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Das Gnadenbild als Al,'ar15ild im ne'en Glanz Samstag, 21. Oktober 1978 Ki:zbüheler Anzeiger - - Seite 15 Zur Restaurierung der Liebfrauenkirche Kitzbühel Die in Kitzbühel nahe der Pfarrkirche stehende Frauenkirche, deren mächtiger Turm das Stadtbild beherrscht, hat in den letzten beiden Jahren durch die Initiative des Stadtpfarrers Johann Danninger eine gründ- liche und äußerst gelungene Restaurierung erfahren. Wer den oberen Innenraum des interessanten Doppelkirchleins, das sich bescheiden an den mächtigen Turm an- schmiegt, betritt, wird ihn gegen früher kaum mehr wiedererkennen. Zunächst wurde bei Beginn der Arbeiten im Sommer 1977 nach Aufstellung eines Stangengerüstes das Deckenfresko, das die Krönung der seligsten Jungfrau zum Gegen- stande hat, gereinigt. Nach Dr. W. Hoffmanns gründlicher Studie „Simon Benedikt Faisten- berger" (Berlin 1914), und dem wertvollen Beitrag im Stadtbuch Kitzbühel, 4. Band, von dem Kitzbüheler Kunstkritiker Dr. Othmar Krüpl, ist das Bild von besonderer Bedeutung, da es einen gewissen Abschnitt in Faisten- bergers Entwicklung bedeutet. Scheinbar rokokomäßig, in leichtem Deko- rationsstil gehalten, zeigt es doch wieder in der gleichmäßig verteilten Figurenfülle eine massige Schwere, wie auch die Umrahmung trotz aller Lebhaftigkeit in den Kurven noch regelmäßig gehalten ist und keinen Versuch macht, die Symmetrie der Ornamente aufzu- lösen. Das Gemälde stammt aus der besten Schaffenszeit des Meisters. Leider war es stark verschmutzt und unansehnlich geworden. Ein dichtes Netz von Spinnwegen hing darüber und dichte „Wolken" von toten Fliegen ver- deckten die Farben. Allerdings hatte das auch seine Vorteile gehabt, denn der meiste Kien- ruß und stärkste Schmutz der einst mit Fett gespeisten Altarlampe und der vielen Unschlitkerzen, die man hier verbrannt hatte, war dadurch aufgefangen worden. Das Fresko wurde nun gereinigt und bald sah man, daß die Farben kaum gelitten hatten. Aber einige Stel- len waren arg beschädigt; die Farbe hing an diesen Stellen nur mehr in Pulverform droben. Auch das Fresko oberhalb der Orgel- empore, darstellend König David, harfen- spielend, glänzt nunmehr in neuer Schönheit. Das rechte Seitengemälde stellt den hl. Andreas und die hl. Katharina als Stadt- patrone Kitzbühels, mit dem Stadtwappen in edler Zeichnung, dar. Im Hintergrund das mit einem Kapeilchen geschmückte Horn und die Höhenzüge hin bis zum Gebra, und ein Blick auf die Hinterstadt, aufgenommen etwa vom Schattberg. Das hohe Gebäude links ist der ragende Bau des Tiefenbrunners, rechts erkennt man den Pfleghof und darüber noch Schloß Kaps. Duftig und fein steht die Land- schaft jetzt vor uns. Das Seitengemälde auf der Evangelienseite stellt die in einem goldstrahlenden Sonnen- wagen fahrende Muttergottes mit dem Jesu- kinde dar. Darunter die drei göttlichen Tugen- den: Glaube (Frau mit Kelch und Hostie). Liebe (stillende Mutter mit drei Kindern) und Hffnung (Frau mit Anker. Im untersten Drittel die betende, flehen:e Christenheit Der kranke Ma--in im Vordergrand mit aus- drucksvoJem Gesicht. Aus dem Daumen de.