Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 2. Mai 1981 Kitzbüheler Anzeiger Seite 25 »Excellenz, hochwürdige Geistlichkeit, liebe Waidringer! Zwei Päpste regierten, der eine in Rom - Urban VI., der andere in Frankreich - Clemens VII. Die zwei Päpste führten auch noch Krieg um Rom und Kirchenstaat. Hoch im Norden an der Ostsee kämpfte der Deutsche Ritterorden siegreich gegen die heidnischen Litauer, die zum Christentum übertreten, womit der Deutsche Orden seine Aufgaben erfüllt hatte. Im Westen und Süden Deutschlands kämpfen die Reichstädte gegen Fürsten und Reichsrit- ter und bestanden dieser. Kampf um ihre Selbständigkeit. Auf den britischen Inseln tobte der gro- ße Bauernaufstand und wird die Bibel erstmals vollständig ins Englische über- setzt. Alles Ereignisse um 1381. Alles Begebenheiten von großer ge- schichtlicher Bedeutung. Doch alle ge- nannten Geschehnisse sind wie ein Trop- fen im Meer gegenüber dem, was wir heu- te feiern: die Einsetzung der sonn- und feiertägli- chen hl. Messe in Waidring. Denn die größten Meere vermögen den Strom der Gnade und des Segens, der seitdem ge- flossen ist und fließt, nicht zu fassen. Doch alles hat seine Wurzel und sein Wachstum, bis die Frucht reif ist und ge- pflückt werden kann. Und hier sind die Wurzeln tief im Bo- den der Geschichte und bedürfte es eine lange, lange Zeit, viele Jahrhunderte, um zu dem zu kommen, was wir heute feiern. Ein langer Zug wälzt sich auf dieser ge- pflasterten, holprigen Siraße dahin. Sein Ausgangspunkt war die Donau, sein Ziel ist Italien. In diesem Zug römischer Soldaten fährt ein Wagen mit einem besonders kostbaren Gut, mit dem Leichnam des Apostels No- rikums und Rätiens, des hl. Severin. Vor fast genau 1500 Jahren, 482, war er bei Krems an der Donau gestorben. Und da er wußte, daß die Römerstädte Trüm- merhaufen werden und die Macht Roms zerbrechen wird durch junge germani- schen Völker, forderte er von seinen Schülern: »Nehmt meine Gebeine von hier mit euch.« So sehr war ihm die Stätte seines Wirkens ein Ort des Greuels gewor- den, daß er nicht einmal in der Erde dieses Bodens, den er gepflügt hatte, um den Sa- men des Christentums zu streuen, ruhen wollte. Eine tieftraurige Endzeitstimmung hatten alle, die Zusammenbruch bei römi- schen Ordnungsmacht in unserem Raum erlebten, erfaßt. Und in der Tat: es schien so, daß alle christlichen Bäume, die in den Jahrhun- derten vorher durch die christlichen Send- boten gesetzt worden sind, verdorrten und der Boden, der mit dem Blut der Märtyrer gedüngt worden, unfruchtbar und zur Wüste geworden war. Diese Gedanken bewegten gewiß Eu- gippius, seinem Schüler, der neben dem Sarge seines Meisters ging. Tieftraurig sah er auf die Stätte des ge- meinsamen Wirkens von Salzburg bis nach Wien, von der Donau bis herein in unsere Berge. Seine Hoffnungslosigkeit war so groß und so tief, daß er es nicht glauben wollte, daß noch einmal Christi Kreuz hier in diesem Boden eingepflanzt werden könnte. Nur ein Schimmer der Hoffnung sah er in der Tatsache, daß der erste Heilige Österreichs, der hl. Florian, noch in Lorch bei Enns ruht und Wache hält für Christi Reich, das auch hier wiederum kommen muß. Wann wird dies sein? Das war die ban- ge Frage aller, die mit dem Leib des hl. Severin nach Italien zogen. Ja, wann, das ist die Frage. Im Jahre 488 verließ' Severins unver- sehrter Leichnam unseren Boden. Zehn Jahre später trat schon ein ge- schichtliches Ereignis von größter