Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 30. Juni 1979 Kitzbüheler Anzeiger Seite 9 Podiumsdiskussion S 12 und Plöckenpaß Junge Wirtschaft vom Bezirk Kitzbühel setzt Akzente Verschiedene Aktivitäten und Pressemel- dungen der letzten Zeitveranlaßten die „Junge Wirtschaft" am 8. Juni 1979 eine Podiumsdis- kussion für die breite Öffentlichkeit zu veran- stalten. Landesrat Kommerzialrat Christian Huber, der als Diskussionsleiter fungierte, dankte für die Problemaufgreifung und verwies darauf, daß Straßen, welche wichtige Zubringer sind, große Bedeutung haben, aber trotz alledem nicht ganz außer acht gelassen werden dürfen. In seinen präzisen Ausführungen hob er aber auch die Wichtigkeit von umweltfreundlichen Landes- und Bundesstraßen für die regionale Wirtschaft und den bei uns wohl wichtigsten Devisenbringer, den Fremdenverkehr, her- vor. Seine Einleitung beschloß er mit den tref- fenden Worten: „Mit unserer Heimat hauszu- halten wäre mein größtes Anliegen". Der gesamten Veranstaltung gaben neben der bereits erwähnten wirtschaftspolitischen Persönlichkeit noch Bürgermeister LA Hans Brettauer, Oberrat Dr. Andreas Braun (in Ver- tretung von Bezirkshauptmann Dr. Hans Heinz Höfle) und Hofrat Dipl.-Ing. Franz Thaler das Gepräge. Hofrat Dipl.-Ing. Thaler sprach als Leiter des Bezirksbauamtes Kufstein, zu welchem auch der Bezirk Kitzbühel gehört. Mitaussagekräftigen Unterlagen über die fi- nanzielle Situation sowie dem momentanen prognostizierten aktuellen Straßenprojekt, war der Einladung der „Jungen Wirtschaft" ge- folgt. In seiner Aufklärung, angefangen von ei- ner rückschauenden Finanzgebarung der letz- ten zehn Jahre (bereits geschehene Aus- schöpfung der vorhandenen Mittel) bis zu den obgenannten Projekten alles enthalten. In die- sem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß ein sukzessiver Weg in die Reprivatisierung der Auftragsvergabe beschritten wird. (Ein- sparung von bereits 60 Mann, von 210 auf 153 Beschäftigte im Bezirksbauamt Kufstein). Um der Lanze bereits jetzt die Spitze zu brechen, führen wir hier eine konkrete Aussa- ge Hofrat Thaler bezüglich der 5 12 und des Plöckenpaßtunnels an: „In den nächsten zehn Jahren sind solche Straßenprojekte rein aus der finanziellen Seite nicht zu verwirk- lichen. Im Zuge der bereits laufenden Ausführun- gen (Hundert-Millionen-Schilling-Projekt - Ausbau Brixental, Windauer Bahnunterfüh- rung, Bahndurchlaß Westendorf), erläuterte uns der Straßenbaufachmann den Werdegang eines Projektes. Nach erfolgter Planung die Eingabe beim Bundesministerium für Bauten und Technik, der Einspruchsfrist der Gemein- den sowie der Anrainer, die Grundeinlösen, dazu der Bescheid des Amtes der Landesre- gierung, eventuell auch Wasserrechtsverhand- lungen, einem neuerlichen Ansuchen beim Ministerium um die Ausschreibung und Ver- gabe, welche an eine Dreimonatsfrist gebun- den ist,und dann kann erst mit dem Baubeginn eines Projektes, frühestens zwei Jahre nach der Planung, gerechnet werden. Bereits 1971 wurde in einer Novelle die be- stehende Verbindung Wörgl-Salzburg als Schnellstraße deklariert, aber, wie bereits erwähnt, ist im Budget der Baubezirksbehörde Kufstein-Kitzbühel keine Million für Schnell- straßen frei. In bezug auf die 5 12 sagte Hofrat Thaler wörtlich: „Nach dem Gesetz ist dieses Projekt aktuell, aber meiner Meinung nach so zu bauen, daß es den Erfordernissen der Umwelt entspricht. Laut ministeriellem Bescheid aber ist die be- stehende Trasse vom Eiberg bis zum Stangl- wirt dreispurig auszubauen. - Die neueste Variante istjedoch vierspurig, ohne Mittelleit- schiene. - Daß dieses immense Gefahren in puncto Sicherheit birgt, müßte in Anbetracht von Querstraßen und Feldwegen einleuchten. Bei kreuzungsfreier Verwirklichung dieses Projektes würde sich eine Gesamtbreite des Straßenbandes von 35 Metern inklusive der Wirtschafts- und Gehwege ergeben. Die bis Eilmau bereits fertiggestellte Planung drückt sich in Form einer verständ- lichen 90prozentigen Ablehnung bei den Ge- meindevertretern aus. Jedoch darf das Ver- kehrsaufkommen der nächsten fünf Jahre nicht außer acht gelassen werden. Auf das Plöckenpaßprojekt, so Hofrat Thaler, könne er nicht eingehen, da er dieses nur aus der Zeitung kenne und ihm dies als zu- wenig erscheine. Im Zuge der Diskussion verlas Vizebürger- meister Michael Horn einen