- linken er linken Hand, die er auf den Kop:' stützt. kom- men die Perlen des herabhängenden Rosen- kranzes hervor. Rechts vn ihm der Reisesack, das Felleisen der Armen. Rechts vom Manne ein Uickender Mädchenkopf mit rotem Scliniirleib und eine vornehme Bürgerfrau mit dem Kinde, voll Zeben unl Deutlichkeit. Rechts im Hintergrund zwei Männer, einer da- von mit einem Schnurrbart und sogenannten Mosestafeln (also wahrscheinli:h ein Geist- licher. Prachtvoll und lebensfrisch erscheinen nun all diese Figuren, lauter zeitgenössische Portni:studien des alten Meisters. Die Restaurierung der gesamten Bilder wäre aber nur eine halbe Tat gewesen, wenn nicht auch der ganze Raum und dessen Ein- druck erneuert worden wäre. So ergänzte der Re s.aurateur und Stakkateur, der Kitzbilheler Diplomrestaurator, Hermann Mayr, die be- schrdigtenuncJ doch so feinen Stukkornamen- te. Die Tönung derselben, der Hintergründe und Wände erfolgte in zarten, hellen Farben nach Spuren, ci e man, in Zusammenarbeit mit dem Diözesariconservator von Salzburg. Dr. Johannes Teuhardt, und dem Leiter des Deikmalamte für Tirol, Dipl. - Ing. Josef Menardi, für ursprünglich erkannt hat. Speziell gilt dies von dem zarten Rosa, das oben in den Gewölbezwickeln verwendet wurde. Die Winde zeigen nun ein helles Rosa, Rahmen und Hintergründe, wie de Kapitaler, sind jr. Ocker mit teilweise aufgesetztem Golde gefaßt. Gold wurde so viel verweidet, wie es dem Rckokocharakter 2ep.aßtiat und eins tajch vorhanden war. Goldftr die Knöpfe in ien Netzen der Stukkaturen und die Kapitaler. Restauriert wurde auch der Vorraum und das Dberhalb der Innentür, auf der beide Räume trennenden Querwand, befindliche Mariahilf-Fresko. Nicht bloß der Engelskopf, auch der Schleier und das über die Schulter wallende Haar der Madonna kommen neu zur Geltung. Die Quasten unc das Webrn- ster des Baldachins kommen neu zur Geltung. Der Rahmen erhielt mit der. beiden tragenden Pilas:em eine rotbraune Marmorierung, die ausgezeichnet zum Bilde paßt. Das Ganze ist ein farnoses Beispiel, Nvie sich verschiedene S:ilele mente vertragen und aufeinander abstmmen lassen. Die Bänke aus Nußholz wurden mit Beize eingelassen. Als Abschluß der ArbeIten erfolgt nun die Reinigung der Fassung des Altars, bzw. e--'ne Neuissung. Die Reinigung der Statuen, wie die Auffrischung der als Gnadenbild verehrten Kopie des Kranach'schen Mariahilfbildnisses. Selbst iie alten Votivtafen, bisher im ?farrhof verwahrt, finden eine sorgfältige Reinigung und Behandlung. Zule:zt werden die beiden sehmiedeeisernen Gitter neu gefaßt und teil- weise neu vergoldet. Um den Glanz der Figuren, wie die Schön- heit der gereinigten Gemälde ganz zur Geltung zubringen, war es nötig, dievier Glas- fenster zu erneuern. Hell und licht umfängt nun cas Gotteshaus den Beschauer, farben- freudig blicken die Gemälde auf ihn herab. Das frische Blau und das kräftige Rot, die prächtigen Porträtfigurenmitihren Charakter- köpfen und eleganten Hanidhaltung, die bis in dIe Fingerspitzen fiebert, die graziös behandelten Engel: das sind alles ebenso viel Beweise für das Können und die stilistische Leichtigkeit, mit der Simon Benedikt Faisteri- berger seinen Pinsel ftrrne und hier einen Meister der beginnenden Rokokomalerei vor- täLscht, obwohl er im Grunde, auch na± dem Ureil des Historikers EIr. Matthias Mayer, Pfarrer von Going, stets im snhweren Barock wurzeln blieb.
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