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Seite 20 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 6. Mai 1978 Vor wenigen Wochen haben in den Pflicht- schulen die Schülereinschreibungen für das Schuljahr 1978/79 stattgefunden. Dem Ge- setz nach sind alle Kinder, die bis zum 31. August 1978 das 6. Lebensjahr vollenden, schulpflichtig, d. h. verpflichtet, die Schule zu besuchen, wenn sie schulreif sind. Schul- reife und Lebensalter sind jedoch zwei Größen, die nicht unbedingt und in jedem Fall zur gleichen Zeit erreicht werden. Aus dieser Tatsache heraus ergibt sich das Pro - blem, in jedem einzelnen Fall festzustellen, ob das Kind, das bis zum Stichtag das für ei- nen Schuleintritt erforderliche Lebensalter erreicht hat, auch jenen Grad der Schulreife besitzt, der allein einen optimalen Schul- start gewährleistet. Viele umfassende und wissenschaftlich gut abgesicherte Untersu- chungen der letzten Jahre haben deutlich und recht eindringlich bewiesen, wie wich- tig es ist,jenen Zeitabschnitt in der Entwick- lungsgeschichte eines Kindes zu erkennen, in dem die Kriterien der Schulreife erreicht werden. Eine Einschulung, die zu früh erfolgt, stellt eine arge Belastung für die weitere Entwicklung des Kindes dar, kann zu gra- vierenden Folgeerscheinungen führen. Mo- tivationsverlust, Aggressivität, Angst, Schlafstörungen, Bettnässen sind nur einige der Erscheinungen, die ihre Ursachen in ei- nem verfrühten Schuleintritt haben können. Aber auch eine zu späte Einschulung kann zu ähnlichen Problemen für das Kind, und daraus resultierenden Lern- und Verhaltens- schwierigkeiten führen. Eine Korrektur der Entscheidung über den Schuleintritt aber, die erst nach Auftreten der ersten Schul- schwierigkeiten des Kindes vorgenommen wird, stellt meist eine zusätzliche psychi- sche Belastung für das Kind und ein emotio- nelles Problem für die Eltern dar. Deshalb gilt auch hier: Vorbeugen ist besser als hei- len. Vom Gesetz her ist die Möglichkeit hie- zu gegeben. Kinder, die bereits vor dem Stichtag die erforderliche Schulreife besit- zen, können als »vorschulpflichtig< in die Schule aufgenommen werden. Andererseits wieder können Kinder, welche die Kriterien der Schulreife nach Vollendung des 6. Le- bensjahres noch nicht in ausreichendem Maß zeigen, für ein Jahr - das übrigens in die Schulpflicht eingerechnet wird - vom Schulbesuch zurückgestellt werden. Eine Rückstellung ohne gezielte Förde- rung des Kindes stellt jedoch in sehr vielen Fällen eine wenig effiziente Maßnahme dar. Die Auffassung, daß sich mit zunehmender körperlicher Entwicklung auch die geistige, emotionale und soziale Reife so quasi von selbst einstellt, wird heute kaum mehr ver- treten. Genausowenig gilt aber, daß ein Nachhinken anderer Reifekriterien gegen- über egen- über der körperlichen Reife bereits ein Indi- kator für mangelnde Begabung oder Intelli- genz ist. Die sogenannte Schulreife ist weder ein rein biologisches noch ein rein psychologi- sches oder kognitives Reifeprodukt. Sie ist nicht an eine eng eingegrenzte Lebensalters- schwelle gebunden und ist keinesfalls das, was eintritt, wenn man Kinder in die Schule schickt. Unter Schulreife versteheii wir - ganz grob ausgedrückt - jenen Zustand in der geistigen, emotionalen, sozialen und körperlichen Entwicklung des Kindes, der es ihm ermöglicht, am Unterricht in der Klas- sengemeinschaft ohne Über- oder Unterfor- derung teilzunehmen. Das heißt, das Kind sollte nach objektiven Gesichtspunkten fä- hig sein, sich in eine größere Gruppe ein- zuordnen und dort zu lernen; es muß aber auch bereit dazu sein. Es muß sowohl kön- nen als auch wollen. Dieses Können und Wollen äußert sich in verschiedenen Berei- chen und kann von den Eltern meist recht gut beobachtet und festgestellt werden. Zum Beispiel sollte der Schulanfänger eine gewisse körperliche Gewandtheit und Ge- schicklichkeit zeigen. Zu einfachen Verrich- tungen soll er nicht mehr die Mutter brau- chen, er soll sich allein aus- und anziehen können und bereit sein, sich über einegewis- se Zeit hinweg mit einer Aufgabe zielstrebig