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Seite 18 Kitzbüheler Anzeiger Samstag. 28. Juni 1980 Jahreshauptversammlung des Tierschutzvereins Kitzbühel Am Samstag, 24. Mai 1980, fand im Ho- tel Klausner in Kitzbühel die diesjährige Jahreshauptversammlung unseres heimi- schen Tierschutzvereines statt. Unser treues Stammpublikum hatte sich wieder eingefunden und zur üblichen freundli- chen Stimmung beigetragen, wie sie unter uns Tierschützern sein soll. Obm. Frau Emmy Ganster begrüßte die Tierfreunde und dankte besonders Herrn Stadtrat Dir. Peter Brandstätter und der Vertretung un- seres benachbarten Tierschutzvereines Salzburg-Pinzgau, den beiden Damen Brunnbauer, für ihr Erscheinen. Der Hauptreferent des Tages, Herr Dir. Dr. Peter Pechlaner, Direktor des Alpenzoos Innsbruck, wurde ja schon in der Einla- dung angekündigt und ebenfalls herzlich begrüßt. Die Vereinsleitung ist immer be- strebt, die verwaltungstechnischen Mittei- lungen möglichst kurz zu halten; nach Verlesung des Kassaberichtes kann jedes Mitglied in die Buchführung Einsicht neh- men, die immer von Herrn Bucher des Fi- nanzamtes Kitzbühel geprüft wird, dem wir an dieser Stelle herzlichst für seine un- eigennützige Tätigkeit danken möchten. Unser Vereinstierarzt Dr. Edgar Gan- ster bringt dann einen kurzen Überblick über die Tierschutzambulanz während des abgelaufenen Vereinsjahres. Auch hier war die Frequenz steigend, aber zum Glück nicht bei den Tieren, die in der Am- bulanz eingeschläfert werden mußten; sondern hauptsächlich bei der Hilfestel- lung für verletzte oder kranke Tiere, de- ren Besitzer nicht gleich ausgeforscht wer- den konnten. Ansteigend ist auch die Zahl der Sterilisationen, aber das liegt in der Erfüllung des Programms, welches sich der Verein vorgenommen hatte, um be- sonders das Katzenelend zu verringern. Und das ist auch gelungen. Aus der Vereinstätigkeit berichtet dann Obm. Frau Ganster, daß die Arbeit in der Hauptsache auf lokaler und Bezirksebene liegt. Hier gibt es im Verlaufe eines Ver- einsjahres genug zu tun, wenn auch tier- quälerische Meldungen oder Vorkomm- nisse weniger geworden sind. Damit wäre auch der Zweck unseres Vereines teilweise erfüllt und diese Tatsache möchten wir eben doch gerne auf unsere Arbeit zu- rückführen und auf diesem Wege weiter- gehen. Frau Ganster verweist wieder dar- auf, daß anonymen Anzeigen kaum nach- gegangen werden kann und ein Anrufer oder Schreiber doch bitte sagen soll, wer er ist. Seine Person wird bei einer Erhe- bung bestimmt nicht verwendet, wenn sich aber Meldungen als falsch erweisen, was leider nur zu oft der Fall ist und per- sönliche Differenzen auf dem Rücken der Tiere ausgetragen werden sollen, dann muß der Verein wohl das Recht haben, so einen Denunzianten zur Rede zu stellen. Wesentlich für einen Verein ist die gute Zusammenarbeit mit Behörden und Exe- kutive. Besonders die Gendarmerie er- fährt von tierquälerischen Fällen oft frü- her als der Verein und erhebt von sich aus bzw. erstattet Anzeigen. Wir danken da- für im Namen unserer Tierfreunde. Wir Tierschützer werden mit den Tierschutz- gesetzen wohl nie zufrieden sein und dar- an arbeiten, die bestehenden immer wie- der zu verbessern. Derzeit sind die Geset- ze noch Landessache, aber alle Vereine sind bestrebt, ein einheitliches Bundes- Tierschutzgesetz zu erreichen, von dem wir uns Verbesserungen erwarten. Unser Verein ist Mitglied beim Welttierschutz- bund und beim Verband österr. Tier- schutzvereine. Im Letzteren haben wir dann die Möglichkeit, Fragen zu erörtern, die unser ganzes Bundesgebiet betreffen. Nach vielen Jahren steht nun endlich auch das Artenschutzabkommen vor der Un- terzeichnung durch die österr. Bundesre- gierung. Derzeit arbeitet der Verband an der Aufbringung eines Volksbegehrens gegen die Massentierhaltung, denn die Schweiz und Dänemark haben z.B. die Batteriehaltung der Hühner schon verbo- ten. Auch wird daran gearbeitet, für die Vermietung von Reitpferden einen Befä- higungsnachweis durch die Behörden vor- schreiben zu lassen, was derzeit leider noch nicht der Fall ist. Die Vogelfutteraktion des Vereins im Winter gehört schon zur Selbstverständ- lichkeit und wird auch weiterhin unter- stützt. Im Herbst plant der Verein einen ge- meinsamen Ausflug in den Alpenzoo Innsbruck, die Mitglieder werden dann rechtzeitig davon verständigt. Wie schon in unserem Tierschutzbrief erwähnt, bleibt auch der Mitgliedsbeitrag in gleicher Höhe von S 30.