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Samstag, 17. Juni 1978 Kitzbüheler Anzeiger Seite 13 Landesarchivdirektor Hofrat Univ.-Prof. Dr. Fridolin Dörrer gab bei der Gemeinde- feier am 4. Juni 1978 beim Musikpavillon in St. Jakob in Haus die Erklärung zum Wappen ab und hielt darüber hinaus einen Vortrag über die Entstehung des Ortes seit seiner Erwähnung. Dieser Vortrag fand bei allen Ge- meindebürgern besondere Beachtung, wes- halb wir sie nachstehend vollinhaltlich veröf- fentlichen. St. Jakob in Haus: „Von Leogang rechter Hand fanden sie,, - so steht es zu lesen -„im Jahre 944 ein Tal, wo ein Streichweg durch sel- bes ging. Das Tal war wild und unbewohnt. Diesem Weg gingen sie nach. . . und fanden in einer Au eine Hütte oder Haus, in welchem etwas Gerät war, aber kein Mensch war da. Man weiß also nicht, ist es eine Räuberhütte oder für die auf diesem Weg Passierenden zu einer Unterkunft. Nebenbei war ein von Stei- nen gemachter Capellum. Am 12. April im Jahre 945 also zogen wir von Leogang aus in dieses Tal und da kamen wir am Fuß des Berges in eine Wiese nebst ei- nem schönen Schattenwald, da blieb Abra- ham mit seinerFamilie stehen, baute eine Hüt- te für sich und nannte den Ort Wald .... Ja- kob ging vorwärts an das auf dem Weg gefun dene Haus und wohnte daselbst und nannte den Ort Haus ... Im Jahre 966 wurden vier Häuser erbaut, eines im Ort Wald. . . und ei- nes in unserem Ort Haus, also nannte man es zu Haus. Im Jahr 972 wurden wieder zwei Häuser gebaut. . ." und so fährt der Chronist fort. Er nennt uns nicht nur den Gründungstag der Ortschaft Haus, angeblich der 12. April 945, sondern auch die Einwohner- und Vieh- zahlen für beinahe jedes Jahrzehnt seit der Gründung u. v. a. Interessante mehr. Auch das genaue Al--er der St. Jakobskirche weiß uns diese Chronik zu berichten: im Jahre 1018 sei sie an der Stelle der im Jahre 944 gefundenen Kapelle erbaut und im Folgejahr 1019 von ei- nernChurer Bischofgeweiht worden. Seitdem 18. Dezember 1018 - wieder sogar genau das Tagesdatum! - habe zu St. Jakob ein Priester gewirkt. Leider ist von dieser Chronik, die angeblich im Jahre 1689 aus einem lawinenzerstörten Haus zu St. Jakob gerettet worden ist, k e i n Wort wahr. Es handelt sich um eine Dich- tung, eine Erfndung aus der Barockzeit. Ein Dichtwerk allerdings, das große Wirkung hatte und in starkem Maße die Volksmeinung ge- prägt hat. Seit 1830 bemächtigten sich nämlich Presse und Druckwerke dieser Chronik. Teils wört- lich, teils auszLgsweise wurde sie in den Jahren 1830-1905 nich weniger als zehnmalin Tages- zeitungen und Reiseführern abgedruckt. Be- sondere 'Wirkung erzielte Josef Steiner, der die Chronik in modernes Deutsch übertragen, die Geschichte bis zur Eröffnung der Gisela-Bahn im August 1875 ergänzt und unter dem Titel In Wirklichkeit stammt die früheste gesi- cherte Erwähnung von Pillersee (worunter man die Gegend, nicht den See zu verstehen hat) aus dem Jahre 1151, die älteste urkundli- che Erwähnung von St. Jakob aus dem Jahre 1308. Die Gegend um den Pillersee einschließlich Fieberbrunn und Hochfilzen war zu Ende des 11. Jahrhunderts im Besitz der Pfalzgrafen von Rott am Inn. Einer aus dieser Familie, nähm- lich Pfalzgraf Kuno, gründete zwischen 1081 und 1085 das Benediktinerkloster Rott und stattete es mit reichem Grundbesitz in Ober- bayern und in Tirol aus. Zwar ist die Grün- dungsurkunde des Klosters verschollen und eine angeblich von König Heinrich IV. ausge- stellte Urkunde von 1073 hat sich als Fäl- schung erwiesen; doch aus der päpstlichen Be- stätigung von 1151, der schor erwähnten älte- sten Urkunde, die unsere Gegend nennt, wis- sen wir, daß dazu auch das Pillerseegebiet ge- hört hat. Es blieb Klosterbesitz bis zur Säkula- risierung im Jahre 1803. Von links: Landesrat Dipl.