Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 10 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 23. Juni 1979 Eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Erfolgsmeldung, die von der Tatsache gekrönt wird, daß in Fieberbrunn von heute 175 lohn- summenpflichtige Betriebe werken und erzeugen. Sie stellen mit 1100 Arbeitsplätzen bei einer Einwohnerzahl von 3800 Gemeinde- bürgern für das Gelingen der Wirtschaft unseres Landes Tirol und für das Wohl der ge- samten österreichischen Volkswirtschaft ei- nen hervorragenden Beitrag. Wie stehen nun die Chancen im Tourismus für unsere Zukunft? Die Frage kann nur beantwortet werden, wenn man eine Bestandsaufnahme über das Vorhandene macht und versucht, das Gegebe- ne mit dem Möglichen zu verbinden. 3500 Gästebetten insgesamt, davon 1400 gewerbliche Gästebetten in 3 Hotels, 13 Gast- höfen und 25 Frühstückspensionen sowie 2100 private Gästebetten in 235 Unterkünften, stellen eine solide Ausgangsbasis dar, die durch die entsprechenden Verpflegungsplätze abgesichert ist. Aber auch die Sekundär-Infrastruktur des Fremdenverkehrsortes kann sich sehen lassen mit: 1 Hallenbad, 1 Freischwimmbad, 1 Bade- see, 4 Tennisplätze, 1 Minigolfplatz, 1 Fitness- sparcours, 1 Kinderspielplatz und 115 km ge- pflegte Wanderwege für die Sommergäste und 3 Sessellifte, 9 Schlepplifte, 30 km Skiabfahr- ten, 1 Skischule mit 70 Lehrern, 1 Skikinder- garten, 1 Rodelbahn, 16 km Langlaufloipen, 1 Eislauf- und Eisschießplatz, 1 Winter- campingplatz, Saunen und 30 km geräumte Fußwanderwege für die Wintergäste. Mit diesem Rüstzeug, das gewaltiger In- vestitionen bedurfte und ständige Impulse auf die gewerbliche und industrielle Wirtschaft unseres Landes ausübte, die Investitionslust und Risikobereitschaft dazu beitrug, den Lauf des volkswirtschaftlichen Schwungrades nicht ermüden zulassen, kann das Fieberbrunn von heute ohne Hast und Panik, wohlüberlegt und mit dosiertem Einsatz an die Bewältigung der kommenden Jahrzehnte herangehen. Uberlegtheit und Realismus werden die Handlungen prägen. Wir alle wissen, daß es in Europa und in Nordamerika zu einer totalen Marktsättigung in der Konsumgüterindustrie gekommen ist und auch die kurzlebigen und mittelfristigen Gebrauchsgüter der technisier- ten Gesellschaft in der erzeugten oder erzeug- baren Menge nicht mehr auf den Markt absetz- bar sind. Das heißt nichts anderes, als daß unserer Gesellschaft mehr angeboten wird, als gebraucht wird. Obwohl der Fremdenverkehr zu den stabil- sten Wirtschaftszweigen gehört, weil der Urlaub heute (und auch in der Zukunft) zu ei- ner medizinischen Notwendigkeit geworden ist, zeigt sich auch im Tourismus dieselbe Erscheinung eines österreichischen, euro- päischen und weltweiten Überangebotes an Gästebetten. Das hat dazu geführt, daß aus dem ehemali- gen Verkäufermarkt der Nachkriegsjahrzehn- te, in denen der Vermieter im Touristikge- schäft der stärkere Geschäftspartner gewesen war, ein Käufermarkt geworden ist. Ein Markt in dem gegenüber dem Wirt nun der Gast, das Reisebüro der Stärkere ist, weil mehr Angebot als Nachfrage vorhanden ist; Das drängt zu einer Situation, die für den Fremdenverkehrsunternehmer, vor allem für den Vermieter und Gastwirt derzeit und hoffentlich vorübergehend dazu führt, daß er die Preise halten und die Leistung gleichzeitig anheben soll. Von diesen Gegebenheiten wird man in der Planung und Verwirklichung kommender Projekte, sei es privater oder kommunaler Natur, ausgehen. Ein Erfolgsrezept für die nächsten 20 Jah- re? Das gibt es nicht! Aber man kann sich Leitlinien zurechtle- gen, damit die Gefahren rechtzeitig erkannt werden und die Chancen wahrgenommen werden können. Zu oberst steht das Gebot der Erhaltung des ländlichen Raumes bzw. der Bewahrung der größtmöglichen Erholungs-, Ruhe- und Sportzonen. Das bedingt eine enge Zusam- menarbeit mit der Landwirtschaft und ihre bestmögliche Integration in das