Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 10 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 1. September 1979 Der hohe Frauentag Landesfeiertag und Bauernwerktag Der „Hohe Frauentag" im August (15. Au- gust), früher ein hoher Feiertag für das ganze gläubige Volk, ist seit 20 Jahren Landesfeiertag und - Bauernwerktag. Während die hohen geistlichen und welt- lichen Herren des Landes „landesfeiern", müssen die Nebenerwerbsbauern, die für ihre eigene Arbeit auf dem Hof nur den freien Samstag und die Sonn- und Feiertage haben. „bauernwerken". Eine ähnliche „Teilung" ist auch am Josefl tag (19. März) der Fall, wo die Beamten amtsfeiern (Amtsfeiertag), die Arbeiter aber arbeiten müssen (Werktag). Daß man den Landesfeiertag auch anders feiern kann, sieht man in Salzburg, wo der Rupertitag (24. September) Landesfeiertag für das ganze Volk ist und nicht nur Amtsfeiertag für die Beam- ten. Da die „Partei der 16 Programme" die Ne- benerwerbsbauern vergessen hat, wurde heuer ein „Verein der Nebenerwerbsbauem" gegründet. Bis zur Aufhebung der Leibeigen- schaft unter Kaiser Josef II. im Jahr 1781 mußten die leibeigenen Bauern für die Herr- schaft vier Tage roboten (arbeiten), den fünf- ten Tag für die Herrschaft auf Fischerei und den sechsten Tag mit der Herrschaft auf die Jagd gehen. 131 Jahre nach der Bauernbe- freiung im Jahr 1848 müssen freie Bauern fünf Tagein der Woche einem Nebenerwerb nach- gehen, was bei den Beamten, Angestellten und Arbeitern, dank ihrer Gewerkschaften, nicht notwendig ist. Es gab einmal eine Arbeiterfrage. Sie wurde von den christlichen und demokratischen So- zialreformen und den Arbeitern, die sich zu überparteilichen Gewerkschaften zusammen- schlossen, mit gewerkschaftlichen Mitteln ge- löst. Ungelöst blieb - bis heute - nur die Bauernfrage, da die Bauern, statt zu überpar- teilichen Gewerkschaften, sich nur zu poli- tischen Bünden zusammenschlossen und die Partei- und Bündeherren an einer Lösung der Bauemfrage gar nicht interessiert sind. Mit dem Jungbauern Hans Jauk (auf dem steirischen Jugendtag 1978) müssen wir die Frage stellen: „0 Bauernstand, wo führt das hin?" Anton Flecksberger (Über die Roboten im Brixental ist für später ein eigener Aufsatz geplant. Die Einteilung des Tales in 17 Wercharte geht auf das Schar- werk (Robot) zurück.) Bildhauer Peter Stolzlechner 65 Jahre In Kirchberg vollendete kürzlich der be- kannte Holzbildhauer Peter Stolzlechner das 65. Lebensjahr. Stolzlechner stammt aus Luttach im Sütiro- 1er Ahrntal. Sein Vater gab 1927 den dortigen Bergbauernbetrieb auf und übersiedelte nach Mariastein bei Wörgl. Für Peter Stolzlechner war da wie dort harte Bauernarbeit in der Ju- Peter Stolzlechner. Bild von Werner Nessi- Zins gend notwendig. Schon als Hüte- ub im Ahrntal hatte er geschnitzt, nun bot 1er Kon- takt mi: dem damals bekanntester. Krippen- künstler des Unterlandes, Johann Scisi in Wörgl, Gelegenheit zu weiterer S±ulung. StolzFechner pilgerte immer wieder zu dem schon kränklichen Meister und entlie hei ihm Figurer. Für das Entlehnen mußte er j -wels eine Figur nachschnitzen. Diese Kopistena:- beit war für den talentierten Burscen eine ausgezeichnete Lehre. Erst 1939 bot sich auf Intervention von Dir. Wagner in Kufstein die Gelegenheit zur schulischen Ausbildung. S:olzdechner konnte zwei Jahre lang die Mei- s:erklasse von Prof. Hans Ponliller in der Staatsgewerbeschule in Innsbruck besuchen. Dann f:'rderte der Krieg den Klnst1er. Nur während eines Genesungsurlabs kcnnte S:olzlec:hner drei Monate lang an der Akade- mie in Wien studieren. Als er 194 aus der englischen Gefangenschaft heimkam, war er 32 Jahre. alt und begann, bestens unterstützt von der Gattin Magdalena geb. Hechenberge:, ir Kirehberg mit dem