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Ein B!k* in den Veuwirtsaal wahrend des VGrtrages von Dr. Taus. Samstag, 28. Juni 1980 Kit:hiihc cr Anzeiger Seite 2 faßt weit über eine Viertel-Million Men- schen Arbeit und Brot. Eine grandiose Leistung, aber die Fremdenverkehrswirtschaft ist beileibe nicht sorgenfrei. Die Verschuldung mit 31 Milliarden Schilling, die stagnierende bis leicht rück- läufige Betriebsauslastung sowie der Preisverfall sind schwere Probleme, deren Lösung nicht in Sicht ist. Die Fremdenverkehrswirtschaft spielt aber nicht im luftleeren Raum ab, im Ge- genteil, abgesehen von den 10 0,16 Städte- tourismus, zu 90% im ländlichen Raum und hier in Osterreich zum Teil wiederum im bergbäuerlichen Raum. 130.000 berg- bäuerliche Betriebe, in denen heute noch über eine halbe Million Menschen ihr oft karges Auslangen finden müssen, sorgen für die Bearbeitung von fast 60% der ge- samten landwirtschaftlichen Kulturflä- che. Sie kümmern sich um das Gleichge- wicht im Naturhaushalt, sie stellen Grün-, Erholungs- und Sportflächen zur Verfü- gung, sie produzieren lebenswichtige Grundnahrungsmittel und Rohstoffe, sie sorgen für den Nachwuchs im österreichi- schen Fremdenverkehrsweg und sie tragen einen großen Teil unseres kulturellen Le- bens mit. Diese österreichischen Bergbauern sind keine Landschaftsgärtner. Streichen wir diesen aus der Unkenntnis des Verantwor- tungsbereiches heraus entstandenen Pseu- dobegriff aus unserem Sprachgebrauch. Diese österreichischen Bergbauern sind Bürger unseres Staates, die zwar kleine Produktionseinheiten betreiben und mit Mühe aufrechterhalten, aber große Auf- gaben zum Gelingen der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft und damit der gesamten Volkswirtschaft erfüllen. Zweifelsohne hat die fremdenverkehrs- wirtschaftliche Expansion dazu maßgeb- lich beigetragen, daß durch zusätzliche Arbeitsplätze und durch zusätzliche Ein- kommen die Bergbauern in Tirol und in den übrigen Gebirgs-Bundesländern bis- lang und zum großen Teil auf ihren Hö- fen verblieben sind. Das heißt, das wertvolles, bäuerliches Kulturland durch eine sich darin ent- wickelnde Wirtschaft, wenn schon nicht überall verbessert, so doch intakt gehalten werden konnte. Die Frage, wie lange noch ist nicht be- antwortet! Die Folgen einer breiten Ab- wanderung aber können mit Sicherheit vorausgesagt werden: Sie wären für die Fremdenverkehrswirt- schaft der Alpenbundesländer katastro- phal und für die österreichische Volks- wirtschaft ein schwerer, nicht verdauba- rer Schlag. Zwischen der Landwirtschaft und der Fremdenverkehrwirtschaft bestehen noch Auffassungsunterschiede. Sie werden ge- meinsam einen modus vivendi finden, der einerseits die Fremdenverkehrswirtschaft weiter zu beleben in der Lage ist, und an- dererseits der Landwirtschaft eine bessere wirtschaftliche Nutzung ihres Lebensrau- mes bringt. Wesentlich, wenn nicht lebenswichtig, wird jedoch für die Zukunft auch die Re- gulierung cer tour:stisch quanitativen Ex- pansion se--n. Jeder Ort, jede Gemeinde. jedes Tal, jeder Ciroßraum hat eine vor. der Natur vorgegebene Aufnahmegrenze. Wird d:e Umwelt Lber Gebühr strapaziert und belastet, beginn: die Flucht der kngssuchenden Gäs:e. Es wird den B'rgermeistern nicht er- spart bleiben, auf Basis des RaumDrd- nungsgesetzes und der Flächenwidmungs- pläne wirkungsvolle Maßnahmen z set- zen. Man beachte nur aufmerksam da Zu- sarnme uwachsen der Un terinntal er Orte, der Orte im Zillertal. der Orte im Brixen- tal. 15 bis 30 km lange Streusiedlungen werden den Fremdenverkerir nicht weiter- bringen unc auch nicht zur Erschließung jedes Gipfels --n--t einer Seil baim und jedes Gletschers mit einem Netz von Liften. IcIr glaube auch nicht, daß es kommende Ge- nerationen, die auch 'iom Tourismus le- ben sollen, den s---genannt--n Managern dan<en werden, wenn auf unseren Glet- schern heute Salz gestreut ''iri, damit um vierzehn Tage früher künstlicher F:rn er- zeug: werden kann! Das wäre in meinen ALgen der Beginn eines vorsätzlichen Mordes der Umwelt! -ch möchte meine Betrachtungen nicht ohne Lösungsvcrschl.ge beenden. Zwitgen wir uns an der Qualität ZL ar- beiten, das heißt, nicht nur Bäder in unsere Zimmer einzubauen und Sport- anlagen in unseren Gemeinden zu er- ri:hten, sondern zwingen wir ins vor allem, mit unserem Grünand sparsam umzugehen, denn der Fremdenverkehr is: Produktion von Dienstleisturg, zu dessen KDnsumation Raum, Na:ir, Umwell notwendig sind. Nicht jedes weichende K:nd wird :r der Zukunft im Schatten de Elternhauses auch wieder ein Häuschen, eine Pen- ion, ein Hctel bauen können! Es wird ein Aufbruch nach Außen kommen massen! Man wird sich aufraffen müssen und sich aus dem mütterlichen Schoß. Schutz und Schirm befreien müssen, sich eine neue Urwe1t, neue Räume erschließen müssen! Deshalb braucht niemand nach Drei- zehnlinden auszuwandern. Man kann in- ne:-österreichisch ncch in weiten Gebieten verheißungsvolle tcuris:ische Arbeit lei- sten und solide Existenzen aufbauen. Die Einbringung von Kapital und Know 1-bw. vo Erfalrung in noch nicht erschlossene Räume scllte nicht nur beg:Jßt, sondern mi: ma:eriellen Ansied1urgsreizen be- lohnt werden, denn allein die in klassi- schen tnuristischen Zentren im Laufe von Generationen gesammelten Kenntnisse müßten sonst dort erst in jahrzehntelan- gen Lernprozessen wiederum schwer erar- beitet werden. S, wie in der Industrie Standorte wich- tig sind und gesucht, cft verandert werden müssen, so wird es der Fremdenverkehrs- wirtschafi in Osterreich und insbesonders den einer Sättigung entgegengehenden Fremdenverkehr- Bundeslän i ern bzw. de- ren kommender Gene raticn nicht erspart bleiben, ebenfalls den Weg der Suche nach neuen touristischen Standorten zu gehen. Es wird auf jeden Fall sowohl für den Einzelnen als auch für Osterreich nützli- cher sein, als die letz-e Wiese daheim zu verhauen und aufgrund des dann zwin- gend kommenden Fluchteffektes seinen eigenen rtschaf:lichen Ruin mitansehen zu müssen. Vielleicht leitet die tüchtige, strebsame, dynamisch veranlag-.e Junge Wirtschaf: Tirols heute e--ne neue touristi- sche EvDiution ein? Sie könn:e eine Ant- wort auf die gestellte Frage sein und ein Beispiel dafür werden, dEP, Wirtschaft und Umwelt nicht unvereinbar sind, son- dern im Gegente:l, sich Wirtschaft und Umwelt vereint segensreich und zum Wohle alle: entwickeln können.
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