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Samstag, 14. Juli 1979 Kitzbüheler Anzeiger Seite 7 Überschrift „Ein Tiroler Bergstock für Erz- herzog Johann". In dieser Abhandlung ist auch der „opilio"-Stock des Martin Holzastner beschrieben, den dieser sich selbst künst- lerisch ausgeziert hat und zwar in der gleichen Art, wie den Bergstock für Erzherzog Johann. Der „opilio"-Stock des Martin Holzaster befin- det sich im Heimatmuseum Kitzbühel, der Bergstock für Erzherzog Johann, im Eigen- tum des Jochberger Wirtes Josef Hochfilzer, als Leihgabe im Heimat- und Bergbau- museum Jochberg (früher ebenfalls Heimat- museum Kitzbühel). Wir folgen nachstehend den Ausführungen von Dr. Haberlandt betref- fend den „opilio'Stock und zu einem späteren Zeitpunkt auch jenen für den Erzherzog-- Johann-Stock. „Wenn Erzherzog Johann die ärarischen Bergbaubetriebe auf Kupfer und Eisen im Umkreis von Kitzbühel inspizierte, mochte er immer wieder gerne bei einem der getreuesten Tiroler Freiheitskämpfer von 1797, 1805 und 1809, dem Wirt des „Schwarzen Adlers" in Jochberg, Anton Oppacher oder „Obpacher", wie er sich selber schreiben ließ, genannt „Der Held vom Paß Strub", einkehren. Dann stie- gen sie auf den Bergen herum und gaben sich wohl auch den Freuden der Jagd hin. Oppacher hat sich dazu ein sinniges Geschenk ifir seinen „hohen Gönner" ausgedacht, einen Bergstock, der alles, was diesem auf solcher Wanderschaft ein Wohlgefallen oder Wunsch- ziel sein mochte, in zierlichstem Bilderwerk aufweist. Geschaffen hat dieses Werk ein Drit- ter im Bunde. Martin Holzastner, vermutlich ein Jagdbegleiter und Führer Erzherzogs Jo- hanns auf seinen Bergwanderungen, der sich auf dem Stock „einen opilio" nennt. Es ist dies die dem Latein der Kirchenväter geläufige Be- zeichnung für einen Schafhirten. Vielleicht hat ihn sein „hoher Gönner" selbst scherzhaft so genannt, da dies für gewöhnlich sein Beruf war, wie die Darstellung eines Schäfers (auf dem Stock) wahrscheinlich macht. Südlän- dische Schaf- und Ziegenrassen zusammen mit Steinböcken im Gefels dürften darauf hin- Rupertushirsch bei einem Baum deuten, daß er sich etwa auch im lombar- dischen Alpenbereich derart umgetan hat. Von seinen Lebensdaten habe ich, vom hoch- würdigen Herrn Pfarrer Schernthanner in dan- kenswerter Weise bei der Nachsuche unter- stützt, bisher aber nur die Eintragung im röm.- kath. Taufbuch der Pfarre Kirchberg in Tirol ausfindig machen können: Tom II, fol. 8„,30. September 1791 Martinus, Sohn (unehelich) des Joseph Holzastner, colonus in Obing in der Sperthen und der Maria Koidlin", mit der vom Pfarrer sorglich mit Siegel und Unter- schrift bestätigten Bemerkung, daß ihn der Vater Joseph Holzastner ausdrücklich bei der Taufe als sein uneheliches Söhnlein anerkannt habe. Beide Stücke sind erhalten. In besonders dankenswerter Weise hat mich auch Professor Dr. Ernst Thirring mit seinen naturkundlichen Kenntnissen bei der Kennzeichnung der Tier- und Pflanzenbildwerke unterstützt, bei letzterem zudem Fräulein Moidl Traunsteiner (beide Kitzbühel). Der etwa 48 Zoll(127 cm) hohe Hirtenstock, Haselholz, trägt oben eine Messingzwinge und an einer mittlings eingelassenen Öse ei- nen Bronzering, wohl für eine Peitschen- schnur. In feiner Stichelgravierung, wohl mit einer glühenden Nadel, entgegen dem Uhrzei- ger umlaufend, schmücken den Schaft von oben nach unten in vierbis fünf Zoll hohen Bil- dern: Ein streifiges Bandgeflecht nach Art eines Riemenknotens, darunter