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Samstag, 27. Dezember 1980 Kitzbüheler Anzeiger Seite 9 Auffassung, daß »weniger Belastungen die beste Förderung« wäre. Eine Untersuchung der Österreichi- schen Nationalbank hat ergeben, daß es zum Beispiel im Jahre 1977 in Osterreich nahezu 400 verschiedene Kreditaktionen gab, die mit öffentlichen Subventions- merkmalen gewährt wurden. Sie umfaß- ten ca. 40% der Direktkreditversorgung der österreichischen Wirtschaft. Umfang- mäßig entfällt die Hälfte der subventio- nierten Kredite auf die Wohnbauförde- rung. Der andere Teil der Kreditaktion konzentriert sich aber auf die gewerbli- che, industrielle und landwirtschaftliche Förderung. Historisch gesehen hat sich die Wirt- schaftsförderung anfangs der Fünfziger- jahre entwickelt. Der Aufbau der Betriebe nach den Zerstörungen des letzten Krieges, der einsetzende Wettbewerb auf den inter- nationalen Märkten, die Notwendigkeit zur Modernisierung und Rationalisierung der Betriebe verlangten Kapital, das nicht oder nur teuer zu haben war. Mit den Steuerbegünstigungen allein konnten bei weitem nicht die erforderlichen Mittel aufgebracht werden, die für diesen Pro- zeß des Aufbaues notwendig gewesen wä- ren. Die Investitionsbegünstigungen über die steuerlichen Abschreibungen kamen vor allem gewinnträchtigen Unterneh- mungen zugute. Für die Klein- und Mit- telbetriebe, die unsere Wirtschaftsstruk- tur beherrschen, mußten direkte Förde- rungen eingerichtet werden, die ihnen den Zugang zu billigerem Investitionskapital ermöglichten. Die Wirtschaftsförderung fällt in den Aufgabenbereich des Bundes. Mit der Förderung aus Landesmitteln sollte die Bundesförderung verstärkt und ergänzt werden. Die im Laufe der Jahre eingerichteten Förderungsaktionen des Landes mußten sich daher zunächst an den Aktionen des Bundes orientieren. Sie verfolgten ganz bestimmte Zielsetzungen, die sich aus der jeweiligen wirtschaftlichen Lage ergeben haben. Der sich verschärfende Wettbe- werb auf den internationalen Märkten und die Auswirkungen auf den inländi- schen Arbeitsmarkt haben die Sicherung des Arbeitsplatzes und die Schaffung neu- er Arbeitsplätze als Voraussetzung für die Förderung miteinbezogen. Die Förderung des Landes wird in zwei Landesgesetzen, nämlich im Kleingewer- beförderungsgesetz und im Tiroler Mittel- standsförderungsgesetz sowie nach von der Landesregierung beschlossenen Richt- linien geregelt. Dazu kommen die Förde- rungen, die mit der Bundesförderung ver- bunden sind bzw. durch diese ausgelöst werden. In den letzten fünf Jahren wurden - ohne Maßnahmen und Förderung der Raumordnung - über 417 Millionen Schilling Förderungen in Form von Zu- schüssen und verbilligten Darlehen aus Landesmitteln gewährt. Im gleichen Zeit- raum hat das Land Haftungen von 163 Millionen Schilling übernommen und da- mit einen Kreditbetrag von mindestens 272 Millionen Schilling ausgelöst. Die vorgesehenen Ansätze im Voran- schlag für das Jahr 1981 sind für die Wirt- schaftsförderung ein Mindesterfordernis. Sie werden verstehen, daß ich als Wirt- schaftsreferent mich den finanziellen Möglichkeiten beuge, aber gerne über große Budgetmittel verfügen würde. Andererseits bin ich realistisch genug und mir der Verantwortung bewußt, daß wir keine Geschenke zu verteilen haben. Wir können und dürfen Förderungsmittel nur dort einsetzen, wo Förderungen den wirtschaftspolitischen Zielvorstellungen entsprechen, die ich für das kommende Jahr mit folgenden Forderungen erfüllt wissen möchte: Sicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze Verbesserung der Wettbewerbsfähig- keit unserer Betriebe und Verbesserung des innovatorischen Verhaltens sowie Sicherung der Nahversorgung. Für die Vergabe der Förderungsmittel sind Kuratorien eingerichtet oder Aus- schüsse, denen die Arbeitsmarktverwal- tung, die Handelskammer und Arbeiter- kammer angehören und beratend zur Sei- te stehen. Ich möchte mich ganz beson- ders für die Mitarbeit dieser Gremien be- danken. Die Zusammenarbeit mit Ar- beitsmarktverwaltung und Interessenver- tretungen ermöglicht es, die Förderungs- mittel entsprechend den wirtschaftspoliti- schen Zielsetzungen zu verwenden. Jugendbeschäftigung: Tirol hat