Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 28 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 14. Juli 1979 tung am Krankenbett fanden und mit Schrek- ken bemerkten, daß wir da vorerst mit unserer ganzen Naturwissenschaft nichts anfangen konnten. Ein Spruch von der Wand eines unserer- klinischen Hörsäle überfiel uns: Ta- ceant colloquia, effugiat risus, dum omnia do- minat morbus! Das war eine ganz neue, zugleich erhebende und bedrückende Welt, in die wir uns da ge- stellt sahen, in einen Regelkreis, einen gemein- samen Schwingungskreis mit dem Kranken geschaltet. Der Stellenwert der Naturwissen- schaft blieb wohl unbedingt in unseren dia- gnostischen Maßnahmen und Erwägungen aufrecht, im Bereich unserer therapeutischen wurde er unterschwellig. Da wurde uns klar, daß es zumindestens oberflächlich, wenn nicht blasphemisch ist, wenn von einer ärztli- chen Wissenschaft gesprochen wird. Wir sa- hen diesem Begriffsumfang die Mächtigkeit allerjener Unwägbarkeiten, die das Verhältnis zwischen Arzt und Kranken und den Erfolg ärztlichen Wirkens entscheidend mitbestim- men, nicht berücksichtigt. Und so fanden wir erst mit dem Tode des ersten Kranken, der uns verantwortlich unter den Händen starb, den ganzen Kreis ärztlichen Wirkens ausgeschrit- ten. Erst mit diesem Erlebnis fanden wir uns nicht nur als Adepten, sondern in den inner- sten Ring des ärztlichen Ordens aufgenom- men. Mittlerweile hatten wir uns in der Geschich- te unserer abendländischen Medizin umge- tan: da stand zu Beginn der Priesterarzt, der mit Handauflegen und Tempelschlaf sein Amt ausübte, dann der hippokratische und der ga- lenische Arzt, bei dessen Wirken schon natur- wissenschaftliche Kriterien in Diagnose und Therapie maßgeblich waren. Zuletzt stießen wir an der Wende des Mittelalters zur Neuzeit auf eine wahrhaft umfassende Gestalt, nicht nur Arzt, auch Naturforscher, Chemiker, Geo- loge, Mineraloge, Philosoph, Theologe und Soziologe; auf ein mächtiges, wohl schwer zu- gängliches, aber an den Aspekten, die uns faß- bar wurden, faszinierendes Opus. Wir fanden da den Menschen und die Krankheit aus einem imaginären Reich der „Phantasie" hereingeholt in den Ablauf natür- licher Vorgänge und dargestellt „im Licht der Natur", deren Buch aufgeschlagen erscheint im weiten Bereich und in dem man nur unvor- eingenommen zu lesen braucht: „Wohl dem, der den Labyrinthen nit nachgehet, sondern der Ordnung des Lichts der Natur, die ist Arznei und der Arzt". Der reine galenische Pragmatismus in Diagnose und Therapie wird abgelehnt, und die Forderung aufgestellt, daß „aus dem Experimentum mit Hilfe der Scien- tia die Experientia gewonnen wird, denn Scientia ist die Mutter der Experienz und ohne Scientia ist Experientia nichts. So zwingt doch Pluralitas morborum, daß da muß Scientia sein". Hier gewinnt Scientia in der Vielfalt der Krankheitserscheinungen erkenntnistheore- tisch den Rang einer ordnenden platonischen oder kantischen regulativen Idee. Und nicht „Schwärmerei", ganz im Sinne Kantens ge- braucht, soll Grundlage der ärztlichen Tätig- keit sein, vielmehr soll der Arzt den Forderun- Und wie sowohl der Mensch und seine Krankheit im Licht der Natur gesehen wird, so bietet die Natur auch die Mittel zur Heilung: „Die ganze Welt ein Apotheken!", mit deren Hilfe der „ausser Arzt" lediglich die Tätigkeit des „geborn" (des inneren Arztes, nämlich der dem Körper eingentümlichen natürlichen Wi- derstandskraft und Heilungstendenz) unter- stützt und da fortsetzt, wo der „geborn Arzt" aufhört. Aber dem Wirken des Arztes sind unübersteigbare Grenzen gesetzt: „Ich kans fit alles .... Wem ist es im Licht der Natur je möglich gewesen, den Tod und