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Samstag, 29. November 1980 Kitzbüheler Anzeiger Seite 13 Dokumentation der überkommenen bäu- erlichen Kultur dar. Zugleich sind sie Sammelstätte aller Ausdrucksarten bäuer- licher Kultur und bieten sich damit als Forschungsstätte an. Weiters erfüllen sie einen erzieherischen Auftrag, denn sie er- möglichen es dem Besucher, Bauen, Woh- nen, Leben und Arbeiten des Bauern ken- nenzulernen, und wecken auf diese Weise vielleicht den Sinn dafür, wie wertvoll das Überkommene ist. Diese Museen können Architekten Vorbildliches zeigen, Bau- denkmäler in ihrer Einmaligkeit, und sie können dem einen oder anderen die Au- gen öffnen für die ungenügende Weise heutigen Bauens und Wohnens. Freilicht- museen sind oft auch Stätte der Ausbil- dung in den alten Handwerkstechniken und Stätte der Bewahrung der alten Handwerkstraditionen. Schließlich haben die Freilichtmuseen Bedeutung als Erho- lungsstätten, wo man durch Objekte und das dazugehörige Areal wandern kann. Am Nachmittag des 1. Dezember sprach Architekt Dipl.-Ing. Heiner För- derreuther (Herrsching) über »Wege zum landschaftsgebundenen Bauen - Ausweg aus der urbanen Anonymität der Nach- kriegszeit«, und er bediente sich zweier Diaprojektoren, um Vergleiche deutlicher vor Augen führen zu können. Wie der Vortragende zeigte, wird in der Land- schaft die alte raumbildende Struktur auf- gegeben; auf diese Weise wird die Land- schaft in eine baumlose agrarindustrielle Wüste oder in eine Zivilisationssteppe verwandelt, wobei laufend mehr Land »verbraucht« wird und die technische Welt den Lebensraum der Natur zurück- drängt. Von den Menschen im Dorf hat nur mehr ein kleiner Teil in seinem Leben und Schaffen unmittelbare Beziehung zur Natur; die Masse der Leute ist von der Natur entfremdet und lebt in einer techni- schen Kultur. Die Gesichter der neueren Häuser kennen keine Tradition mehr, sie sind nicht mehr symetrisch, sie haben kei- ne Ähnlichkeit mehr mit dem menschli- chen Antlitz. Diese Hausgesichter mit Vor- und Rücksprüngen haben keine Stirn mehr, sie haben Hasenscharten und einen verkniffenen Ausdruck. Der Refe- rent plädierte für eine Rückkehr zum menschengerechten Maßstab und für ein landschaftsgebundnes Bauen mit einer Einfügung in die Natur, was Einzelheiten der Gestaltung ebenso wie die Baustoffe betrifft. Nach der Überzeugung des Vor- tragenden wäre es wichtig, über ein besse- res Bodenrecht jedem Menschen ein Stück Erdoberfläche zukommen zu lassen; auf diese Weise könnten die notwendige Rücksicht auf die Natur und das Zurück- finden zur Maßstäblichkeit erreicht wer- den. Am späten Nachmittag des 1. Dezem- ber veranstaltete der Bayerische Rund- funk im Huberbräu-Saal ein Gespräch zwischen Vortragenden und Teilnehmern des Seminars, das aufgezeichnet und am 9. Dezember 1979 ausgestrahlt wurde. Dabei wurden einige Hauptfragen des Se- minars durchgesprochen. Am Abend des 1. Dezember fand im Huberbräu-Saal das »2. Sänger- und Mu- sikantentreffen Bayern—Tirol« statt, ge- leitet von Peter Moser (ORF, Studio Ti- rol), mit verbindenden Worten von Sepp Landmann und mit Mundartbeiträgen von Herbert Jordan. Aus Bayern waren die Inntaler Sänger, die Frasdorfer Tanzl- musi, die Gebrüder Rehm, die Geschwi- ster Röpfl, die Sixten-Dirndln und Franz Schwab mit der Berchtesgadener Saiten- musi gekommen, aus Nordtirol die Ge- schwister Schiestl, die Stanglwirts- Dirndln und die St. Johanner Turmblä- ser, aus Südtirol die Brunecker Hausmu- sik. In gediegenen Darbietungen wurde zuerst ein Gang durchs ländliche Jahr un- ternommen, der zweite Teil des Volksmu- sikabends galt besinnlichen Liedern und Weisen der Adventzeit. Am 2. Dezember fand um zehn Uhr in der Dekanatspfarrkirche ein Hochamt statt. Die Inntaler Sänger führten die »Deutsche Bauernmesse der Annette Tho- ma« auf, die St. Johanner Turmbläser umrahmten den Gottesdienst mit ihrem Spiel. Die heilige Messe vom ersten Ad- ventsonntag feierte der Haller Franziska- ner-Pater Paul Gutmann, assistiert vom damaligen Diakon, dem nunmehrigen Kitzbüheler Kooperator Josef Haas. In seiner Predigt nahm P. Paul auf das Se- minar Bezug und erinnerte daran, daß beim Alten das Wertvolle bereits zu er- kennen ist, während beim Neuen unserer Tage das vorhandene Gute noch nicht im- mer deutlich auszunehmen ist. Dann zeig- te er auf, wie die uralten Wahrheiten und Werte, etwa Ehrfurcht vor Gott und den Menschen oder Liebe zwischen Eltern und Kindern, immer wieder von neuem wich- tig und bedeutsam werden im Leben der Menschen. Aus diesen uralten Werten können immer wieder neue fruchtbare Formen der Lebensgestaltung und des Zu- sammenlebens hervorgehen. Hinter ihnen steht letztlich das Bestreben nach dem Guten, das es zu sehen und weiterzutra- gen gilt. Folgende Dinge waren also Gegenstand des Seminars von 1979: Aspekte und Bedingungen der histori- schen und politischen Entwicklung im Alpenraum; das alpenländische Schützenwesen in sei- ner Bedeutung in der und für die Tradi- tion; die Entwicklung der Hausmalerei im Al- penraum, zugleich deren Bedeutung als Quelle über die Volkstracht; die Bedeutung der Freilichtmuseen für die heutige Kultur; menschengerechtes landschaftsgebunde- nes Bauen. Weiters konnten die Teilnehmer echte Volksmusik erleben, und auch die reli- giöse Besinnung hatte ihren Platz. Bei einer Würdigung dieses Seminars ist zunächst auf das hohe Niveau der Veran- staltungen hinzuweisen. Dem Veranstal- ter und seinen Mitarbeitern ist für ihre Be- mühungen zu danken. Es muß aber auch erwähnt werden, daß nicht ausdrücklich an das Seminar von 1978 angeknüpft wur- de, daß ein echter Seminarleiter gefehlt hat und daß die Diskussion oder das wei- terführende Seminargespräch fast nicht durchgeführt wurden, obwohl dafür we- sentlich mehr Zeit als beim Seminar 1978 zur Verfügung gestanden wäre. Neben den schönen Veranstaltungen trugen die gute Unterbringung und Verpflegung im Hotel »Park« (Familie Grander) das Ihre dazu bei, daß das St. Johanner Seminar von 1979 den über siebzig Teilnehmern, die hauptsächlich aus Bayern und Nordti- rol gekommen waren, in guter Erinnerung bleiben wird. Bergwacht- und Bergrettungs- übung in Kitzbühel Da die alljährliche Bezirkslawinenü- bung heuer entfällt, nehmen die Berg- wacht und die Bergrettung Kitzbühel die Gelegenheit wahr, um an diesem Termin, 8. Dezember 1980, eine gemeinsame Übung unterhalb der Hahnenkammbahn- Bergstation durchzuführen. Diese Übung besteht aus einer Lawinen- übung und einer Felsenbergung. Sollte die Schneelage nicht den geforderten Verhält- nissen entsprechen, so wird die Lawinen- übung in eine Suchaktion umfunktioniert. Übungszweck: rasche Alarmierung, Koordinierung am Einsatzort und sinn- volle Ausnutzung des Funksystems. Na- türlich soll bei dieser Übung auch die sachgemäße bergrettungstechnisch richti- ge Handhabung der Rettungsgeräte ge- schult werden. Nur durch die ständige Schulung kann eine sichere Durchführung auch schwierigster Bergungen vorausge- setzt werden. Treffpunkt Montag, 8. Dezember 1980 (Marienfeiertag), 7.30 Uhr, in der Pisten- rettungszentrale im Feuerwehrhaus. Wedelkurse der Roten Teufel am Kitzbüheler Horn Wenn es die Schneelage erlaubt begin- nen am Montag, 1. Dezember 1980, die allseits beliebten Wedelkurse der Skischu- le Kitzbühel. Die Kurse sind speziell für unsere einheimischen Skifahrer und gute Gelegenheit, im Kreis gleichgesinnter das skifahrerische Können für den kommen- den Winter aufzufrischen. Auf rege Teilnahme freuen sich Eure Roten Teufel! 4
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