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Im Publikum auch der frühere Lehrer in Waidring Prof. Elmar Faulhammer, der am Nachmittag in der Kirche das Orgelkonzert bestritt und neben ihm (rechts) Altbürger- meister und Ehrenbürger von Waidring Josef Winkler, Rainerbauer. Seite 26 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 2. Mai 1981 alle Schenkungen an die bischöfliche Kir- che in Salzburg von Karl dem Großen be- stätigen ließ. Wir erfahren aus dieser Bestätigung, daß z.B. in Brixen im Thale eine Taufkir- che bestand. War diese die einzige in unserem enge- ren Raum? Nein, keineswegs! St. Johann war da. Und schon nach meiner Ansicht seit langer Zeit, ja vielleicht schon seit der Zeit, als der hl. Severin in der Provinz Norikum, zu der wir ja gehörten, wirkte und ein Außenposten des alten Bischofsit- zes Juvavum-Salzburg war. In der St. Johanneskirche wurden unse- re Ahnen bis um das Jahr 1000 getauft und im Friedhof bei dieser St. Johannes- kirche beerdigt. Auch die Waidringer. Ja auch die Waidringer, obwohl sie selber schon eine Kirche hatten, ein Gotteshaus, das dem hl. Vitus geweiht ist. Da die Verehrung des hl. Vitus zur Zeit der Missionsarbeit des hl. Rupert schon bezeugt ist - St. Veit im Pongau, St. Veit in Kufstein, St. Veit in Zell am Ziller - dürfen und können wir annehmen, daß die hochedlen Herren von Waitheringen für ihre Waidringer spätestens im 9. Jahr- hundert, wenn nicht gar im 8. Jahrhun- dert, eine Kirche bauten und sie dem Hei- ligen weihen ließen, der gerade damals in der Salzburger Diözese im hohen Kurse stand, weil 756 die Reliquien des hl. Vitus in das Kloster St. Denis bei Paris, mit dem der hl. Virgil in engster Verbindung stand, übertragen worden sind. in dieser Waidringer Vituskirche, die dann den Herren von Walchen gehörte, wird sicherlich ein Hausgeistlicher die hl. Messe gelesen haben. Aus irgendwelchen Gründen wuchs sich die Waidringer Kirche nicht zu einer Pfarrkirche aus, wie dies bei Kirchdorf der Fall war, wo eine Stephanskapelle als zur Burg Leukenstein gehörig schon be- stand. Kaiser Heinrich der Heilige erhob um 1000 diese Stephanskapelle zur Pfarrkir- che und legte den Pfarrsprengel so fest, daß die südliche Grenze fast bis zur Kirch- türe von St. Johann reichte und den Raum der Unteren Schranne mit Ein- schluß der Hofmark Waidring umfaßte. Und so mußten nun die Waidringer nach Kirchdorf gehen, um sich dort tau- fen und begraben zu lassen. Und dies durch fast vier Jahrhunderte. Dieser Zu- stand erfuhr keine Änderung, als im Jah- re 1197 die Stephanspfarre Kirchdorf dem Stift St. Zeno in Reichenhall einverleibt wurde. Das wurde nicht anders, als 1215 das Bistum Chiemsee, zu dem wir dann gehörten, gegründet wurde. Dieser Zustand änderte sich nicht, als im Jahre 1297 der Erzbischof von Salz- burg Eigentümer und Gerichtsherr des Dorfes und der Hofmark Waidring wur- de. Es dauerte noch einmal fast 100 Jahre, bis dieser für die Waidringer unerträgli- che Zustand, eine Kirche zu besitzen und kein Recht auf das hl. Meßopfer darin zu haben, aufhörte. Die Gründe, warum am 3. März 1381 Hans der Lipp, der Pfarrer von Kirch- dorf, den Waidringern eine hl. Messe an allen Sonn- und Feiertagen versprach und dies durch den zuständigen Bischof von Chiemsee am Weißen Sonntag, das war 1381 der 21. April, bestätigt wurde, sind: Einmal weil die Waidringer hartnäckig, zäh und unermüdlich dieses Recht forder- ten. Zum andernmal, weil der Pfarrer von Kirchdorf einsah, daß es für die Waidrin- ger oft wegen des