Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Das neue ster1-eiczishe Fremdenverkehrsbüro in der Regentst.eet in London 1936. Gesandter Bron Fra.Fikenstein inu dr Prexmairgruppe aus Kitzbü hei(Federzeichnung). Aus einer en11ischer Zeiiz4:ng: »The Austrian Exhibition«. The Queen, ihe Princess Royal, and Pr,ncess Alice Countess ofAthione at the Austrian Exhibition in London yesterday Wirh thern is th A ustrian A mbassador Toni Praxmair. Samstag, 4. April 15 1 Kitzbüheler Anzeiger Seite 37 Der erglische Thronfolger verga3 seine Kitzbüheler niclt, obwohl er stark durch die camaligen poiitischen Ereignisse in Anspruch genommen war. Dreimal be- suct1:e er das Restaurant, in dem sie Abend für Abend jodelten und platt--1-er.. 1r ien Pausen un:erhielt sich der König mt den Burschen, die bescheiden mit ir- ren Klamfn und ihrer Zither in irgend e neni Eckchen sa3en. Der Prinz sprach mit ihner deutsch unJ sagte ihnen. immer wie- der, daß er das schne Tirol und die allen deutschen Tänze, die sie ihm gezeigt und gelernt haben, nichT vergessen könne. Nirgends fihlte er sich so wohl wie unter Menschen, die ie Natur und ihre Heimat gern haben. Die Königin 'tOfl England Lacht! Den Brüdern des Thronfolgers wurden sie vorgestellt Lnd bei den Famlien, die dem königlichen Hause nahestehen, mß- ten sie ihre Lieder hören und ihre Täzze sehen lassen. Und das war für c.ie ein- cherL, schlichten Burschen, die nie aus ihrem engen Bergtale heraLsgekon- rren waren, nic±tt le:cht. So waren sie ein- mal bei einem Lord eingeladen, der ein prunkhaftes Scicß hat. Mit ihrer Zither und Klampfn stiegen sie die Treppen zu derrr Saal hoch, in dem sich Englands vcr- nehrnste GeseLlschft zusammen gefun- der hiatle, um des )Königs Schuhplat:ler« ker:enzulerne ii. Den Tirolern bLeb zuerst schier der Herzschlag stecken, als sie an der Pforte standen und die Pracht sahen, die ihnen aus den herrlichen Saal entgeenchim- merle. »Due, Tc'ni, da können wir mit un- seren Shwergenage!ten fit eiiia!« Aber schon kamen ihnen die Gastgeber en:ge- ger. und führtet de Burschen die langen fesiich gedeckten Tischreien entla:g, von den Anwesenden lebhaft Leklatszht und umjubelt. Ihre Sicherheit erlangter die Burschen erst wieder, als :er Toni die Klanzpfn an- prunkhaft geschmückten Tafel zwischen den feinen Herrschaften Platz nehmen. Das zierlichste Geschirr und vielfaches kostbares Besteck lag vor ihnen, und sie wußten nicht, wie sie es mit ihren klobi- gen Händen anfassen sollten. »Du, Toni, zuwas gehört denn dös und dös?« Der To- ni wußte dies natürlich auch nicht und so warteten die sieben, bis einer von den Gastgebern zum Essen begann. Aber da es die englische Sitte und Höflichkeit ver- langt, daß die Gastgeber warten, bis die Gäste das Besteck zur Hand nehmen, so wartete die ganze Tafelgesellschaft eine halbe Stunde lang, bis endlich der einla- dende Lord die Höflichkeitsformel sprengte und die Tafel eröffnete. Aber zum Schluß, als eine goldene Schüssel voll Wasser herumgereicht wurde, wußte kei- ner der Tiroler, was man damit anfangen sollte. »Zuwas ghört nacha dös?« flüster- ten sie einander zu. »Zum Trinken halt«, meinte einer. Aber da sahen sie, daß man sich darin die Hände zu waschen pflegte. Man kann es sich denken, daß die Bur- schen wieder froh waren, als die Tafel aufgehoben wurde und sie wieder Lieder singen und ihre Tänze platteln durften. Als sie sich spät nachts verabschiede- ten, entschuldigten sie sich wegen ihres Benehmens. Aber der Lord erklärte ih- nen, daß ihnen so einfache Burschen lie- ber seien und daß es ihnen kein Mensch übelnehme, wenn sie mit den Gepflogen- heiten der Gesellschaft nicht vertraut wä- ren. Dem Prinzen von Wales hatte in ihrer Heimat ein tüchtiges Trumm Brot, das er sich von einem mächtigen Laib herab- schnitt, genau so gut geschmeckt, wie die Milch, die er aus dem Holznapf auf der Almhütte trank. zuschlagen begann; da sahen sie nicht mehr die elega: gekleideten Damen und Herren, da standen vr ihnen die Berge ihrer Heimat. Ganz s:ill war es, als ihre Lieder aufzukingen begannen und die Jodler, die sons: nur auf ihren Almen zu hören waren, durch den Saal hauten. Wilderer- und Jager-Gstanzeln wechsel- ten mit jenen schwermütigen Melodien, die aus dem tiefsten Volksherzen kom- men. Immer wieder mußten sie singen, jo- deln und plateln, bis man ihnen endlich eine Pause görte. Und das war für diese Burschen das schlimmste; denn sie mußten an der 4
< Page 37 | Page 39 >
< Page 37 | Page 39 >