Trag- weite ein: Chlodwig, der König des mächtigsten germanischen Volkes, der Franken, ließ sich vom hl. Remigius taufen und mit ihm 3000 Edelinge. Zugleich erhob König Chlodwig den hl. Martin zum Patron des Frankenreiches. Zugleich wurde der rote Generalsman- tel des Heiligen zum Banner der Franken. Zugleich betrachtete sich König Chlod- wigs als Schützer der Kirche und Verteidi- ger des wahren christkatholischen Glau- bens. Und da das Volk der Franken vier Jahr- hunderte lang die Geschicke Europas lenkten, war die Irrlehre des Arianismus, der Christus nicht als Gott anerkennen wollte, zum Tode verurteilt, obwohl bis zur Taufe Chlodwigs alle christlichen ger- manischen Völker Arianer waren. So auch die Ostgoten unter Theoderich des Großen, die nach dessen Tod im Jahre 526 zu Ravenna Mitte des 6. Jahrhunderts gegenüber dem Vesuv vernichtet wurden. So auch die Langobarden, die im Zuge der Völkerwanderung ganz Oberitalien besetzt hatten und ein großes Reich auf- bauten. Einer ihrer Könige hieß Wacho. Dessen Enkelin war Theudelinde, die Tochter des Baiernherzogs Garibald. Diese heiratete in Ario bei Verona 584 den Langobarden- könig Authari. Theudelinde war aber Katholikin. Dies bewirkte den Übertritt der arianischen Langobarden zum Katho- lizismus. Damit war das letzte germansiche Volk christkatholisch. Die Bajuwaren waren es schon, was wir soeben in der Person der Theudelinde ge- sehen haben. Die Zukunft gehörte also dem römisch- katholischen Glauben. Auch schon des- wegen, weil es der starke Arm der Fran- ken so wollte. 100 Jahre später: Der Hausmair der Merowinger, der machtlosen Frankenkönige, Pipin, schickte auf Wunsch des Baiernherzogs Theodo den moselfränkischen Adeligen Rupert nach Baiern, um auf den Trüm- mern des römischen Juvavum einen neuen Sitz der inneren Mission im Volk der Bai- ern und der äußeren Mission beim Volk der Slaven zu gründen: unser Salzburg. Rom fürchtete aber, daß hier im Zusam- menspiel zwischen Baiern und Franken ei- ne von Rom unabhängige germanische Kirche entstehen könnte, wie dies ja schon lange bei der Ostkirche der Fall war. Es war die Zeit, in der der Islam bei Po- itier in Frankreich 732 vom germanischen christlichen Ritterheer unter dem rotem Kriegsbanner des hl. Martin so gewaltig geschlagen wurde, daß die arabischen Reiter seitdem nie mehr die Pyrenäen nach Norden überquerten. Es war also Zeit, nachdem die Gefahr des Islams gebannt war, Ordnung zu ma- chen in der Kirchenorganisation nördlich der Alpen. Und dazu wurde der Angelsachse Win- fried, der hl. Bonifatius, ausersehen. 739 gründete er mit Hilfe des Baiern- herzogs Odilo die vier Bistümer Freising, Regensburg, Passau und Salzburg, dessen Grenze er im Westen am Inn zum Ziller zog, ziehen mußte, weil hier schon von Bi- schof Rupert gepflanzten christlichen Bäume salzburgischer Herkunft kräftig wuchsen. 50 Jahre später: Der bairische Herzog Tassilo, der Gründer der Klöster Krems- münster, Scharnitz, Wilten (?) und Inni- ehen wurde 788 in der Kaiserpfalz Ingel- heim von Frankenkönig Karl dem Großen am Weihnachtstag zum Tode verurteilt, aber zu lebenslänglicher Klosterhaft be- gnadigt. Der dies erwirkte, war Bischof Arn von Salzburg, der bei dieser Gelegenheit sich Landesarchivdirektor Hofrat Dr. Eduard Widmoser bei seiner Festrede. Landesarchivdirektor in Ruhe Hofrat Dr. Eduard Widmoser: Festrede beim »Waidringer Herrgottstag« am 16. April 1981
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