Aufbau einer Existenz für die Familie, die bald für vier Söhne zu sor- gen hatte. Schweren Herzens mußte Stolz- lechner auf eine weitere Ausbildun2 an der Akademie verzichten. Er hat sich, wie man nun rückblickend feststellen kann., durch ileiß und Können durchgesetzt. Von Anfang an war Stolzlechner Holzbild- hauer. Die ersten Aufträge in der Nachlriegs- zeit kanien von Gästen aus Holland und Deutschland. Stolzlechner hat sich auch in der Zeit vjr der billigen Industriemassenware im Andenkengeschäft und in der Phase rersönli- cher Entbehrungen an seine Künstlerideale gehalten. Da er gute Ware lieferte, brauchte er sIch nie auf billige Massenprodultion .imzu-. s:ellen. Stolzlechner ist trotz der unbestreit- baren Erfolge der bescheidene Holzblldhaue geblieben, der er in seinen Anfänge-- 1 war. Der Direk:or des Tiroler Volkskunstmuseums in Innsbruck, Hofrat Dr. Josef Ringler, bestätigt ihm im Buch „Tiroler Krippen unserer Zeit", daß er sich erfreulicherweise nicht auf die Be- friedigung der Massennachfrage gestürzt hat, die innerlich nicht mehr mit dem Auftrag ver- bunden ist, sondern hübsche und achtbare künstlerische Leistungen vollbringt. Auch Ringlers Nachfolger, Hofrat Dr. Franz Colle- selli, schätzt Stolzlechners Schaffen und be- stellte eine Kleinkrippe bei ihm. Im Tiroler Volkskunstmuseum in Innsbruck steht eine Kleinkrippe von Stolzlechner, in dem erwähn- ten Buch von Dr. Ringler sind zwei Werke Stolzlechners abgebildet. Unzweifelhaft ge- hört Stolzlechner zu den Künstlern, die die ge- diegene Kleinkrippe im Tiroler Stil für die Zu- kunft gerettet haben. Eine Krippe von der Hand Stolzlechners besitzt auch die Familie des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Franz Josef Strauß. Stolzlechner hat sich zu allen Zeiten seines Schaffens zwar sehr stark mit der Krippe be- schäftigt und kann auf über 100 Werke verwei- sen, er hat aber immer auch andere religiöse Themen bearbeitet und profane Aufträge erhalten. So schnitzt er für den Kirchberger Skiklub für das Gaisbergrennen die Trophäe. Als Ingemar Stenmark diesen Siegespreis erhielt, ging im Trubel die Statue fast verloren. Einen kleinen Schaden daran behob Stenmark selbst, der sich nach Aussage seines Managers über den künstlerischen Siegespreis beson- ders freute. In der Pfarrkirche Kirchberg sind die Stuhl- wangen am neuen Kirchengestühl von Bild- hauer Peter Stolzlechner. In der Kirche istauch eine Madonnendarstellung von ihm. Stolzlechner arbeitete viel für einen Wiener Auftraggeber und konnte für die Kirche Maria am Berge Karmel in Wien eine große Josefssta- tue machen. Die meisten Werke sind in Privat- besitz, vor allem in Deutschland, Holland und Osterreich, aber auch in den USA. Herzliche Dankschreiben beweisen, daß es ihm immer wieder gelingt, mit seinen Werken Freude in die Familien zubringen. Längst ist er, obwohl ohne „Manager" und ohne „Publicity", einer der etablierten Künstler Tirols, der in seinem „Sonnenheim" am Kirchberger Sonnberg lebt und wirkt. H.W. Fahrt zur Erler Passion Die Ortsgruppe Kitzbühel des Vereins der Krippenfreunde fährt am Samstag, 1. Septem- ber, zum Passionsspiel nach Erl. Die heurige Erler Passion erhielt beste Kritik und zeigt, „daß keine Wohlstandsgesellschaft, keine Technologie und kein menschliches Wissen den tiefen Glauben Jesus von Nazareth er- setzen können, dessen Leiden und Sterben wiederum im Mittelpunkt der Erler Passion steht." Der Krippenverein ladet zum Mitfah- ren herzlich ein. Anmeldung bei Obmann Dir. Peter Brandstätter, Tel. 24 96. Fahrtkosten: 50 Schilling plus reservierte Eintrittskarte. Abfahrt am Samstag, 1. September, 10.45 Uhr (pünktlich) hinter dem Rathaus. Das Spiel dauert bis 16 Uhr.
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