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Seite 22 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 9. Juni 1979 Hofrat Dr. Eduard Widmoser 60 Jahre In Neuarzl bei Innsbruck, wo er sich abseits der Stadt ein Eigenheim schuf, vollendete zu Pfingsten Hofrat Dr. Eduard Widmoser das 60. Lebensjahr. Seine Heimatstadt Kitzbühel und sein Heimatbezirk, dem er einen Großteil seiner wissenschaftlichen Tätigkeit widmete, entbieten dazu die besten Wünsche und ver- binden sie mit der Hoffnung, daß der Jubilar nach einem rastlosen Lebenswerk voller Ein- satz für die ihm gestellten und viele freiwillig übernommenen Aufgaben Kraft und Freude zu weiterer erfolgreicher schriftstellerischer Arbeit findet und ihm dazu die Gesundheit geschenkt ist. Eduard Widmoser, Kitzbüheler mit Leib und Seele, wurde am 1. Juni 1919 geboren. Er machte die Schwierigkeiten und Sorgen einer Nachkriegsgeneration mit. In Kitzbühel besuchte er die Volksschule und ein Jahr lang die Hauptschule, dann kam er ins Seminar Borromäum in Salzburg. Vor dem Studium standen Jahre des Kriegsdienstes an verschie- denen Fronten. Der ausgezeichnete Offizier des Afrikakorps kehrte nach drei Jahren Gefangenschaft in die Heimat zurück. Mit großer zeitlicher Verspätung, aber mit ganzer Begeisterung nahm Widmoser sein Studium auf. Er studierte in Innsbruck Geschichte, Geographie und Volkskunde und bildete sich in 'Wien am Institut für österreichische Ge- schichtsforschung zum Historiker aus. Der junge Doktor stand vor der Ent- scheidung, sich der „Praxis" oder der „Wissen- schaft" zuzuordnen. Mitder ihm eigenen Kraft alles ganz zu tun, entschied er sich für beides. Bald veröffentlichte er in wissenschaftlichen Schriften, hielt aber auch Radiovorträge über heimatkundliche Themen, wurde Sprecher der Tiroler Landsmannschaften und kämpfte mit dem Feuer der Begeisterung und einpräg- samer Beredsamkeit für die Rechte Südtirols. Durch Jahre war Dr. Widmoser Geschäfts- führer und Obmannstellvertreter des „Berg- iselbundes" in Osterreich unter Univ.-Prof. Dr. Franz Gschnitzer. Sein uneigennütziger und glühender Einsatz für die Heimat Tirol wurde auch im eigenen Land mißverstanden und nicht gewürdigt. Dies hinterließ eine schwere Wunde, wenn auch Dr. Widmoser die intensive Arbeit nicht um des Dankes willen begonnen und allen Schwierigkeiten zum Trotz fortgeführt hatte. Seine Leistung wurde vergessen, wenn man davon absieht, daß sein Name noch heute auf der „schwarzen Liste" in Italien steht. In Abwesenheit wurde Dr. Wid- moser in Italien zu schwerer Freiheitsstrafe verurteilt, wenn auch seine „Schuld" nur darin bestanden hatte, daß er - seinem Gewissen folgend - für Südtirol eingetreten war. Seine organisatorischen Fähigkeiten hatte Dr. Widmoser, bestens unterstützt von seiner Gattin1Rosa geb. Unterthiner, in St. Johann unter Beweis gestellt. Dort hatte er zuerst die Schützenkompanie wieder aufgebaut, das be- deutendste Werk war aber die Renovierung der Antoniuskapelle im Friedhof. Dafür brachte das Ehepaar Dr. Widmoser nicht nur einen ungeheuren Arbeitseinsatz ein, sondern bettelte um Spenden und sorgte für eine mustergültige Renovierung. Die Unter- stützung der Bevölkerung war der schönste Dank dafür, den Gefallenen eine würdige Ge- denkstätte erhalten zu haben. Für St. Johann verfaßte Dr. Wiörnoser einen Führer und zur Markterhebungsfeier 1956 auch eine Festschrift. Mitten in der Zeit, als es um Dr. Widmoser aus Opportunismus ruhig geworden war, bat ihn seine Heimatstadt Kitzbühel um die Schriftleitung beim „Stadtbuch". Er kämpfte durch, daß dieses Buch zu einem wissenschaft- lichen Werk wurde, das der geschichtlichen Bedeutung Kitzbühels angepaßt ist und ein literarisches Denkmal für alle Zukunft bleibt. Für das vierbändige Stadtbuch schrieb Dr. Widmoser mehrere Beiträge. So bearbeite- Foto Herta Waich te erdas Kitzbüheler Salbuchvon 1416, gab die Erinnerungen des Bergmanns Michael Schlafl neu heraus und verfaßte den 140 Seiten um- fassenden „Blick in das