als er- stes Bundesland ein Jugendbeschäfti- gungskonzept geschaffen, worin eine Rei- he von Maßnahmen für den Fall vorgese- hen sind, daß sich die Beschäftigungslage der Jugendlichen verschlechtert. Glückli- cherweise ist es nun in den letzten Jahren gelungen, alle arbeitswilligen Jugendli- chen zu beschäftigen und damit eine Voll- beschäftigung der jungen Menschen zu er- reichen. Dies ist vorwiegend einer günsti- gen Konjunkturlage und der Tiroler Wirt- schaft zu danken. Im Frühjahr dieses Jahres hat das Hohe Haus die Tiroler Landesregierung in einer Entschließung beauftragt, allfällige För- derungsmaßnahmen für jene Lehrbetrie- be vorzuschlagen und auszuarbeiten, die eine verstärkte Lehrlingsausbildung durchführen bzw. behinderte Jugendliche und Sonderschüler einstellen. Wir haben diese Entschließung einge- hend bearbeitet, das Arbeitsergebnis in ei- nem ca. 30 Seiten starken Arbeitspapier zusammengefaßt und dem Kuratorium zur Förderung der Jugendbeschäftigung zur Beratung vorgelegt. Das Kuratorium ist in seiner Sitzung vom 11. November 1980 zu der Auffassung gelangt, daß auf- grund der derzeitig günstigen Situation - Tirol hatte im Jahr 1979 einen Lehrlings- höchststand von 16.638 Lehrlingen zu verzeichnen - vorerst keine zusätzlichen Individualförderungsmaßnahmen einge- richtet werden müssen. Das Kuratorium vertritt aber die Auffassung, daß der Bau von Lehrlingsheimen notwendig ist. Damit soll auch ein wesentlicher Maß- nahmenvorschlag des Jugendbeschäfti- gungskonzeptes realisiert werden. Außenhandel: Wir müssen immer wie- der mit Bedauern feststellen, daß es keine regionale Außenhandelsstatistik gibt. Über die Entwicklung des Tiroler Außen- handels kann man daher erst immer zu ei- nem späteren Zeitpunkt Bilanz ziehen. Wenn wir vom Außenhandel sprechen, dann ist es in Tirol unerläßlich, das Ac- cordino zu erwähnen, das auch im ge- meinsamen Markt der EG-Staaten immer noch die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Tirol/Vorarlberg und Südtirol/ Trentino mitbestimmt. Im neuen Vertragsjahr, das am 1. Ok- tober d.J. begonnen hat, soll weiterhin der Absatz von Vieh, Käse, verschiedenen Nahrungsmittelpositionen und Textilien gesichert bleiben. In der Entwicklung des Accordino wa- ren zwar in diesem Jahr spektakuläre Er- folge nicht zu verzeichnen. Die Anpas- sung des Viehkontingentes an die Markt- lage in Südtirol mußte hingenommen wer- den. Immerhin bietet das Abkommen noch Absatzmöglichkeiten für 3150 Stück Einstell- und Nutzrinder mit Zollbegün- stigungen und für 6525 Stück ohne Zoll- begünstigung. Der Tiroler Anteil am Aus- fuhrkontingent für Käse beträgt 834 t, 15.000 hl Bier und weitere Möglichkeiten für den Export landwirtschaftlicher Ver- arbeitungsprodukte sind gegeben. Im Warenverkehr mit Jugoslawien konnten weitere Kontingenterhöhungen erreicht werden. In den Volksrepubliken Slowenien und Kroatien besteht ein gro- ßes Interesse an der Vertiefung der wirt- schaftlichen aber auch der kulturellen Be- ziehungen zu Tirol. Energie: Zur Energiesituation, die uns ja täglich in den Medien dargestellt wird, möchte ich feststellen, daß der ständige Zuwachs an Energiebedarf und die Kosten- explosion bei den Erdölprodukten große Sorge bereiten. Dabei ist erstaunlich, wie man ungehemmt immer mehr Komfort und Energieeinsatz verlangt, aber völlig offen läßt, wo diese Energie herkommen soll. Hohes Haus! Kraftwerke baut man nicht von heute auf morgen. Voraus- schauende Planungen sind unerläßlich. Aber - wir brauchen die Energie schon heute - müssen heute mit den hohen Energiepreisen arbeiten und sollen mit den steigenden Kosten immer noch wett- bewerbsfähig bleiben. Aber nicht nur die Energiepreise stei- gen. Die rohstoffproduzierenden Länder haben längst erkannt, daß sie mit wirt- schaftlichen Zusammenschlüssen den Markt beherrschen können. Wir sind aufgefordert, technische Fort- schritte zu erzielen und das bedeutet, daß unsere Wirtschaft wettbewerbsfähig und leistungsfähig sein muß. Wirtschaftspolitische Überlegungen: Ich habe Ihnen in kurzen Zügen einige Schwerpunkte aus der Tätigkeit meines Ressorts und der aktuellen Tiroler Wirt- schaftsszene dargestellt. &
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