—, ein Betrag, den wir nun schon 13 Jahre lang gleich niedrig halten. Aber unsere Mitglieder wissen dies zu schätzen und geben immer etwas dazu. So können wir bisher alle unsere Ausga- ben und Aufgaben erfüllen. Nach diesem kurzen Tätigkeitsbericht bittet Frau Ganster Herrn Dir. Dr. Pech- laner, seinen Vortrag zu beginnen, der un- ter dem Thema »Tierchutz und Zoo« steht. »Von jeder Privatperson muß man ver- langen, daß sie ihre Tiere nicht nur gut unterbringt, sondern auch den Bedürfnis- sen entsprechend versorgt. Einem Tier- garten genügen jedoch nicht die Mindest- anforderungen, er muß richtungsweisend und beispielgebend sein. Denn während bei unseren Haustieren ratsuchende Men- schen sich in erster Linie an den örtlichen Tierschutzverein wenden, kommen An- fragen bezüglich verletzt gefundener Wildtiere oder aus dem Nest gefallener Jungvögel automatisch an den Zoo. Auch was die Haltung von Tieren betrifft, muß der Zoo häufig Auskunft erteilen. Viele Menschen kommen aber auch in den Tier- garten, nicht nur um sich am Anblick der Tiere zu erfreuen, um sich biologisch wei- terzubilden, sondern vor allem auch um Anregungen zu erhalten, um Tiere richtig zu pflegen. Entscheidend für das Wohlbefinden von Tieren in menschlicher Pflege ist die artgemäße Zusammensetzung der Gruppe. Im Gehege muß man also jene biologische Einheit unterbingen, die auch den natürli- chen Gegebenheiten entspricht. Sehr viele Vögel leben auch in der Natur paarweise und beanspruchen ein eigenes Revier, das sie gegenüber Artgenossen entsprechend zu verteidigen wissen. Manchmal schwär- men Laien von gewaltigen Großvolieren, die sie in einem Tiergarten gesehen haben, in dem dann Dutzende von Vögeln unter- gebracht sind. Es wäre ja auch nicht mög- lich, für nur ein Vogelpaar so eine riesige Anlage zu errichten. Nur mit einem Bei- spiel kann man erklären, wie unglücklich sich diese Vögel dort fühlen müssen. Je- der wird verstehen, daß 5 Familien lang- fristig lieber je eine Kleinwohnung bean- spruchen möchten, als gemeinsam in einer riesigen Turnhalle zu leben. Dieses Be- dürfnis nach Ungestörtheit, nach einem eigenen Revier und Sicherheit können wir getrost vom Menschen auf das Tier über- tragen. Dieses Verhalten ist jedoch nicht bei allen Vögeln gleich, denn Waldrappen sind beispielsweise 'Koloniebrüter und schreiten daher nur dann zur Fortpflan- zung, wenn mehrere Paare gemeinsam ei- ne größere Voliere bewohnen. Anderer- seits muß auch dem Umstand Rechnung getragen werden, daß man Vögel des glei- chen Lebensraumes nicht beliebig in ein Gehege bringen darf. Bartgeier beispiels- weise würden niemals zur Fortpflanzung schreiten, würde man sie gemeinsam mit anderen Großgeiern in einer Voliere hal- ten. Ja, es kommt noch schlimmer! Diese Vögel würden unter dem ständigen Streß der Mitbewohner so sehr leiden, daß sie sicher in einiger Zeit verenden würden. Sinngemäß verhält sich die Gehegehal- tung auch bei verschiedenen Säugetieren. Unproblematisch sind Alpensteinböcke, die man ganzjährig in jeder beliebigen Ge- schlechtszusammensetzung auf einer An- lage unterbringen kann. Die Böcke be- stimmen zwar durch Rangordnungs- kämpfe, wer die brünstigen Geißen decken darf, doch wird ein Steinbock auch im Gehege nie einen anderen ernst- lich verletzen. Undenkbar wäre dies bei Reh, Hirsch oder Gemse. Der Gamsbock sondert sich auch in der Natur nach der Brunft ab und wird zum Einzelgänger. Er entwickelt dann einen sogenannten Platz- neid. Er würde also im Gehege die Geißen aus seinem Revier vertreiben wollen und sie dabei sicher tödlich verletzen. Auch der Rehbock würde seine Geißen forkeln, weshalb dieser unmittelbar nach dem Ver- fegen, Anfang April, von diesen getrennt gehalten werden muß. Eine ebenso große Rolle wie die Unter- bringung spielt jedoch die Fütterung. Hier muß grundsätzlich davon ausgegan- gen werden, daß man dem Wildtier eine Vielfalt von Futtermitteln anbieten muß, um möglichst nahe an die natürliche Er- nährung heranzukommen. So gibt es auch im Alpenzoo kein Tier, das irgendein Ein-
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