das Leben zu- sammenzufügen und zu vereinigen, also daß der Tod das Leben soll empfangen?" In diesen schattenhaften Umrissen paracel- sischer ärztlicher Kunst zeichnen sich zwei Strukturen ab, die auch die Säulen sind, auf de- nen unser heutiges Arzttum ruht: Die eine wird dargestellt von den Ergebnissen und dem jeweiligen Wissensstand der Naturwissen- schaften, die andere durch die unabdingbare, engste Beziehung zum Menschen mit all sei- nen Vorzügen und Schwächen, gleichfalls ein- geordnet in das Naturgeschehen. Diese beiden Säulen stehen fest, krisenfest: das grenzbewußte Reich der Naturwissen- schaft und das grenzunbewußte Reich der Emotion. Eine Krise entsteht nur dann inner- halb einer Persönlichkeit, wenn diese beiden Wirkfelder nicht zur Deckung gebracht wer- den, wenn also entweder nur mit Handaufle- gen und Zaubersprüchen geheilt oder nur mit Laborzetteln diagnostiziert wird. Beide Extre- me entsprechen nicht den Forderungen des Tages, in ihnen stellt sich zweifellos eine Krise dar, jedoch nicht unserer ärztlichen Kunst, sondern der jeweiligen ärztlichen Persönlich- keit. Du hast, Theophrastus von Hohenheim, „landfahrend" Dein Leben durchgestürmt. Dein Werk „erfahren" im eigentlichen Wort- sinn und uns hinterlassen in Deinem geliebten Deutsch, ein großes Testament, das heute noch nicht bewältigt ist und das in einem erschütternden Gegensatz steht zu Deinem kleinen Testament aus der Salzburger Kaigas- se, indem Du Deine letzten Habseligkeiten an die Ärmsten der Armen bereust. Ein Gegen- satz, der auch für uns heutige Ärzte zwischen unserer Lebensleistung und dem, was wir unseren Kindern und Enkeln vererben kön- nen, der zwar nicht die Regel, aber auch nicht nur die Ausnahme ist. So nimm uns, Theophrastus von Hohen- heim, als Symmachoi an, als Mitstreiter im Kampf für das Gesunde gegen das Kranke, für das Heil gegen das Unheil, für das Leben gegen den allgewaltigen Tod, bis er sich einfügt in den Ablauf alles Organischen, den Tod, der zum Leben gehört wie der Schatten zum Licht auf dieser unserer uralten Mutter Erde. Und erachte es nicht für vemessen, Theo- phraste, lieber Freund und Kollega, wenn wir Ärzte von heute Dir Dank und Gruß nach- rufen hinab durch die Jahrhunderte! Spenden für Turm und Kirchendach Spenden-Konten: Stadtsparkasse 0000-0 103 48 Raika 466.666 BTV 143-270270 Hagebank 920 1.26324 50.— Ungenannt 150.— Ungenannt 40.— Ungenannt 200.— Ungenannt 100.— Baustein für Kirchendach 100:— Taufspende für Kirchendach 200.— Weislbauer (Spende anläßlich der Hornmesse) 300.— Hartmann (Spende für Glockenge- läut anläßlich des Begräbnisses) 500.— Josef Barth, Essen 1000.— Dr. Leo Hrdlicka, Wien Spenden für die Frauenkirche Spenden-Konten: Stadtsparkasse 0000-011114 Raika 448.084 BTV 143-270327 Hagebank 920 1.126740 500.— Familie Weiß, Badhaussiedlung 9 100.— Ungenannt 300.— Kranzablöse für M. Obermoser, von Emmerich Obermoser, Jochberg 1000. - Kranzablöse für M. Obermoser, von Fam Aufschnaiter Georg gen des Tages genügen: „Es ist genug, daß der Tag sein eigen Joch trag, es ist genug, daß du das tust, was derselbig Tag gibt", ein Satz, der in den Maximen und Reflexionen stehen könn- te. „Mein fürnehmen ist, mit dem Maul nicht gewinnen, allein mit den Werken. Denn die Arznei ist ein Werk und keine Sophisterei und das Werk ist ein Kunst!" Und hier ist die ent- scheidende Definition ärztlichen Handelns gegeben, die noch ergänzt wird in dem Sinne, „daß Kunst und Werkschaft aus der Liebe ent- springen müssen, sonst ist nichts Vollkomme- nes da", wenn „die Liebe" alle Beziehungen zum Menschen und Mitmenschen, ja zu aller Kreatur überhaupt umfaßt.
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