wirtschaft- liche Geschehen, denn der Erholungsurlaub und der Sporturlaub spielen sich nicht im luft- leeren Raum ab, sondern im ländlichen Raum. Das bedingt zu einer vorsichtigen und ge- bremsten Siedlungspolitik. Damit ist die Ver- meidung fremder und spekulativer Elemente (Ferienwohnungen und ausländische Hotel- gruppen) gemeint, denn die Expansion soll aus der einheimischen Bevölkerung kommen und von ihr getragen bleiben. Dazugehört die Währung des lokalen und ländlichen Baustils, einer Bauweise, die die Natur zwingend geprägt hat und vom Bauern- hof Jahrhunderte allein stilvoll getragen und erhalten worden ist. Das sollte aber auf der anderen Seite auch nicht in einen ländlichen Pseudomodernismus ausarten. Die natürliche Aufnahmegrenze eines Fremdenverkehrszentrums, das heißt des ei- genen Orte zu erkennen wird zu einer Existenzfrage werden. Der Mensch der großen Stadt und der Industriezone sehnt sich nach Raum und Bewegungsfreiheit Wird ihm diese durch eine Konzentration zu vieler Menschen, der er im Urlaub entfliehen möch- te, genommen, beginnt er abzuwandern. Es wird an der eigenen Kraft liegen, zu sagen: bis hierher und nicht weiter. Der Ausbau der Qualität erscheint für die nähere Zukunft notwendig zu sein, um der in- und ausländischen Konkurrenz standzuhal- ten. Die Qualitätsanhebung ist aber nicht so zu verstehen, daß nur noch Erstklaßbetten ge- baut werden sollen. Im Gegenteil, die vorhan- dene Abstufung der Quartiere in den 4 An- botsebenen sollte unbedingt erhalten bleiben, aber in der jeweiligen Kategorie können Fort- schritte erzielt werden. Auch die Sekundärinfrastruktur der allgemein zugängigen Sport-, Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen muß mit den stei- genden Wünschen des Konsumenten „Urlaub" mitgehen, sie sollte sich aber stets dem Bedarf der absehbaren und daher be- rechenbaren Zukunft anpassen und nicht zum Gigantismus oder zur Utopie führen, weil letzteres unweigerlich und wie jüngste Bei- spiele in Osterreich selbst beweisen, zu Be- lastungen der Allgemeinheit führt, die ein soli- des Wachstum schwer beeinträchtigen müß- ten. Das Schicksal der Gemeinde nie aus den Händen geben, so wie es bisher in allen guten aber auch in allen schlechten Zeiten gewesen ist, stets selbst gestalten und selbst verwalten. Ein Erfolgsrezept nie erkaufen wollen, den Erfolg stets erarbeiten. Sich auf die eigene Kraft verlassen, aber dem gesunden Fort- schritt nie die Augen verschließen. Die Chancen für eine gesunde Weiterent- wicklung der Fremdenverkehrsgemeinde Fie- berbrunn - flankiert und abgesichert durch die übrigen Wirtschaftsbereiche - sind auf- grund der sich in den vergangenen drei Jahr- zehnten erwirtschafteten Ausgangsposition gut. Sie wahrzunehmen wird nicht nur die Auf- gabe der derzeitigen, verantwortungserfüllten Gemeindeführung sowie der heute mitten und voll und ganz im Arbeitsprozeß stehen den Menschen sein, sondern auch Aufgabe und Pflicht der nachrückenden Jugend, der kommenden Generation, weil die Wirtschaft nie fertig ist, nie den Zustand der Ruhe oder des Stillstandes erreicht, stets fließt, weiter- geht, sich verändert. Sehr geehrter lieber Herr Bürgermeister, sehr geehrter lieber Herr Fremdenverkehrs- verbands-Obmannn die junge „Marktgemeinde Fieberbrunn" ist in guten Händen. Ich bin überzeugt, daß sie das auch in der nahen und fernen Zukunft sein wird. Für diese Zukunft, die freilich nicht ohne Gefahren sein wird, aber in der für die Fieberbrunner gute Chancen lie- gen, wünsche ich den fleißigen Einwohnern der Marktgemeinde Fieberbrunn eine gedeih- liche Entwicklung und viel Glück. IRI BAUERNHAUSMUSEUM HINTEROBERNAU, Kitzbühel, Römerweg 91 wieder geöffnet. Öffnungszeiten täglich, auch an Samstagen und Sonntagen, von 13 bis 18 Uhr. Festliche Bildungswoche zur Markterhebung Fieberbrunns Fortsetzung des Referates von Dr. Josef Ziepi
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