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Seite 26 Kitzbüheler Anzeiger Samstag. 2. Juni 1() Endlich war der Tag der Abreise, 14. Mai, 22 Uhr, ab St. Johann gekommen. Die Kameraden aus dem Pillersee-Raum saßen bereits im neuen Großraumbus der Firma Dödlinger. Nachdem alles an Gü- tern verladen war, konnte das Abenteuer beginnen. Gespannte Erwartung durfte man aus den Gesichtern der Reisenden le- sen, was da wohl auf sie zukommen soll- te. Die Fahrt verlief an sich, nach Rastpau- sen an der Grenze, in Stuttgart und am Winnenstein bei Heilbronn, sehr ruhig, wie meist bei Nachtfahrten. An Schlaf war kaum zu denken. So steuerten wir un- serem Ziel und Treffpunkt am Autodrom bei Hockenheim am Rhein entgegen, der allen Auto- und Motorfreunden ein Be- griff ist. Für 7 Uhr früh war hier die Begrüßung durch unsere Pfälzer Kameraden vorgese- hen. Durch Gottes Fügung, der Ver- wechslung der vereinbarten Örtlichkeit, kamen Gruß und Geleit erst in Edenko- ben zustande. Dieser Umstand tat jedoch dem Geschehen keinen Abbruch. Bekannt- lich führen derart unvermutete Vor- kommnisse sehr zum Wohle und Gelingen für alle Beteiligten bei. Um 1/2 9 Uhr er- reichten wir das ersehnte Ziel Edenkoben. Herzliche Begrüßung durch den Vorsit- zenden Hans Osche und seine Mitglieder sowie zahlreiche Freunde. Nach dem rüh- renden Empfang wurden wir in das Hotel Tivoli geleitet. Dort war für uns bereits ein schöner Frühstückstisch vom Besitzer, Kamerad Heinz Göring, angerichtet. Ka- merad Heinz und seine Mitarbeiter sollten sich während unseres Aufenthaltes als Hüter des leiblichen Wohlbefindens, dank ihrer Umsicht, erweisen. Nach einer kurzen Ruhepause wurde uns ein reichliches Mittagessen serviert. Man konnte feststellen, daß auch in frem- den Landen auch wohlfeil und geschmack- voll getafelt werden kann. Während des Essens traf unser Vize- bürgermeister Fritz Randl bei uns ein und wurde mit großem Hallo begrüßt. Er rei- ste mit dem eigenen Wagen an, weil weite- re Verbindlichkeiten in nachbarlichen Re- gionen auf ihn warteten. Noch geplagt von der »Mittagsmüh'« hat Hans Osche, der schier Unermüdli- che, aufs Neue eine Fahrt geplant - eine Besichtigung der näheren Umgebung. Die Stadt Edenkoben an der deutschen Wein- straße liegt eingebettet mitten unzähliger herrlicher Weingärten. Die Fahrt führte durch unzählige enge Gassen dieser zwei- tausendjährigen malerischen Weinstadt der südlichen Pfalz, dem Sonnengau. Hier in diesem Gebiet lehnt sich auch die Nibelungensage an. Beiderseits der Straßen gewaltige Reb- kulturen, gespickt mit allen Geräten zur Bebauung und Verarbeitung nach der Le- se. Hinauf ging es zu den Anhöhen des Haardtgebirges, einem Ausläufer des sich vom französischen Jura und der burgun- dischen Pforte bei Mühihausen und Bei- fort sich in nördlicher Richtung bis an den Rhein hinziehenden Höhenzuges der Vo- gesen. Am Fuße des Bergstockes herrliche Wälder von Edelkastanien und Buchen, in höheren Lagen Föhren- und Fichten- haine, der vielbesungene, beliebte und größte deutsche Wald, der Pfälzerwald. Ziel dieser Reise war das Siegesdenkmal von 1871 aus dem deutsch-französischen Krieg, heute umgestaltet und umbenannt als Friedensdenkmal. Erbaut aus pfälzi- schem Sandstein, versehen mit den Wap- pen aller deutschen Länder und Fürsten- tümer. Standbilder des Kaisers und der Könige von Baiern, die lange Zeit, wie auch bei uns, Landesherren waren. Das Reiterstandbild, einen jungen Krieger darstellend, ehemals mit Siegessymbolen, heute mit solchen des Friedens versehen. Ausblick auf die Fluren der Rheinebene, hin zum Odenwald und zum nördlichen Schwarzwald, dem Gebiet der Bergstraße bei Heidelberg. Anschließend begaben wir uns zur Kaf- feejause ins Jugendheim der Pfälzischen Jungwinzer bei St. Martin ob Edenkoben. Die Berghänge abwärts ging es zurück zu den Gastgebern. Nach dem Abendessen war eine Filmvorführung vom Aufenthalt unserer Freunde in unserer ebenso schö- nen Heimat und ihren Eindrücken, die sie mit nach Hause nehmen konnten, die wohl auch für sie fortan unvergeßlich