Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Das Kühe- Viergespann des Waldhofbauer, im Hintergrund die Stadt Kitzbühel; links das vor einigen Jahren abgebrochene Hotel Kitzbüheler Hof. Seite 8 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 15. März 1980 Die Bamberger Oblei in Kitzbühel und ihre Anfänge Obleien sind Schenkungen zum Zwecke des Gebetsgedächtnisses 3 Erste Erwähnung von Kitzbühel 1065 • Erste Erwähnung von Aurach und Jochberg 1180 • von Chizzingensbuhel zu Kitzbühel Von Josef Riedmann aus: Tiroler Heimat 35 (1971) Welche Abgaben hatte die Oblei an die Domkanoniker zu leisten? Die in Bam- berg verwahrten Archivalien, die bis in das 12. Jahrhundert zurückreichen, geben darüber keine erschöpfende Auskunft. Anfänglich hatte die alte Oblei in Kitzbü- hel Käse zu liefern, und zwar für die Wo- che vor dem Fest Johannes des Täufers, in der die Domherren kein Fleisch aßen, sondern sich mit Fisch und Käse begnüg- ten. Diese Naturalabgabe, die wohl mit Rücksicht auf die weite Entfernung im folgenden Jahrhundert durch die Zahlung eines Talents abgelöst wurde, mag den Kanonikern nicht unwillkommen gewesen sein, da das Gebiet von Kitzbühel gewiß auch damals für die Milchwirtschaft ge- eignet war. (Für die besondere Güte des im Gebiet von Kitzbühel erzeugten Käses konnte Dietmar Assmann in seinem Bei- trag »Das Werden der Kulturlandschaft des Kitzbüheler Raumes« Stadtbuch Kitz- bühel, Band 1, S 93, Zeugnisse aus dem 16. und 19. Jhd. aufzeigen.) Weitere Geldzinse sind im 13. und 14. Jahrhun- dert bezeugt: Im März und im September waren je 10 Regensburger Talente bezie- hungsweise 1 P Pfund Heller fällig. Für diese offensichtlich nur geringen Zinse muß man weniger die Lückenhaf- tigkeit der Quellen als vielmehr die Eigen- art der Wirtschaftsform des bambergi- schen Domstifts in Rechnung stellen. Le- ben ursprünglich die Mitglieder des Kapi- tals in der vita communis zusammen, so zeigten sich schon sehr bald Auflösungs- erscheinungen in der Gemeinschaft. Seit etwa 1200 treffen wir einzelne Domher- ren als persönliche und alleinige Inhaber einer oder mehrerer Obleien an. Diese Art der Nutzung des Kapitalvermögens wurde auch beim Kitzbüheler Güterkomplex ge- übt. So übertrugen im Jahre 1324 der Domdekan Heinrich und das gesamte Ka- pitel von Bamberg ihrem Mitkanoniker Leopold von Schweinhaupten den Oblei- besitz von Kitzbühel. Im ausgehenden Mittelalter vereinigten einige Domherren neben der Oblei in Tirol noch an die zwanzig weitere in ihrer Hand. Der Ertrag der Oblei floß als Pfründe ihrem jeweili- gen Inhaber zu. Er war nur verpflichtet, seinen Mitkanonikern bestimmte Abga- ben, sogenannte Canones, aus seiner Oblei zu gewissen Terminen zu leisten. Die oben angeführten Geldbeträge sind solche Canones. Sie sagten nichts darüber aus, Einkünfte welcher Art und in wel- cher Höhe der Bamberger Domherr dar- aus zog, der im Besitz der Kitzbüheler Oblei war. Darüber könnten wohl die im Kitzbüheler Stadtarchiv vorhandenen Ar- chivalien, vor allem die Urbare und ähnli- che Aufzeichnungen, Auskunft geben. Eine erste Orientierung ermöglichen auch die Angaben im herzoglichen Sal- buch des Gerichtes Kitzbühel von 1416, das auch Nachrichten über die Bamberger Oblei enthält. (Das Kitzbüheler Salbuch von 1416 wurde von Eduard Widmoser im Stadtbuch Kitzbühel, 1. Band, Seiten 111 - 193, beschrieben und sein Inhalt eingehend tabellarisch dargestellt.) Insge- samt finden sich darin 51 Güter verzeich- net, die dieser Grundherrschaft angehör- ten. Dazu kommen noch einzelne Höfe, die nicht in dieser Organisationsform er- faßt sind, so daß die Gesamtzahl der Bamberger Güter im Gericht Kitzbühel 64 beträgt. Damit stand das fränkische Domstift der Größe nach an vierter Stelle unter den Grundherrschaften; nur der bayrische Herzog sowie Chiemsee und das Kloster Rott am Inn mit seiner Hofmark Pillersee verfügten über ausgedehnteren Besitz im Gericht. Die bäuerlichen Hin- tersassen unterstanden zum größten Teil auch mit ihrem Leib dem Bamberger Domstift; vereinzelt saßen bambergische Eigenleute auch auf Gütern fremder Ei- gentümer, so daß das Domstift alle ande- ren geistlichen Gemeinschaften an Zahl der Leibeigenen übertraf. An grundherr- schaftlichen Steuern waren nach dem Ausweis des Salbuches 161 Pfund zu lei- sten. Viel bedeutender waren jedoch die Beträge, die als Herbst- und Maisteuer dem Landesfürsten gezinst werden muß- ten. Der Herzog von Bayern bezog vom Bamberger Amt unter diesem Rechtstitel jährlich 761 Pfund. Dazu traten noch Na- turalabgaben (Vogtei- und Richterhafer), die ebenfalls nicht dem Domkapitel bezie- hungsweise dem jeweiligen Inhaber der Oblei zugute kamen. Allein diese Beträge führen deutlich vor Augen, wer den größ- ten Nutzen aus den Besitzungen zog. Es war nicht der in weiter Entfernung resi- dierende Grundherr, sondern der durch seine Organe gegenwärtige Landesfürst. Diese Zusammenhänge machen auch den Verkauf der Oblei im 16. Jahrhundert verständlich. Aufmerksamkeit verdienen schließlich noch die Namensformen, die uns in den Bamberger Quellen entgegentreten. Sollte die Identifizierung von Luchental mit Leukental zu Recht bestehen, so wäre dies die älteste Erwähnung dieses Namens (1065), soweit so bisher bekannt wurde. Wichtiger sind die neuen Belege der ver- schiedenen Formen des Ortsnamens Kitz- bühel, die jüngst Karl Finsterwalder aus- führlich besprochen hat. (Namenkunde des Kitzbüheler Raumes, Stadtbuch Kitz- bühel, Band 4, Seiten 11 - 60.) Die be- reits oben zitierte Pfründenordnung liegt in einer Abschrift des 13. Jahrhunderts vor; ihre Substanz gehört dem vorherge- henden Säkulum an. Darin findet sich Kizzingespuhel, während in einem Ver- zeichnis verschiedener Obleigefälle aus dem 13. Jahrhundert Kyzingesbuhel und in einer ähnlichen Zusammenstellung aus dem folgenden Jahrhundert Kitzpuel ver- wendet werden. Es fällt auf, daß in den Bamberger Quellen in älterer Zeit die längere Form Kizzingespuhel gebräuchlich war und sich erst später die moderne Schreibweise durchsetzte. Finsterwalder deutet die bei- den bereits aus nichtbambergischen Quel- len bekannten Variationen des Ortsna- mens auf zwei ursprünglich getrennte Nie- derlassungen, auf eine kleine Wohnburg (Chizbuhel) und eine benachbarte land-
< Page 7 | Page 9 >
< Page 7 | Page 9 >