Leben der Stadt". Ein- zelbeiträge und Schriftleitung erhielten inter- nationales Lob. Im Zuge der Vorbereitungen für das Stadtjubiläum 1971 zogen Bürger- meister Hermann Reisch und Kulturreferent GR Hans Brettauer immer wieder den Histo- riker Oberarchivar Dr. Widmoser heran. Man kann behaupten, daß keine kulturelle Aktivität in dieser Zeit ohne seinen Rat, aber auch seine Tat, gesetzt wurde. Zur Erreichung der Son- dermarke der Post verfaßte Dr. Widmoser eine Denkschrift und erreichte einen Vorsprache- termin bei Verkehrsminister Erwin Früh- bauer. Für die Sondermarke verfaßte er den Text des Begleitheftes und er stellte sich für den Ersttag mit seinen Aktivitäten im Kolping- haus zur Verfügung. Schon Jahre vorher hatte Dr. Widmoser über die Geschichte des Kitzbü- heler Spitals einen fundierten Beitrag für eine Festschrift verfaßt. Für die Banner auf dem Turm der Katharinenkirche erstellte er mit dem Künstler Prof. Oswald Haller den Entwurf. Über die Katharinenkirche hatte er anläßlich des 600jährigen Bestandes in Wort und Schrift in Kitzbühel berichtet. Mit Jahresbeginn 1972 wurde Dr. Wid- moser, der zuletzt in der Abteilung für Statistik und Landesplanung gearbeitet hatte, zum Landesarchivdirektor bestellt und gleichzeitig zum Hofrat ernannt. Nun ergab sich für ihn ein weites Arbeitsfeld. An Publikationen für die breite Öffentlichkeit gewöhnt, wollte er die To- re des Archivs aufstoßen und es ins Bewußt- sein der Öffentlichkeit bringen. Überzeugt von der Notwendigkeit seiner Aufgabe, bürdete sich Hofrat Dr. Widmoser nicht nur zahlreiche Aufgaben auf, erließ sich noch weitere dazuge- ben. Er wurde Leiter der Nomenklatur- kommission, die in mühevoller Arbeit die sprachliche und geschichtliche Sauberkeit der Tiroler Orts-, Berg- und Flurnamen fördert, baute eine Dokumentationsstelle des Landes auf, wurde aktiver Vorsitzender der Arbeitsge- meinschaft Chronisten im Tiroler Kulturwerk und bemühte sich um die Erstellung von Ge- meindechroniken und um die Gemeinde- wappen. Kein Mensch weiß, wieviel ehren- amtliche Arbeit es war, mit den Gemeinden zu verhandeln, bei Sitzungen die Pläne zu er- örtern, für die Feste Reden vorzubereiten und viele Aufgaben im Dienste der Gemeinschaft und anderer im Rampenlicht stehender Perso- nen zu leisten. Wenn Hofrat Dr. Widmoser diese Aufgaben übernahm und durchkämpfte, dann zugunsten der autonomen Gemeinden, die in einer Zeit der Forderung nach Großge- meinden sich ihrer Herkunft und Bedeutung bewußt werden sollten. Sehr bald zeigte sich, daß Hofrat Dr. Wid- moser den vielen Aufgaben gesundheitlich nicht gewachsen war. Mit unbändigem Ein- satz - wir erinnern an das Beispiel der Wappenverleihung in Oberndorf, wo er buch- stäblich vom Krankenlager aufstand, um eine Rede zu halten, die er zugesagt hatte - kämpf- te er seinen Plan durch. Ein Mann des geraden Weges, der auch von seinen Mitarbeitern den gleichen Einsatz voraussetzte und daher ein „harter" Mann im Sinne der gemeinsamen Sache war, mußte Hofrat Dr. Widmoser der Überforderung Tribut zollen. Ungern, aber nach schwerer gesundheitlicher Beeinträchti- gung, auch unbedankt für einen über- menschlichen Einsatz, schied Hofrat Dr. Wid- moser im Jahre 1977 aus dem Amt. Für seinen Heimatbezirk erbrachte Hofrat Dr. Widmoser auch während der Jahre als Archivdirektor, umfassende Leistungen. Er brachte Ausstellungen, die gemeinsam mit den Chronisten gemacht werden, in die Be- zirksgemeinden, wirkte als Gründungsmit- glied und Vorstandsmitglied des Museums Hinterobernau, für das er wissenschaftliche Grundlagenarbeit erstellte, war zusammen mit seiner Gattin der Anwalt des Stadtarchivs, das in mühevoller Arbeit gesichtet und ver- zettelt wurde, stand aber auch als Mitglied des Kulturausschusses und als Stadtarchivar ehrenamtlich zur Verfügung. Seit seiner schweren Erkrankung ist diese Tätigkeit zwangsweise eingeschränkt worden, die Liebe zu Kitzbühel ist aber nicht zu erlöschen. Möge
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