sein werden. Neue Kontakte zum beiderseiti- gen Verstehen bahnten sich an. Doch nun, nach reichlicher Anspannung, war es an der Zeit, sich der Ruhe hinzugeben. Der erste Tag der Reise durfte ins Gestern abgebucht werden. Zeitig am Freitag, nach einem prächti- gen Frühstück, brachte man uns aufs Neue hinaus in die herrliche Natur dieses geschichtsträchtigen Landes der europäi- schen Vergangenheit. Unsere Kameraden Hans, Helmut und Robert leiteten diese Rundfahrt durch die südlichen Weingute und den Wasgau, ei- nem lieblichen Gebiet mit Mittelgebirgs- charakter. Karge Bauernwirtschaften, gewaltige Laubwälder, Quellen für Jäger- herzen, wo Hirsche, Rehe, Wildsauen und prachtvolle Feldhasen streifen. Kleine, nette Dörfer, hineingestreut durch eine Laune der Natur. Vorbei an Winzerfluren, dann wieder durch enge Straßen, nach Einweisung von Freund Hans, bewältigte diese Fahrten unser Fahrer Sepp in zentimetrischer Ge- nauigkeit und meisterlicher Fahrkunst mit unserem riesigen Bus. Über Bad Annwei- 1er, der alten Reichsstadt, sollte es einer- stes Verweilen am »Trifeis«, der uralten Reichsburg fränkisch-deutscher Kaiser, geben. Die Burg Trifels, möglicherweise schon vorchristlichen Ursprungs, 500 m hoch gelegen am Sonnenberg, von Kelten, Rö- mern und germanischen Völkern benutzt, war Hort deutscher Reichskleinoden bis 1200 nach Christus. Heute befinden sich die Nachbildungen der deutschen Kaiser- krone mit Zepter und Reichsapfel im Kai- sersaal. Die Originale befinden sich im Österreichischen Nationalmuseum in Wien. Nach Niederlegung der deutschen Kaiserwürde durch Kaiser Franz 1. im Jahre 1806 verblieben die Insignien Kaiser Karls des Großen in österreichischem Be- sitz. Trifels wurde mehrmals umgebaut bzw. restauriert, zuletzt nach dem 2. Weltkrieg, nachdem sie bis zu schamvol- ler Nacktheit geplündert wurde. Die hochaufragenden Felsen beherbergen heute ideale Klettergärten am Fuße der Burg. Von der Zinne, weit der Blick gespannt ins Hessen- und dem Badner-Land nach dem Elsaß, dem der Saar der Rhein - ein Silberband ein herrlich Pfälzer Erd - fürwahr. Am Parkplatz, beim Turm, bot unsere beliebte Musik und die Trachtengruppe »s'Kaisertaltrio«: Der Anderl, der Walter, der Loisl als Sängerin im Bunde seine Lisl zum Gaudium, zur Jause und Wohl volkstümliche Weisen aus Tirol. Weiterfahrt durchs Land. In der Nähe der Burgruinen Lindelbrunn und Rötel- stein gab es neuerlich ein Halten. Hier wurde Mittag gegessen. Besichtigung von Weißenburg im El- saß. Viel Sehenswertes gab es zu sehen: Kirchen, historische Bauten, Stadtmauer und Wehrgänge. Zurück zur Grenze nach Schwaigen. Hier durchfuhren wir das berühmte Weintor. Viele alte Fässer waren an den Hausfassaden zur Schau gestellt. Alte Keiterpressen, die größten ihrer Art, Kü- fer oder Faßbindergeräte zu Hauf, ein Daubenhobel, ca. drei Meter lang, als Bockbank waren anzuschauen. Eine Weinprobe wurde verkostet. In Schwai- gen befindet sich die größte Weinbau- schule Deutschlands und darüberhinaus. Schüler aus allen Weinbaugegenden holen sich hier das nötige Wissen. Da gibt es die längsten Weinlehrpfade, auch grenzüber- schreitend, die sich kilometerweit und stundenlang dahinziehen. Jetzt, ohne Hadern über Schwaigen und Bad Bergzabern, weitbekannter Kur- und Badeort, nach Anweiler. Hier befin- det sich das größte bewirtschaftete Wein- faß, darinnen der Ausschank stattfindet. Nördlich von Landau, in Richtung Eden- koben und Neustadt an der Weinstraße, sieht man inmitten der Weingärten viele Ölförderungspumpen mit einer möglichen Hubleistung von 37 Liter Erdöl pro Minu- te. Auch mit diesem Produkt ist das Land gesegnet. Abends 6 Uhr endlich wieder, nach dem vielen Schauen ermüdet, beim Kame- raden Heinz angelangt. Nach dem Abendessen folgte der feier- liche Teil der offiziellen Begrüßung, ge- mütlichem Beisammensein bei Tanz und Kurzweil. Fortsetzung folgt Fortsetzung von Ausgabe Nr. 25 Freundschaftsbesuch Tiroler Kriegsopfer in Edenkoben, Rheinland-Pfalz, vom 14. bis 18. Mai 1980
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