Briefvon Bundes- ministerfür Bauten und Technik, Josef Moser, aus welchem hervorging, daß das Projekt Plöckenpaß nicht aufzuhalten sein wird. Er plädierte auch für eine einhellige Meinung ge- gen dieses. Der Vorstand der Bergbahn AG, Werner Tscholl, fragte an, wie es möglich sei, daß kompetente Leute vom Stand der Planung derartiger Projekte nicht informiert sind. Laut Vorstellung von Hofrat Thaler ist das Bundesministerium für Bauten und Technik höchstwahrscheinlich in Verhandlung mit Italien und Deutschland. Landesrat Hubert ergänzte dazu, daß der Plöckenpaß sich auf Kärntner und italienischem Boden befindet, was eine Nichtzuständigkeit kompetenter Leute des Landes Tirol erweist. Im Zuge dessen erwähnte er auch die Notwendigkeit ei- nes Staatsvertrages zwischen Osterreich und Italien. Bürgermeister LA Hans Brettauer doku- mentierte seine absolute Ablehnung des Pro- jektes, wie er dies immer schon im Tiroler Landtag, mit LALindner, getan habe. Dies ge- schah aus Gründen der Kenntnis der regiona- len Probleme, welche daraus erwachsen könn- ten sowie aus Heimatverbundenheit und nicht aus parteipolitischen Gesichtspunkten heraus. Weiters wurde auch die Verbreiterung der Autobahn München - Salzburg auf Grund der akzeptableren Geländestruktur hervorge- hoben. Genauso angeregt wurde die zwischenstaatliche Lösung bezüglich des „Großen deutschen Ecks". Bürgermeister Michael Nothegger, Kirch- dorf, erklärte sich mit den Gegnern des Tran- sitverkehrs durch unsere Heimat solidarisch. Der Obmann der Fremdenverkehrsverbän- de Kitzbühel und Kirchdorf, Kommerzialrat Wolfgang Hagsteiner, wehrte sich ebenfalls vehement gegen das bevorstehende Projekt. Wörtlich sagte er: „Es ist bedenklich, daß das Land Tirol kein Mitspracherecht hat; kein Geld ist kein Argument, da es sich um ein zwischenstaatliches Abkommen handelt". Seine Bemerkung: „Dies sei Mord am Frem- denverkehr", fand allgemeine Zustimmung. Sein Ersuchen an die Verantwortlichen: der organisch gewachsene Fremdenverkehr ist in größter Gefahr, wie er es in den letzten 20 Jah- ren nicht war. Unser schwer erworbener Frem- denverkehr muß vor solchen Dingen be- schützt werden. Wir lehnenjeglichen Transit- verkehr ab! Landtagsabgeordneter Lindner pflichtete der Problemstellung bei. Ergänzte, daß bei der Realisierung des Plöckenpaßprojektes dies aktueller denn je werde. Seine Ablehnung dokumentiert sicherlich das Resultat der Ver- kehrszählungen vom 7. August 1977 mit 1800 gezählten Schwerlastkraftwagen auf der Strecke Lofer -' Wörgl. Kommerzialrat Rudolf Witzmann erklärte in bezug auf seinen Artikel im Kitzbüheler Anzeiger vom 31. Mai 1979, daß die Bauzeit dieses Projektes den Sommerfremdenverkehr auf Jahre hinaus schädigen würde. Sein Vor- schlag ist der Bau der Trasse durch das Windautal. Auf die Anfrage eines Diskutanten aus St.Johann über die Notwendigkeit der 5 12 in bezug auf die Tauernautobahn und warum das immense Ausmaß des Schwerverkehrs antwortete Hofrat Thaler: Laut Statistik ist kein Straßenzug mehr ausgelastet wie der von Lofer nach Wörgl. Der Verkehr habe bereits das fünffache Ausmaß wie die Bundesstraße nach Innsbruck vor dem Autobahnbau erlangt. Die Intensität des Schwerverkehrs resultier- te aus dem Zeitdruck, man höre immer wieder aus den Verkehrssendern, daß gewisse Strek- kenabschnitte verstopft sind (z.B. Walser- berg). Was liegt näher als die Strecke über Lofer? Abschließend stellte der Leiter des Bezirks- bauamtes Kufstein fest, daß der Plöckenpaß sich nicht als Nord-Süd-Verbindung eigne, da diese eine Steigung bis zu 8 % hat; im Gegen- satz zur Tauernautobahn mit nur 4%. Vom Bezirks-Vorsitzenden Bodo Bernd Conrad wurde in den Einleitworten bereits wörtlich zitiert: „Es ist keine Frage, daß Straßen, seien sie Verbindungswege für den Personenverkehr oder für die Beförderung von Gütern, Lebensadern für unsere Wirt- schaft sind sowie auch für den Wohlstand unserer Bevölkerung. Auch ist es eine Not- wendigkeit, im Hinblick auf unsere über- lasteten Verkehrswege eine Verbesserung der Situation herbeizuführen. Das alles aber enthebt uns nicht von der Verantwortung und somit von der Pflicht, uns Gedanken über die Art der Realisierung solcher Projekte, die ja ei- nen weitgehenden Eingriff in unsere Land- schafts- und Wirtschaftsstruktur bedeuten, zu machen.
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