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Seite 12 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 10. März 1979 schaft, andererseits stärken sie das Selbst- bewußtsein der Gemeinschaftsmitglieder und fördern das Selbstverständnis. Erhaltung und Entwicklung von Sitte und Brauch vollziehen sich in einem ständigen Auswahlprozeß mit Werden und Vergehen. Die äußere Form des Brauchtums hat ihre Berechtigung. Starrer Formalismus wäre jedoch schädlich, denn Sitte und Brauch sind etwas Lebendiges, Dynamisches; viel wichti- ger wäre das Bewußtsein des tieferen Sinnes des Brauchtums. Es kann zu Sinnentleerung von Bräuchen kommen; Sinnerneuerung ist allerdings mög- lich. Wenn Brauchtum nicht mehr gehalten, sondern vor- und aufgeführt wird, besteht die Gefahr einer Entwicklung hin zum Folkioris- mus, zur Show. Dabei werden Sitte und Brauch vorgetäuscht. Sitte und Brauch haben jedoch nur Lebensberechtigung, solange eine volkstümliche Gemeinschaft sie trägt. Der gegenwartsbezogenen Volkskunde geht es um Erscheinungen, die von einer Gemeinschaft lebendig getragen werden. Der Volkskunde gehtes nichtum die Erhaltung des Alten um jeden Preis, und sie will auch nicht alles Moderne als wertlos abtun. Ihrgeht es um die zeitgemäße Betreuung überlieferter Werte. Nicht museale Haltung, sondern Lebensnähe ist notwendig. Es geht nicht nur um Erhaltung des Überkommenen, sondern auch um Gestaltung der lebendigen Wirklichkeit. Der Blick nach rückwärts darf den Blick nach vorwärts nicht trüben. Das Wertvolle des Überkommenen soll gepflegtwerden, eine \Ueiterentwicklung darf jedoch nicht verbaut w rden, sondern das Neue muß sich ent- wickeln können, man darf sich ihm nicht von vornherein verschließen. Neues und Altes sollen harmonisch miteinander verbunden werden. Vor dem Abschluß der Tagung wohnten die Seminarteilnehmer am 3. Dezember 1978 in der herrlich renovierten Dekanatspfarrkirche einem Hochamt bei, das Dechant Alois Dialer zelebrierte. In der Predigt hob Univ.-Prof. Msgr. Dr. Josef Walleitner (Salzburg) hervor, wie wichtig heute Familien sind, die ihr Leben und die Kindererziehung in christlichem Geist gestalten und christliche Bräuche hochhalten. Die Inntaler Sänger führten bei diesem Gottesdienst, den auch die St. Johanner Turmbläser mitgestalteten, die „Bauern- messe" von Annette Thoma auf. Die Themenkreise dieser Tagung waren gewesen: Sinn und Bedeutung des Brauchtums - zum Teil von einem allgemeinen Standpunkt aus betrachtet, zum Teil unter dem Blickwinkel Siedlungsraum der Baiern, wie dies bei allem Folgenden der Fall war; der Zustand der Volkskultur überhaupt und der Sprache im besonderen; Wohnen und Bauen, aufgezeigt einerseits in Form eines Überblicks über die Entwicklung der Hofformen in Tirol, andererseits an ober- bayerischen Beispielen heutigen Bauens unter Rücksichtnahme auf Überkommenes im Orts- und Landschaftsbild sowie in der Bauweise; die Pflege der Volksmusik, dargetan an Beispielen aus der Vergangenheit und aus der Gegenwart; Arten religiöser Volkskunst; eine historische Betrachtung des Verhältnisses zwischen Bayern und Tirol. Der Gefahr, daß zuviel Theorie gelehrt wird und die Nutzanwendung zu kurz kommt oder daß Eintönigkeit um sich greift, ist man geschickt aus dem Wege gegangen, einmal durch die Art der Referate und die anschließende Diskussion, zum andern durch Veranstaltungen, die auch das Gemüt ange- sprochen haben, und schließlich durch Belassen von genügend Zeit für persönliche Gespräche. Bei den für später geplanten fortsetzenden Seminaren wird man sich wahrscheinlich thematisch gewissen Schwerpunkten zuwen- den. Der dann größeren Gefahr der Einseitig- keit wird man durch passende Themen- und Veranstaltungskombinationen entgehen können. Das beschriebene Seminar dürfte bei den Der Aufsichtsrat der Tiroler Wasserkraft- werke Innsbruck bestellte als Nachfolger des nach 20jähriger Tätigkeit als Vorstandsmit- glied in den Ruhestand getretenen Direktors Baurat h. c. Dipl.-Ing. Dr. techn., Dr. techn. e. h. Harald Lauffer den bisherigen Prokuri- sten und Leiter der Abteilung Wasserkraftaus- bau Dipl.