-Ing. Dr. Alois Part!, Landesarchivdirektor Hofrat Univ.- Prof. Dr. Fridolin Dörrer und Bürgermeister JosefSchwaiger(Der Wappen!; rief im Sonnen- schein unleserlich.) St. Jakob wird, wie erwähnt, erstmals 1308 genannt. Damals übergab das Kloster das so Leute in Pillersee zu St. Jakob. St. Jakob erscheint somit damals schor- als Ortsname, nicht nur als Kirchenpatronizium. Die Jakobs- kirche begegnet uns von da an mehrmals in Urkunden: 1357 und 1429 erhielt sie Stiftun- gen, im Jahre 1500 zwei Ablaßbriefe, einen vom Chiemseer Bischof und einen von 8 Kar- dinälen, was ebenso wie noch erhaltene goti- sche Architekturteile auf einen Um- oder Neu- bau um 1500 schließen läßt. 1689 wurde nach einem abermaligen Neu- bau die jetzige Kirche geweiht. Im Zuge der Vermehrung der Seelsorgestellen unter Kaiser Josef 11. wurde zu St. Jakob 1786 eine Lokalka- planei, auch „Vikariat" genannt, errichtet, die- ses 1891 zur förmlichen Pfarre erhoben. 1786 zählte die neugegründete Kirchengemeinde 62 Häuser mit 475 Einwohnern. Die amtliche Bezeichnung der Seelsorgestation lautete da- mals „St. Jakob zu Haus". Das ist bemerkens- wert, denn in weltlicher Hinsicht wurde die Steuergemeinde damals noch als „Wälder Werchat" bezeichnet. Das Gerichtsviertel Pil- lersee war nämlich in 6 sogenannte Werchate geteilt, von denen die Werchat, welche der heutigen Gemeinde St. Jakob entspricht, nach Wald benannt war. Auch der Name des Dorfes Haus läßt sich weit zurückverfolgen, bis ins frühe 15. Jahr- hundert. Im Kitzbüheler Salbuch von 1416 werden drei Hausbesitzer „ze Haws" nament- lich genannt, im Landsteuerbuch von 1464 vier Steuerpflichtige „zu Haws". Während sich in der Burglechnerkarte von 1611 als Ortsbe- zeichnung „S. Jacob" findet, hat Peter Anich in seiner 1774 gedruckten Karte „Zuhaus" (als ein Wort!) als Ortsname eingetragen. Die 1779 äbgefaßten Steuerfassionen zum Theresiani- schen Kataster nennen die Steuergemeinde selbstverständlich „Wälder Werchat" ' aber unter Katasternummer 1808 wird die Kirche ausgewiesen als „Filial-Gottshauß zu Haus ge- nannt. S. Jacobi majonis". Seit der Gemeinde- regulierung von 1817 galt St. Jakob als Ge- meindename, wobei aber die nähere Bestim- mung noch lange uneinheitlich war. Das Post- lexikon von 1883 schreibt noch „St. Jakob im Pillersee siehe St. Jakob in Haus". Wir haben uns der Frage nach dem Namen unserer Gemeinde etwas länger gewidmet, denn der Doppelname liegt dem neuen Ge- meindewappen zugrunde. Es handelt sich nämlich um ein sogenanntes „sprechendes Wappen". Darunter versteht man eines, das durch sein Wappenzeichen den Namen des Wappeninhabers verrät. Solche sprechenden Wappen waren bereits im Mittelalter als Städ- tewappen beliebt. Sie alle kennen das Kitzbü- Von der Wappenverleihung in St. Jakob i. H. Zur „falschen" und zur „wahren" Chronik von „Kurzgefaßter Führer durch das Pillerseetal" St. Jakob in Haus in zwei Auflagen herausgebracht hat.
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