber selbst der größte aller Industriegiganten auf der Welt hatte 'in den vergangenen Jahren wirt- schaftliche Probleme. Sie drückten sich in Frequenzverlusten deutlich aus. Wenn auch im Lande der unbe- grenzten Möglichkeiten noch kein Grund zu einer konjunkturellen Eu- phorie gegeben ist, so scheint sich die Wirtschaft in den USA doch bereits stabalisiert zu haben. Es können auf- grund objektiver Prognosen wieder mehr Amerikaner im Winter erwartet werden. Aber die vielen im letzten Jahrzehnt aus dem Boden gestampf- ten Skiorte in den Rocky Mountains verzögern die Steigerungsraten in Eu- ropa und in unseren Breiten. Sie sind sogar dabei, uns eine zahlenmäßig nicht sehr große, aber finanziell kräf- tige Schichte VO:fl europäischen Ski- fahrern in die Rockies abzuwerben. Neues, Unberührtes, Unbekanntes lockt. Da müssen wir mit der öster- reichischen Atmosphäre, mit der Ge- mütlichkeit und mit den großen Ski- paßangeboten zum Gegenangriff über- gehen. Daß auch im Sommer ein Ame- rikageschäft, wohl schwerer, aber doch zu machen ist, zeigen jüngste Er- gebnisse. r- gebnisse. Canada: Dieses Land hat eine un- ruhige politische Phase und auch eine wirtschaftlich schwierige Zeit durch- gemacht. Die Lage hat sich eingepen- delt und die Canadier, vor allem der Ostküste, beginnen ihre Urlaubspläne wieder auf Europa abzustimmen. Man darf auch in diesem Marktbereich mit einer Konsolidierung und leichten Auf wärtsbeweg:ung rechnen. Südafrika: Ein Markt, der im letz- ten Jahrzehnt erfreuliche Ansätze zeigte. Sie sind derzeit eher rückläu- fig. Japan: Die Japaner sind das reise- lustigste Volk des Fernen Ostens. Sie geben viel Geld aus, aber sie sind noch großteils auf Entdeckungsreise. Für einen längeren Aufenthalt zu Sport und Erholung haben sie noch nicht ge- nug Zeit. Anzeichen dafür sind vor- handen. Der Markt ist interessant, aber noch sehr weit entfernt. Akzente zu setzen, so wie es Kitzbühel mit sei- nen ins Japanische synchronisierten Winterwerbefilmen tut, müssen als vertretbare Investition für spätere Zeiten und als Langzeitmaßnahme ge- sehen werden. Nur durch mittel- bis langfristige Konzepte mit Schwerpunkten kann die Fülle der Aufgaben ordnend ge- reiht werden. Nebst den Märkten mit Prioritätscharakter muß Kitzbühel auch all die anderen Länder und Na- tionen im Auge behalten, sich präsen- tieren und profilieren. Ob es gelingt, hängt nicht allein von Kitzbühel ab, sondern in mehr oder minder starkem Maß vom wirtschaftlichen Geschehen in diesen Ländern, weil der Touris- mus ein Teildes wirtschaftlichen Ge- schehens ist, gleichgültig ob ein Land eine Dienstleistung anbietet oder ob es eine Dienstleistung kauft. Um das Packaue Urlaub mit Erfolg absetzen zu können, bedarf es aller Anstren- gungen nach innen und der Unter- stützung von außen. Diese Hilfestel- lung auf den Märkten bietet die öster- reichische Fremdenverkehrswerbung mit ihren Außenstellen in einer bisher unschlagbaren Form. Die OeFVW hat gerade in den letzten Jahren bewie- sen, daß sie nicht nur die Märkte gut beobachtet, sondern sich auf die Ge- gebenheiten und Erfordernisse der- selben einzustellen weiß. Die Oesterrei- chische Fremdenverkehrswerbung ist ein schlagkräftiges Instrument, das für jeden wirksam wird, der in ihr eine kooperative Partnerschaft sieht und bereit ist, auch selbst einen Teil zu leisten. Dasselbe gilt aus der Sicht des Landes Tirol für das Landesfrem- denverkehrsamt resp. für die Landes- frerndenverkehrswerbung. Auch sie steht einem zur Seite, wo und wann immer man sie auch darum ersucht. Auch bei der Landeswerbung gilt der Grundsatz der Bereitschaft zur Zu- sammenarbeit und der Wille zur eige- nen Leistung, die man mitbringen muß. Kein großer Ort wie Kitzbühel kann ohne die Unterstützung durch die Rei- sebüros auskommen. Sie gehören zu
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