Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 2 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 6. Jänner 1979 Ich begrüße Herrn Bezirkshauptmann Oberrat Dr. Hans-Heinz Höfle. Ich begrüße den Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Berg- bahn AG, Herrn Hofrat Dr. Trentinaglia, mit den Herren Aufsichtsräten, ebenso die Herren Vorstände mit dem Vorsitzenden Herrn Hans Werner Tscholl. Mein Gruß gilt ferner dem Obmann des Fremdenverkehrsverbandes Kitzbühel, Komm.-Rat Wolfgang Hagsteiner mit seinem Vorstand. Mein Gruß gilt auch meinen Kolle- gen aus dem Stadt- und Gemeinderat und der Beamtenschaft unserer Stadtverwaltung. Schließlich grüße ich die Vertreter der Pres- se, die gerade an den Kitzbüheler Ereignissen stets ein starkes Interesse zeigt. Meine Damen und Herren! Den ereignisreichen Lebensweg Fritz Tscholls gebührend zu würdigen, muß wohl einem Chronisten vorbehalten bleiben. Ich kann nur versuchen, in kurzen dürren Worten einen Auszug daraus zu geben: Fritz Tscholl ist am 27. März 1908 in Kitzbü- hel geboren, besuchte die Realschule in Inns- bruck und anschließend die Hochschule für Welthandel in Wien, wo er 1930 zum Diplom- kaufmann graduiert wurde. Anschließend trat er in den Familienbetrieb in Kitzbühel ein. Und typisch für den Men- schen Fritz Tscholl ist, daß er das Studium in der kürzest möglichen Zeitvollendete, obwohl er während der ganzen Studienzeit als Werk- student in der Firma arbeitete. Schon 1932 starb sein Vater und so mußte er gemeinsam mit seinem Bruder Hans die Ver- antwortung für die Firma übernehmen, die sich bis heute zu einem soliden Unternehnen entwickelt hat, das 40 Mitbürgern eine Exi- stenz bietet. 1936 unter Bürgermeister Josef Herold und dann wieder kurzfristig 1956 war Dipr.-Kfm. Tscholl Mitglied des Gemeinderates, doch mag er wohl rasch erkannt haben, daß hier nicht sein Wirkungsfeld sei und das Schicksal ihm andere Aufgaben zugedacht habe. Erstmals 1937 bis 1940 war Dipl.-Kfm. Tscholl Mitglied des Aufsichtsrates der Berg- bahn AG und schon damals mag er - der ein begeisterter Schi- und Bergsportler ist - seine Passion für das Seilbahnwesen erkannt haben, der er sein Leben lang mit fanatischem Einsatz seiner ganzen Person verhaftet war. Von 1940 bis 1945 war Fritz Tscholl zur Wehrmacht einberufen, kämpfte an verschie- denen Fronten und wurde mehrmals verwun- det. Auch in dieser Zeit war ihm Pflicht nicht nur Lippenbekenntnis. Nach Kriegsende widmete er sich mit sei- nem Bruder dem Wiederaufbauder Firma, und es ist unglaublich, daß er die Arbeit in seiner Firma nie vernachlässigte, auch in den 16 Jah- ren nicht, in denen er allein Vorstand der Berg- bahn AG war. Dazu kam noch der frühe Tod seines Bruders im Jahre 1956. Freilich hatte er später in der Firma in der Person seines Neffen und seiner Tochter ver- läßliche Helfer. Wer in den vergangenen Jahrzehnten in den späten Abendstunden durch die Vorderstadt ging, der konnte häufig noch Licht in seinem Büro sehen und Eingeweihte wußten, daß er zu dieser Zeit für die Bergbahn arbeitete - jahrzehntelang praktisch unbezahlt, unbe- dankt und oft verkannt. Von 1949 bis 1950 war Dipl.-Kfm. Tscholl im Aufsichtsrat und von 1950 bis 1966 allein verantwortlicher Vorstand. Und in dieser Zeit schuf er aus der Bergbahn AG ein Unterneh- men, das heute wohl als das solideste und größte Osterreichs bezeichnet werden darf. Erst 1966 holte er sich zwei tüchtige Assi- stenten, die mit ihm als Vorsitzenden ab 1967 einen Dreiervorstand bildeten. 1967 trat Dipl.-Kfm. Tscholl freiwillig aus dem Vorstand zurück, gehört aber bis heute dem Aufsichtsrat an und sein Rat und auch sei- ne ehrliche Kritik sind in der Bergbahn AG immer noch hochwillkommen. Bei der rasanten Entwicklung der Gesell- schaft riskierte er viel, hasardierte aber nie, wie es bei anderen Seilbahnunternehmenhäu- fig geschehen ist. Er war durch und durch Kaufmann und verließ sich auch nie auföffent- liche Gelder oder Subventionen. So war er bereits nach Kriegsende Mitbe- gründer der Berg- und Schilift Ges. m. b. H. und nach dem Tode des Vorstandes Hans Hechenberger Vorstand dieser Gesellschaft. 