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Die Schützenkompanie Kitzbühel mit Kommandant Schützenhauptmann Dr. Otto Wendung bei der 700-Jahr-Feier der Stadterhebung am 24. September 1978 in Sterzing. Samstag, 2. August 1980 Kitzbüheler Anzeiger Seite 31 20 Jahre Schützenkompanie Sterzing Beachtenswerte Festrede des Altbgm. LR Karl Oberhauser am 20. Juli 1980 auf dem Stadtplatz in Sterzing. Die Schützenkompanie Sterzing (Hauptmann Rudi Ninz) feierte bei freundlichem Schützenwetter am Sonntag den 20. Juli d.J., ihren 20. Geburtstag. Die Schützenkompanie Kitzbühel nahm an diesem Fest in ihrer Eigenschaft als Schwesterkompanie der beiden Tiroler Partnerstädte Kitzbühel—Sterzing als Eh- renkompanie teil. Sie ist es, die seit Beste- hen dieser echt sinnvollen Partnerschaft, Bindeglied der Bevölkerung dieser beiden Städte ist. Die Festrede auf dem mit weiß- roten, weiß-grünen und mit der Kitzbühe- 1er Stadtfahne geschmückten Sterzinger Stadtplatz hielt Landesrat Karl Oberhau- ser, der anläßlich der Verschwisterung der Städte Kitzbühel—Sterzing Bürgermeister von Sterzing war. Wir geben seine von der Öffentlichkeit viel beachtete und für ei- nen Tiroler Politiker im fremden Staats- verband mutige Rede nachstehend unge- kürzt wieder: »Meine lieben Schützenkameraden! Sehr geehrte Ehrengäste! Sehr verehrte Festgäste? Liebe Mitbürger! Meine Da- men und Herrn! Sterzing präsentiert sich heute im Fest- schmuck. Die weißroten Tiroler Fahnen und die Schützenfahnen grüßen von den Hausfassaden herunter. Ein wahrhaft far- benfrohes Bild, das uns beinahe wieder zur Gewohnheit geworden ist. Und doch mußte Südtirol jahrzehntelang auf diese Farben in der Tiroler Fahne, mußte auf alle diese schönen Trachten, mußte auf al- les, was tirolerisch und deutsch war, ver- zichten. Darum wollen wir froh und dankbar sein, daß wir nun alle unsere heimatlichen Feste in Frieden und Freiheit und nach der Väter Brauch und Sitten begehen und feiern können. Heute hat unsere Schützenkompanie Geburtstag. Ein Geburtstag ist ein Fami- lienfest. Unser Geburtstag als Schützen- kompanie ist ein Stadtfest. Unsere Kom- panie ist 20 Jahre alt geworden. Ein An- laß, der es verdient, gefeiert zu werden. Ein Anlaß, der eine Rückbesinnung ver- langt. Dadurch, daß der Friedensvertrag nach dem ersten Weltkrieg für uns Südtiroler durch den Willen der Siegermächte einen unglücklichen Ausgang genommen hat und unser Land vom österreichischen Mutterlang gewaltsam losgetrennt wor- den ist und zu Italien geschlagen wurde, wurde auch das Trachten- und Schützen- wesen verboten. Die brutale faschistische Unterdrückung wollte das Deutschtum in unserem Lande ausmerzen, wollte aus den Südtirolern Italiener machen. Ein Unter- fangen, das von Anbeginn zum Scheitern verurteilt war, das aber unserem Volke tiefe Wunden geschlagen hat, die an man- chen Stellen heute noch nicht ganz ver- narbt sind. Viele unserer Landsleute muß- ten die Heimat verlassen und sich in der Fremde eine neue Existenz aufbauen, mußten sich eine neue Heimat suchen, wobei sie das Heimweh heute noch plagt. Südtirol ist Unrecht geschehen, eine ganze Kette von Unrecht ist über unser Land hereingebrochen, ein Unrecht, an dem die Menschen keine Schuld tragen. Es gibt wohl kaum ein Land in Europa, in dem dieses Unrecht so offensichtlich geworden ist wie in Südtirol. Dieses Un- recht ging von politischen Kräften aus, auf die man im Lande selbst keinen oder kaum einen Einfluß nehmen konnte. Nie- mand hat sich um den Willen dieser Men- schen, um ihr Recht, um ihre Freiheit ge- kümmert. Man sagt, Unrecht verjährt nicht. Das mag richtig sein. Aber es geschieht damit etwas viel Ärgeres: Unrecht wird verges- sen. Damit aber wird es stillschweigend aufgehoben. Die faschistische Devise, die vom An- fang bis zum Ende die faschistische Epo- che beherrschte, war die gewaltsame Aus- rottung des Deutschtums in Südtirol. Die Geschichte Südtirols in der Ara des Fa- schismus ist deswegen die Geschichte ei- nes Volkes, das unter dem Joch einer to- talitären Staatsgewalt in den Ketten einer zwanzigjährigen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Unterdrückung und Verfolgung zu leiden hatte. Die Geschich- te aber auch eines Volkes, das durch den Widerstand gegen die faschistische Entna- tionalisierungspolitik im treuen Bekennt- nis zum angestammten Volkstum die Ide- ale der Freiheit verteidigt hat. Zum Zeichen der wiedergewonnenen Freiheit wollen wir daher die Tiroler Fah- nen möglichst oft hissen und dabei den- ken, daß es gar nicht so selbstverständlich ist, daß wir wieder alle Bräuche und Sitten unserer Väter pflegen dürfen. Heute müs- sen wir der Lauheit und der Gleichgültig- keit den Kampf ansagen. Wenn eine volk- liche Minderheit von der Lauheit befallen wird, dann ist sie verurteilt, unterzuge- hen. Es gehen heute in unserem Lande viele falsche Propheten herum, welche die Assimilierung predigen, die sich einsetzen für eine Mischkultur. Wir aber wissen es, und die Erfahrung hat uns Recht gegeben, je klarer wir tren- nen, desto besser verstehen wir uns, desto mehr respektieren wir uns gegenseitig. Daher lehnen wir jede Art einer Mischkul- tur ab, daher treten wir für eine reine Volkskultur ein. In diesem Sinne wurde auch gegen En- de der fünfziger Jahre von beherzten, mu- tigen und weitblickenden Männern der Südtiroler Schützenbund als Dachver- band der Schützenkompanien Südtirols wieder neu gegründet. In diese Zeit fällt auch die Vorbereitung für die Gründung der Schützenkompanie Sterzing. Die Begeisterung war groß, aber nicht alle hatten damals schon genügend Mut, der Kompanie beizutreten. Man be- fürchtete Repressalien,- die dann auch nicht ausgeblieben sind.- Die ind: Die Zahl der Beitritte stieg trotzdem von Tag zu Tag, so daß- wir uns 1960 mit 60 Mann stark in unserer neuen schmucken Tracht stolz zum erstenmal bei der offiziellen Gründungsfeier den Mitbürgern präsentieren konnten. Der Jubel und die Freude waren groß. Als wir stolz und freudigen Herzens durch die Stadt marschierten, regnete es Blumen auf unsere Köpfe herunter. Viele Mitbürger hatten Freudentränen in den Augen. Das war doch für uns alle ein er- hebendes beglückendes Gefühl. Wir wa- ren voller Ideale. Wir waren überzeugt, der Heimat einen Dienst zu erweisen. Nun hoffe ich, verstehen Sie, warum wir heute unseren 20. Geburtstag feiern. Wir sind nicht jünger geworden; aber die t 1 10
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