-Ing. Dr. techn. Wolfgang Pircher aus Kitzbühel zum neuen für das Bauwesen zuständigen Vorstandsmitglied. Wir gratulie- ren! Wolfgang Pircher wurde am 10. Oktober 1931 als Sohn des Tischlermeisters Hans. Pircher vulgo Mantinger und der Gattin, Jose- fine geb. Batsch, in Kitzbühel geboren. Die Mutter starb am 28. Oktober 1978 und konnte die Ernennung ihres Sohnes nicht mehr erleben. Nach dem Besuch der Volks- und Haupt- schule in Kitzbühel trat er 1946 ins Bundes- realgymnasium Innsbruck ein und maturierte 1951 mit Auszeichnung. Immatrikulation an der Fakultät für Bauingenieurwesen der Tech- nischen Hochschule Graz und 1957 Graduie- rung zum Diplomingenieur. Von 1958 bis 1960 war Wolfgang Pircher im Ingenieurbüro Dipl.-Ing. Walter Ferstl, Salz- burg-München, als Statiker, Stahlbetonkon- strukteur und Bauleiter (Flughafenerweite- rung Salzburg) tätig und von 1960 bis 1963 als Assistent am Institut für Wasserwirtschaft, Grundbau und konstruktiven Wasserbau der Technischen Hochschule Graz bei Prof. Dr. techn. Dr.-Ing. Hermann Grengg. Tätig- keit: Hydraulische Modellversuche, Vorlesun- gen und Unterstützung des Professors im Lehrbetrieb sowie Mitarbeit im Ingenieur- büro. 1961 legte ermitErfolg die Prüfung als Zivil- ingenieur für Bauwesen in Graz ab und 1963 erfolgte seine Promotion zum Doktor der technischen Wissenschaften an der Fakultät etwa fünfzig Teilnehmern - mehr als die Hälfte von ihnen war aus Bayern angereist - recht gut angekommen sein. Neben dem hohen Niveau der Veranstaltungen, der guten Organisation und der Schönheit St. Johanns und seiner Umgebung bewirkten dies zwei weitere Tatsachen. Freiherr von Solemacher- Antweiler leitete das Seminar in überzeugen- dem Stil und gewährleistete fruchtbare Dis- kussionen ebenso wie einen zügigen Tagungs- ablauf. Für das leibliche Wohl war im Hotel „Park" der Familie Grander bestens gesorgt; die Freundlichkeit der Hoteliersfamilie und des Hotelpersonals trug nicht unwesentlich zur angenehmen Atmosphäre bei. Dem Direktor des Bildungswerkes der Hanns-Seidel-Stiftung, Christoph Röder, ist für die Abhaltung des Seminars der Dank der Teilnehmer gewiß. GR Carl Hofinger ist dazu zu beglückwünschen, daß er diese Veranstal- tungsfolge mit überregionalem Blickwinkel, mit einer für die heutige Zeit bedeutsamen Themenstellung und mit Teilnehmern oder Mitwirkenden aus vier europäischen Staaten nach St. Johann in Tirol gebracht hat. für Bauwesen der Technischen Hochschule Graz. Dissertation.: „Die Bautypen der Wasserkraft - eine Studie des Weltbestandes" bei Prof. Grengg. Rigorosum mit Auszeich- nung. Vom Dekan der Fakultät wurde diese Arbeit als hervorragende Leistung gewürdigt. 1,964 verehelichte sich unser Wolfgang Pircher mit der Rechtsanwaltstochter Gertrud Vigl aus Linz. Der Ehe entsprossen ein Sohn, 14 Jahre alt, und eine Tochter, 12 Jahre alt. Praxis bei Elektro-Watt, Zürich Am 1. Dezember 1963 trat Pircher in die Schweizer Firma Elektro-Watt, Elektrische und Industrielle Unternehmungen AG, ein. Diese Gesellschaft steht der Schweizerischen Kreditanstalt nahe, wurde 1895 als Holding- gesellschaft gegründet, deren Beteiligungen zu über 70 Prozent in der schweizerischen Energiewirtschaft liegen. Die aus zahlreichen großen Kraftwerksbauten in der Schweiz her- vorgegangenen technischen Abteilungen wur- den 1965 verselbständigt und haben sich seit- her, ausgehend vom angestammten Gebiet des Wasserkraftwerksbaues, zu einem auch in vielen anderen Sektoren und auf der ganzen Welt tätigen Ingenieurbüro mit über 900 Mit- arbeitern entwickelt. Später wurde Wolfgang Pircher von der 1965 verselbständigten Toch- tergesellschaft „Elektro-Watt Ingenieurunter- nehmung AG", gleichfalls mit dem Sitz in Zürich, übernommen. 1963 - 1965 Mitarbeiter der Talsperren- Abteilung; Projektierung und Berechnung von Staumauern und Staudämmen; geotech- nische und betontechnologische Unter- suchungen; Kontrolle wasserbaulicher Modellversuche an der Versuchsanstalt für Wasser- und Erdbau der ETH Zürich. U. a. Mitarbeit an folgenden Projekten: Bogenstaumauer Punt dal Gall, Engadiner Kraftwerke, Schweiz. Vorberechnungen und schalentheoretische Untersuchung. Ein Kitzbüheler im Vorstand der T1WAG
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