Hochwassers, schwerer Unwetter und des tiefen Schnees, unmög- lich war, ihre rechte Pfarrkirche zu besu- chen, wie es in der Urkunde der Bestäti- gung eines eigenen Kaplanes in Waidring mehr als 100 Jahre später hieß. Die Waidringer, die sich durch Fleiß und harte Arbeit eine schöne Heimat ge- baut hatten, werden damals Alleluja! Al- leluja! gesungen haben. Nun haben wir es geschafft, den Herrgott in unserer Mitte zu haben. Ihm sei Dank und Ehre. Und was wir noch brauchen, einen eige- nen Geistlichen mit Tauf- und Begräbnis- recht, wird uns auch noch gelingen, durch das Opfer von Gut und Boden an die Kir- che zum hl. Vitus und Nikolaus, der sich inzwischen als Patron am alten Pilgerweg von Salzburg ins Inntal zum Grab des hl. Jakob in Santiago in Spanien dazugesellt hat. Und es war tatsächlich nicht mehr schwer, wenn es auch, wie bereits er- wähnt, noch 100 Jahre dauerte, einen ei- genen in Waidring sitzenden Priester zu bekommen, gemessen an der Zeit, seit- dem es in Waidring Christen gibt, und das ist wahrscheinlich seit der Zeit Severins der Fall, also seit mehr als 1500 Jahren. Und nun kehre ich wieder zur Überfüh- rung des Leichnams des hl. Severin von der Donau nach Italien im Jahre 488 zu- rück. Damals schien das Weltende ge- kommen zu sein, als die römische Macht und Ordnung zusammenbrach. Und wie oft haben wir seitdem diese Endzeit erleben müssen? Oftmals! Aber drei Ereignisse von solcher Bedeutung, daß es davon abhing, daß wir heute den Waidringer Herrgottstag feiern können, sollen besonders vermerkt werden, weil sie auch in einer unübersehbaren Augen- scheinlichkeit das Walten Gottes in der Geschichte zeigen. Die Hunnen verheerten unter ihrem König Attila unser Land. Die Hölle schien losgelassen. Aber 451 wurden mongoli- sche Mordbrenner von den Völkern zwi- schen Rhein und Pyrenäen, denen als Feldzeichen das Kreuzesbanner vorausge- tragen wurde, auf den Katalaunischen Feldern besiegt. Über Europa schien wie- der die Sonne. Die arabischen Reiter stürmten von Spanien aus gegen den Rhein. Die grüne Fahne des Propheten sollte in Europa aufgepflanzt werden. Das Nationalheilig- tum St. Martins in Tour sollte eine Mo- schee werden. Doch das rote Sturmban- ner, St. Martins Mantel, das über dem christlichen Heer flatterte, war stärker als Mohammed, der Prophet. Das christliche Abendland war gerettet. Das war 732. Und wiederum brach ein gewaltiger Sturm, diesmal aus dem Osten, los: die ungarischen Pferde zertrampelten unsere Erde. Am 10. August 955, am Lechfeld südlich von Augsburg, stand König Otto der Große mit 20.000 Rittern 120.000 Ungarn gegenüber. Und über dem christ- lichen Heer flatterte das Reichskriegsban- ner mit dem Bild des hl. Michael und in allen Kirchen Augsburgs wurde Tag und Nacht auf Anordnung des Bischofs Ulrich der Himmel bestürmt. Die Ungarn wurden geschlagen und Eu- ropa und unser Land war frei vom Ungar- schreck. Bei diesen drei weltgeschichtli- chen Ereignissen, die entschieden, daß Europa und damit auch unsere Heimat christlich bleibt, brach auch ein gewaltsa- mer Gebetssturm los. Und Gott der Len- ker der Geschichte, der Staaten und Völ- ker, hörte den Schrei: Herr rette uns! Herr mach uns frei! Und Gott wirkte und waltete, segen- spendend und heilbringend. Und war der Herrgott nicht auch immer bei uns, als wir die jüngsten manchmal fast endzeit- lich scheinenden Ereignisse erleben muß- ten? 1918, 1938, 1945? Kam nicht immer wieder nach dem Dunkel die Helle des Tages? Ja, sie kam.
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