auseinanderzusetzen. Dabei soll er in der Lage sein, kleine Probleme zu lösen und nicht gleich verzagen, wenn »etwas nicht geht«. Voraussetzung für einen problem- armen Schulbeginn sind sicherlich auch be- stimmte »gute Gewohnheiten« wie grüßen, bitten und danken, Ordnung halten, das Achten von persönlichem Eigentum und Respektieren von fremdem Eigentum, fer- ner: teilen mit anderen Kindern, herleihen, Entlehntes zurückgeben. Der Schulanfän- ger sollte zu gemeinsamem Tun motiviert sein. Als Faktoren der geistigen Schulreife gelten: Spontanes Interesse für Buchstaben und Zif- fern (z. B.: Mutti, was heißt das?), optische Differenzierung (Teile aus einem Ganzen wahrnehmen und erkennen), akustische Differenzierung (verschiedene Laute und Stimmen, Höhen und Tiefen unterscheiden können), Form- und Raumauffassung (ver- schiedene Formen erkennen und wieder- erkennen, Bedeutung von oben, unten, vor- ne, hinten, verstehen) u.a.m. Die einsetzen- de Schulfähigkeit zeichnet sich meist auch durch besondere Verhaltensweisen des Kin- des aus. Bisher geliebte Spiele interessieren nicht mehr, das Kind ist auf dauernder Su- che nach etwas (wonach, kann es nicht sa- gen), es weiß nichts mehr mit sich anzufan- gen (es wird »wepsig«). Solche und noch andere Merkmale zeigen dem aufmerksamen Beobachter eines Kin- des an, daß es dabei ist, einen Lebensab- schnitt zu verlassen und in die »Entwick- lungsstufe« des Schulkindes überzuwech- seln. Die Eltern und die für das Kind nun neu hinzukommenden Bezugspersonen, die Lehrer, müssen nunmehr gemeinsam und in harmonischer Kooperation versuchen, das Kind behutsam in diesen neuen Abschnitt des Lebens ein- und überzuführen. Der Ein- tritt in die Schule stellt für jedes Kind eine gewisse Umstellung und meist wohl auch ei- ne psychische und physische Belastung dar. Umso wichtiger und entscheidender ist es, den optimalen Zeitpunkt für einen Schul- start zu finden und diesen dann im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeit auch richtig zu wählen. Ein falscher Ehrgeiz ist dabei ge- nauso wenig am Platz wie der ev. Wunsch so mancher Mutter, das Kind noch ein weiteres Jahr allein und vollständig betreuen zu dür- fen. Beide Einstellungen würden eine nor- male Weiterentwicklung des Kindes behin- dern. Die Folgen eines falsch angesetzten Schulstarts bleiben nicht aus. Sie können sich auf die ganze Schullaufbahn des Kindes auswirken und so den Lebensweg eines Menschen beeinflusseii Deshalb halte ich eine rechtzeitige Information für wichtig und notwendig und eine gute Zusammen— arbeit aller mitdieser Problematik Befaßten für unerläßlich. Jägertag in St. Johann in in Tirol Die diesjährige Trophäenschau und der Bezirksjägertag über das Jagdjahr 1977/78 fand am22. April 1978in St. JohannimHotel Bären statt. Nach frohem Hörnerklang durch die Jagdhornbläsergruppe Brixental eröffnete Bezirksjägermeister Ing. Fred Greiderer die Tagung und entbot seine Grüße an die erschienenen 250 Jäger. Ein besonderer Gruß erging an die Herren Bez.-Hptm. Rat Dr. Hans Heinz Höfle, Dr. Hermann Spinner als Vertreter des Landesjägermei- sters, Hofrat Dr. Hans Trentinaglia, Bgm. Mariacher, Ok.-Rat Manzl sowie an die Ver- treter des Forstes und der Jagd. Einleitend wurde an die verstorbenen Weidkameraden des letzten Jahres gedacht. Bericht des Bezirksjägermeisters: Derzeit wird die Jagd in unserem Bezirk auf 99 Eigen- und auf 31 Genossenschafts- jagden mit einer Fläche von ca. 116.000 ha ausgeübt. Im letzten Jagdjahr wurden 253 Hirsche und 475 Tiere und Kälber, also insgesamt 728 Stück Rotwild erlegt. Dies ist gegenüber dem vorgeschriebenen Abschuß eine Erfüllung von 72 Prozent. Rehböcke wurden 887, Rehgeißen und Kitze 1080 erlegt, Abschußerfüllung inkl. Fallwild 89%. Gamsböcke wurden 209, Gamsgeißen und Kitze 281 erlegt, Abschußerfüllung 72 % Birkhahnen wurden 108 und Murmeltiere 52 erlegt. Im Bezirk wurden 821 Stück Jagd- karten ausgegeben. Die Jagdprüfung haben 56 Kandidaten bestanden. DR. WALTER BODNER: Schulreife - Schulfähigkeit - Schulbereitschaft
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