1959 war er Mitbegründer der Kitzbüheler Alpenseilbahn, deren erste Anlage der Wag- stättlift in Jochberg war. 1948 wurden die Schlepplifte Ganslern und Jufen erbaut, 1949 die Sesselbahn Ehrenbach- höhe, 1952 der Schlittenlift Hochegg. Im Jahre 1953 wurde mit dem Bau der Sesselbahn Steinbergkogel der berühmte Schizirkus begründet, der in ganz Osterreich viele Nachahmer fand - sogar in derNamens- gebung. In das Jahr 1955 fällt der Bau der Hornbah- nen und damit die Erschließung unserer süd- seitigen Berge für den Schisport. 1967 wurde die erste Sesselbahn am Paß Thurn gekauft. Der Zusammenschluß des ganzen Schi- großraumes zeichnete sich nun für alle sicht- bar ab, Dipl.-Kfm. Tscholl hatte diese Idee je- doch schon lange konsequent verfolgt. Im Jahre 1969 gelang Dipl.-Kfm. Tscholl der große Wurf: Am 1. Dezember wurden die Kirchberger Berg- und Schiliftgesellschaft, die Kitzbüheler Berg- und Schiiftgesellschaft und die Kitzbüheler Alpenseilbahn AG mit der Bergbahn AG Kitzbühel fusioniert. Seither gibt es eine Bergbahn AG mit einem einheitlichen Schipaß. Eine Errungenschaft, um die uns viele beneiden und was viele nach- zumachen versuchen. 1972 wurden auch die Bichlalmlifte und 1976 das Kurhaus Kitzbühel von der Berg- bahn AG übernommen. Diese umfangreiche seilbahnmäßige Er- schließung des Schigroßraumes ist ausschließ- lich dem kaufmännischen Können, dem tech- nischen Verständnis, dem Weitblick und der klugen Verhandlungstaktik Fritz Tscholls zu danken. Und diese Entwicklung war entscheidend für das Erblühen unseres Fremdenverkehrs, der die Säule der Wirtschaft unserer ganzen Region ist. Fritz Tscholl war auch Mitglied des Fach- gremiums in der Tiroler Handelskammer. Aber nicht nur durch die Erschließung des Schigroßraumes hat Fritz Tscholl die Auf- wärtsentwicklung des Fremdenverkehrs maß- geblich beeinflußt, er war auch vor und nach dem 2. Weltkrieg Mitglied des Ausschusses des Fremdenverkehrsverbandes und Propo- nent und Aufsichtsrat der Kur- und Moorbad Kitzbühel AG. Die großen öffentlichen Verdienste Fritz Tscholls zu würdigen, erscheint mirjedoch zur Darstellung seiner Persönlichkeit zuwenig. So sei mir gestattet, kurz den Menschen Fritz Tscholl zu skizzieren: Wer ihn kennt, der mag wohl der Meinung sein, Fritz Tscholl sei eine starke Persönlich- keit, aber ein ernster introvertierter Mensch, der nur Arbeit und Pflicht kenne und für die schönen Dinge des Lebens kein Verständnis habe. Wer ihn nicht kennt, der mag wohl der Meinung nem Herzen eine heiße Liebe zu seiner Heimatstadt und zu unseren Bergen brennt Und so nimmt es nicht wunder, daß Fritz Tscholl 1932 und 1935 Kombinationssieger der Österreichischen akademischen Schi- meisterschaften war. Und es vergeht auch heute noch kaum ein Tag, an dem er nicht dem Schisport huldigt und im Sommer wandert er noch viel in unse- ren Bergen. Das ist wohl auch der Grund, warum er sich so erfreulich jung und gesund erhalten hat. Er hegt aber auch eine große Vorliebe für musische und wissenschaftliche Veranstaltun- gen und besucht fast jedes Konzert und jeden wissenschaftlichen Vortrag. Wer jedoch zu seinen näheren Bekannten zählt, der weiß auch, welch fröhlicher Mensch er ist, der eine gewinnende Herzlichkeit be- sitzt, die nur starken Persönlichkeiten seiner Art zu eigen ist. Fritz Tscholl hat in seiner Bescheidenheit bisher öffentliche Ehrungen immerabgelehnt, doch darf ich hoffen, daß ihm die Ehren- bürgerschaft seiner Heimatstadt dennoch ein wenig Freude bereitet. So darf ich denn Dir, lieber Fritz Tscholl, die Ehrenbürgerurkunde überreichen, die lautet: „Ehrenurkunde! Wir, Bürgermei- ster und Gemeinderat der Stadt Kitzbühel, ha- ben gemäß § 5, Abs. 2 der Tiroler Gemein- deordnung 1966, LGB1. Nr. 4/1966, in unserer Sitzung vom 13. Juni 1978 Herrn Diplom- kaufmann Fritz Tscholl zum E h r e n b ü r - g e r ernannt. Herr Dkfm. Fritz Tscholl ist seit Ende des 2. Weltkrieges der große Bergbahnpionier, des- sen Weitblick die weltbekannte Entwicklung des Schigroßraumes von Kitzbühel zu verdan- ken ist. Sein Name und Wirken sind in den Annalen der Stadt Kitzbühel und der Berg- bahn AG Kitzbühel für immer festgehalten.
< Page 1 | Page 3 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen