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Samstag, 4. Oktober 1980 Kitzbüheler Anzeiger Seite 15 Die letzte Bärenjagd in Kitzbühel Namenkundliches aus Kitzbühels Bergwelt Der vor 50 Jahren verstorbene Land- tagsabgeordnete und frühere Bauer vom Hasenhof in Kitzbühel Hans Filzer über- lieferte uns in den Tiroler Heimatblättern, Jahrgang 1924, folgenden Aufsatz: »Die südwestlich des Städtchens Kitz- bühel sich über den Gschößfelsen erhe- bende Bergspitze wird in neuester Zeit in allen Karten und Beschreibungen als Hah- nenkamm bezeichnet. Auch die Einwoh- nerschaft hat sich sprachlich bereits daran gewöhnt. Vor 70 bis 80 Jahren war dieser Ausdruck aus bäuerlichem Mund noch nicht zu hören. Damals war die Spitze noch allgemein Halikampl benannt. Es liegt klar auf der Hand, das »Hali« mit Hahn nichts gemein haben dürfte. Man ersetzte eben das unverständlich geworde- ne Wort durch ein verständliches. Sicher- lich war Hali ein urdeutscher Ausdruck, vielleicht aus der Heidenzeit stammend. Eine Namensänderung ganz anderer Natur kam bei der Lämmerbühelalpe vor. Diese Alpe umfaßt derzeit ein Gebiet, wo im Sommer bei 400 Rinder alpen. Sie ist heute zur einen Hälfte im Besitz des Josef Egger von Brunnhof in St. Johann, zur anderen Hälfte ein Interessentschaftsge- biet. Aus dem Bau der Alphütten, von de- nen mehrere schon ziemlich alt sind und aus alten Urkunden ist zu ersehen, daß diese Alm niemals eine Lämmeraim war. Sie ist eine der schönsten Kuhalmen. Auf- schluß kann uns eine Urkunde aus dem 14. Jahrhundert geben, die ein Münichau- er gesiegelt hatte. Da steht in der Einlei- tung der Name Lämmerbühel, im Text aber deutlich Lembüchel. Die Sache ver- hielt sich folgendermaßen: Lange, bevor das heutige Lämmerbühelgebiet abge- holzt und gelichtet war, wurde in der Um- gebung von Kitzbühel, so urkundlich an- geführt, am Suppenberg, Kupferbergbau betrieben und dessen Erzausbeute hier verschmelzt. Da, wo heute die Lämmer- bühelalm von Kitzbühel aus zuerst be- schritten wird, bei der sogenannten Rast- buche, befindet sich ein Hügelkopf, an dem roter Lehm zutage tritt, der eine be- sondere Feuerhältigkeit aufweist und noch vor 80 Jahren in die Schmelzerei nach Jochberg geliefert wurde. Dieser Hügel wurde daher Lehmbühel genannt. Diese Bezeichnung wurde noch eine zeit- lang beibehalten. Nachdem aber das gan- ze darüberliegende Gelände zur Alm kul- tiviert war, vergaß man die namengeben- de Bedeutung des kleinen Hügels, Lemm- bühel ging in Lämmerbühel über, wozu noch der Umstand beigetragen haben mag, daß die steilsten Köpfe, wie der Schneekogel und der Kronbühe, zeitwei- lig mit Schafen besetzt wurden. Auf der schönsten und weitesten Hoch- fläche wurde sodann ein Almdorf aus vie- len kleinen Sennhütten mit angeschlosse- nen Viehhängen errichtet, von wo aus das Vieh über weite Triebwege je nach Witte- rung auf höhere oder niedere, sonnige oder schattige, steile oder flache Weide- plätze getrieben wurden. Solche Almdör- fer, nur in den Sommermonaten be- wohnt, wurden Treete genannt. Es be- steht dort zwar heute noch ein Treet, aber das dazugehörige Gebiet wurde schon vor 280 Jahren um vieles verkleinert, neue und größere Almhütten, weit kleiner an der Zahl, wurden erbaut und auch in weit größere Anteile umgewandelt. Heute ste- hen nur mehr größere Bauern im Besitz der Anteile; die Kleinbauern haben längst schon alle Almrechte verloren. In der ersten Urbarmachungszeit war die Zentralisierung dieser Almen noch ei- ne wirtschaftliche Notwendigkeit. Bei manchen Vorahnen, welche dort anteil- haftig waren, hat sich die Überlieferung erhalten, wie es dort in den ersten Zeiten aussah. Die gegen Norden abfallenden Schluchten, welche auch wegen des Holz- bezuges nicht abgeholzt werden konnten, waren noch dichte Urwälder, in welchen