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Gedenktafel der Gefallenen von 1809 und 1814 am Kriegerdenkmal von Reith. Seite 42 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 1. November 1980 Johann Gruber war der Reither Wirt. Nach ihm wird die alte Kampffahne der Schützenkompanie »Viert! Reit« be- nannt. Er war 34 Jahre alt, als er zum er- stenmal an den Kämpfen am Paß Strub im Jahre 1805 (1. bis 3. November) teil- nahm und zwar vermutlich als Komman- dant der Kitzbüheler Kompanie. Der Paß wurde erfolgreich verteidigt, obwohl Feldmarschall-Leutnant Chasteller mit 5000 Mann in St. Johann stehenblieb und die Schützen nur mit 150 Reitern unter- stützte. Aus diesen Kämpfen werden aus Reith neben Hauptmann Gruber auch Ge- org Wieser und Michel Pöll erwähnt. Das Geschlecht der Pöll saß zu dieser Zeit auf dem Hofe Baschtler im Hallerdörfl, das heute zu Keilhubern gehört. Welche Aufgabe Hauptmann Gruber während der Kämpfe im Mai 1809 zu er- füllen hatte, ist nicht bekannt. Wir wissen aus dem Kämpfen und Sterben seines Vorgängers Hauptmann Johann Hörl, daß Franzosen und Bayern gegen die Ti- roler Freiheitskämpfer mit Grausamkeit und Rachsucht vorgingen, daß verwunde- te Schützen ermordet, Häuser geplündert und Dörfer gebrandschatzt wurden. Weit- hin war es eine erschütternde Tragödie im Tiroler Unterland! Die siegreichen Trup- pen Napoleons marschierten durchs Un- terinntal vor, vernichteten auch das herr- liche Schwaz, wurden aber am Berg Isel von Tiroler Schützen unter dem Landes- kommandanten Andreas Hofer vernich- tend geschlagen und mußten Ende Mai Tirol wieder räumen. Im Juli 1809 wird der Reither Haupt- mann Johann Gruber Oberkommandant am Paß Strub. Das geht aus folgendem Brief des Bataillonskommandanten Ru- pert Wintersteller vom 27. 7. 1809 hervor: »An Herrn Hauptmann Johann Gruber zu Paß Strub: heute wird der Feind gegen Ti- rol keinen Versuch machen, indem ge- stern Deputierte die Nachricht zurück- brachten, daß auf unsere heute wieder hinausgeschickte Deputation abgewartet wird, und welche Deputierten sicher heute abends wieder mit unserer Gesinnung dort eintreffen werden. Es wird sich diese Feindseligkeit wohl ändern, und wir wer- den uns in die Zeitumstände wohl fügen müssen. Habet ihr aber unter dieser Zeit etwas zu besorgen, so haltet mit den Feindseligkeiten gegen den Feind ein, weil wir auf allen Gränzen weit übermannt sind, und weil, da sich das k.k. Militär zu- rückzieht, wir auch nicht die mindeste Verstärkung zu hoffen haben. Ihr dürft daher einstweilen gegen den Feind keinen Schuß thun; denn wir würden, da jeder Widerstand vergebens ist, uns sehr un- glücklich machen. Die weiteren Befehle werde ich so bald als möglich mittheilen.« Welch schwere Aufgabe für einen ein- fachen Menschen; er soll den Paß bewa- chen, darf keinen Schuß abgeben; man hat ihm gesagt, daß jeder Widerstand ver- gebens wäre und nur weiteres Unglück brächte. Hinter ihm liegen die abgebrann- ten Höfe und Gemeinden. Am gleichen Tag, an dem Gruber den Befehl Winter- stehers bekommt, erhält er Nachricht, daß der Paß Lueg gefallen ist und sich die Pinzgauer sowie Pongauer Schützen zer- streut haben. Wintersteller beruft den Kriegsrat ein, es wird beschlossen, zu kapitulieren; Win- tersteller möge sich retten, weil seine Per- son von General Lefebre mit Erbitterung verfolgt würde. Johann Gruber steht allein in seiner Entscheidung. Bayern und Sachsen ver- langen eine Unterredung mit dem Kom- mandanten. Wintersteller schickt Johann Schützenhauptmann von 1809, Johann Gruber Gruber aus Reith, Jakob Erler aus Kitz- bühel, Johann Hausbacher aus St. Jo- hann und Georg Brunschmid aus Kirch- dorf als Parlamentäre zum Feind nach Lofer. Es wird dort vereinbart, daß die Tiroler noch in der Nacht den Paß Strub zu verlassen und ihre Gewehre abzugeben hätten. Als Gegenforderung wurde er- reicht, daß der Feind ohne Aufenthalt das Gericht Kitzbühel in Richtung Wörgl zu verlassen hätte. Die Schützen am Paß Strub wollen von der Ablieferung der Gewehre nichts wis- sen. Gruber bekommt nur einige fast un- brauchbare Flinten und kehrt mit diesen »Scherben« nach Lofer zurück, dort den Tod erwartend. Die anderen Parlamentä- re schickt der Feind zurück, Hauptmann Gruber muß aber als Geisel bei Lefebre bleiben. Was er erreichte? Die franzö- sisch-bayerischen Truppen (15.000 Mann) zogen diesmal diszipliniert durch das Unterland. Das diplomatische Geschick Grubers hatte das Unterland vor neuen Plünderungen und Brandschatzungen, Ermordung wehrloser Schützen und vor weiterem Elend bewahrt. Die Franzosen werden Mitte August 1809 zum zweitenmal am Berg Isel ver- nichtend geschlagen und verlassen teils fluchtartig das Land. Am 25. September 1809 rückt der Feind aber erneut gegen den Paß Strub, es kommt jedoch zum Sieg der Schützen unter Wintersteller, sie schlagen bei Unken das Bayerische Leib- regiment und rücken bis Reichenhall und bis Werfen vor. Durch den Frieden von Wien am 14. Oktober 1809 fällt Tirol neuerlich zu Bayern und damit unter die Herrschaft Napoleois. Von Hauptmann Gruber gibt es nur ein Bild, das ihn in österreichischer Offiziers- uniform zeigt. Er wird vom Kaiser einen Offiziersgrad erhalten haben. Johann Gruber ist im ebensjahr an Alters- schwäche zu Veiten am 9 Juni 184 ge- storbn und wurde in Reith am 11. Juni 1846 beerdigt. Sein Grab ist nicht be- kannt. Johann Gruber Hauptmann der Schützenkompanie Viertl Reit im Tiroler Freiheitskampf Von Schützenhauptmann Dr. Paul Kirchmayr
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