ein Wolfszahn- bändchen und Namenszug Jesu (IHS) Mariä und „IOS(E)P(H)". Perlstab. Entgegen dem Uhrzeiger ansteigend: ei- ne Gans, ein Pudel mit Körbchen in der Schnauze (Typisch auf biedermeierlichen Stickmustertüchern) eine Rehgeiß, der Huber- tushirsch bei einem Baum, ein Gemsenpaar, flüchtend; ihm entgegen weibliches Tier mit zwei Eutern und langem Schweif (Eselin?). Unterhalb ein Schraubenziegenpaar, einem Rehbock gegenüber, dazwischen Eichhorn. Darunter auf einem Zackenbandstreifen Gemse auf Vorhut. Hahn und Henne, vom Fuchs angeschlichen. - Akanthusreif und Band mit Schachbrettmuster. - Mit Perlstab gerahmt, in gotischer Schrift „An Gottes Segen ist alles gelegen, wer den nicht hat, kombt vill zu sßacht" (Schad') - Fischgrätenband. Aufsteigend: Äsende Gemse, Gemsen im Lager (der Bock verhoffend); dawider sprin- gend ein Steinbock. Als Füllsel Rehkitz, ruhend und äsender junger Rehbock. Unter- halb, entgegengesetzt flüchtendes Hirschen- paar, Kitz auf Vorhut, dazwischen Schmetter- ling. Unterhalb bärtiger Löwe, Greif. Strunk mit Rebhuhnnest, im Gebüsch von einem Hchs beschlichen - Windelband mit Stern- blüten. - Feld mit Perlstab gerahmt: „Liebe Gott Lind deinen nächsten, so pist du Fremd des ilöchsten". - Lorbeerband. - 6. orbeerband.- 6. Löwe mit Doppelschweif, Fabeltier mit spitzbärtigem Menschengesicht und Magier- hut, Schnurrbart, Hörnern, die Ohren abste- hend, den Schwanz zweimal um den vierbeini- gen Leib geringelt. Gemsen im Geschröf, Gemslein auf Vorhut. Zehnender, äsend, Eichhorn und Rehbock; Reproduktion Foto Tirol, Kitzbühel Hunde. Unterhalb Hyäne wider eine Wild- ka:ze. Fabeltier mit zwei Storchenköpfen, zvei Vorler-, drei Hinterbeinen, zwei Euter, geleckt Lnd beharrt. - Schlingband. - In Schnureinfassung: „Lebe stözt in grießtum rein, so wird dein Sterben fröhlich scn" (deutsche Schrift). - Preißelbeerkränz- lein. - Dreifach geschnürtes Band. - Tanne. Gemse auf Vorhut, Rehkitz, Schaf. - Darurrer Bär, äsend. Hirsch, sprin- gcndes FabeltiermitLangschnaDel. - Schräg- gschnütes Band. - „Das ist ein Opilio-Stock" (Rondschrift- aitig). - Maschenband. - „Sculpit Martinus Holzastner 1825 opilio in Röthelstein. " (in gezeichneter Latein- kursivschrift.) Holzastners naturlundiges Fabulieren ist dirch kleine „leobachtete Szenen" aus der Tierwelt verlebendigt, aber es gründet sich dies bukolische Schaffen sowie seine Fertigkeit der Stichelführung doch, soweit jetzt schon ersichtlich, auf eine ältere und vermutlich breitere Uberlie'erung. Einen Beleg dafür bieten die von M. Haberlandt sei- nerzeit veröffentlichten zwei Peitschenstiele, vermutlich aus der östlichen Steiermark oder Kärnten, 1760 und 1777 schmückte ihr Ver- frtiger sie bei streifiger Gliederung durch 3andgeflechtringe nach Art von Riemen- knoten außer mit Sinnbilderwerk kalanda- isch-religiöser Prägung und soldatisch-krie- gerischen Szenen gleichfalls mit jagdlichem Getier, wie flüchtigen Hirschen, Gemsen und iuch Antilopen, Löwen, Tigern und Kamelen (Beispiele steirischer Hirtenkunst). Holz- astners Bergstock kennzeichiet eine natur- kundliche Anreicherung und zudem eine Hin- wendung auf die besonderer Interessensge- biete des „hohen Gönners", wobei er wohl aber Oppachers Wunsch auch die nützlichen jnd Zirgewächse in einem Hausgärtlein ihm Lils eifrigen Förderer der Landwirtschaft vor Augen führte. Wenn die drei (Erzherzog Jo- hann, Oppacher und Holzastner) darüber ins
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