Bären, Wölfe und Luchse hausten. Bei Tag mußten die Hirten bei der Herde blei- ben, nachts wurde das Vieh ins Treet ge- trieben. Gegen die Bären wurden alte, bö- se Stiere gehalten, welche nachts außer- halb der Hänge gelassen wurden und auf die Bären scharf losgingen. Der Wölfe und Luchse vermochten sich die Hirten bei Tage zu erwehren, zudem selbe im Sommer verminderte Angriffslust zeig- ten. Als man diese Urwalddistrikte immer mehr zusammenholzte, wurde es allmäh- lich möglich, mit diesen Raubtieren fer- tigzuwerden. Dann gab man die stunden- weiten Viehtriebe auf und fing ringsher- um an, abgesonderte Almen zu errichten und nur das Zentrum blieb bis auf die jet- zigen Tage erhalten. Eine Treet ist heute noch die am Kitz- büheler Horn gelegene Trattaim, obwohl auch sie in den letzten 80 Jahren ein paar- mal verkleinert wurde. Der Name dieser Hochalm lautete ursprünglich wohl Treetaim, während es heute allgemein »Drat oder Trataim« heißt. Dieser Abän- derung dürfte wohl kein besonderer Sinn zugrundeliegen. Unterhalb der Trataim, in der Region der höchsten Bergbauern, wo noch Rog- gen angebaut wird, befindet sich ein Vieh- stall, welcher noch vor 80 Jahren als der Bärenlahnstall bezeichnet wurde. Der darunter befindliche Abhang wurde die Bärenstreif oder auch kurzweg die Lahn- streif genannt. Noch etwas unterhalb zieht sich eine lange Felswand hin, von ungefähr 15 Meter Höhe. Alle diese Na- men dürften in kurzer Zeit ganz verklun- gen sein, wegen des auffallend geringen Interesses der heutigen Bauernschaft für die Begebenheiten der Vorzeiten. Da spielte sich etwa vor gut 400 Jahren und noch darüber hinaus folgende Jagd- methode ab: Innerhalb dieses Lahnstreif- gebietes, das längst schon gelichtet war und wo alle größeren Schneefälle über den Felsen abfuhren, lag gegen den nord- seitigen Hang, dem Walsenbach zu und hinauf zur Tratalpe, wenn auch nicht ein geschlossener Urwald, aber immerhin ei- ne dichte Beholzung mit einer Menge fel- siger Unterschlüpfe für Raubgetier. Im Interesse der Weide- und Almwirtschaft war es gelegen, der Bärenplage los zu wer- den. Denn ab und zu gingen die Tiere, de- nen der Hochwald nicht immer genug Nahrung bot, auf Kälber und Kühe aus, von Schafen und Ziegen weniger zu re- den. Im Frühjahr, wenn der Saft in den Fichten angestiegen war, wurde eine An- zahl derselben gefällt, und die Stämme so- gleich entrindet. Unterhalb des Bären- lahnstalles wurden die schlüpfrigen Rin- den, die glatte Seite nach oben, in einem langen Streifen aufgebreitet und durch Kundmachung die Männer der näheren Umgebung aufgeboten - zum Bären- trieb. Mit Spießen gegen allfällige Angrif- fe bewaffnet und von Hunden unter- stützt, trieb man die Bären in der Rich- tung auf die Rindenstreife zusammen und ließ ihnen dann keinen anderen Ausweg zur Flucht offen. Auf den Rinden gab es für die Tiere kein Halten mehr, vom Rut- schen gerieten sie bald ins Kollern und in wildem Sturze ging es dann über den Fel- sen hinab. Dort harrten ihrer ebenfalls aufgestellte Fürpasser, um sie vollends zu erschlagen. Auf solche Art wurde man der Bärenplage, nachdem einmal die Wäl- der genügend gelichtet waren, binnen kur- zem fast ganz los. Vor 120 Jahren waren im Kitzbüheler Bezirk nur mehr wenige Exemplare vor- handen, mehr nur durchstreifend, und in den Jahren 1930 bis 1940 wurde am Süd- hang des Kaisergebirges der letzte Luchs erlegt.« Die Bildscheibe gewann Hans Ehn Die Bildscheibe vom Garnisons- und Milizschießen vom 15. bis 18. August 1980 auf dem Militärschießplatz Hinter- kaiser-Rummlerhof in St. Johann in Tirol gewann der Fähnrich der Kitzbüheler Schützenkompanie, Schützenleutnant Hans Ehn. Schützen Heil! Hans Ehn mit der Bildscheibe, nach ei- nem Motiv von Albin-Egger Lienz. 4
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