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Das ehemalige alte Schulhaus wurde zu ei,'em Gemeindeamtshaus umgebaut. Fotohaus Wilhelm Ange.-er, Kitzbühet Die Musikkapelle HochJlzen, I 78. Foto Porsche, F,eberbrunn. Seite 6 Kitzbuheler Anzeiger Samstag, 27. Juni 1981 rers Dr. Sebastian E.1er ist einiges erhal- ten, was dazu berich:enswert erschien. Zuerst zum Bahnbau 1873-75. Der Höhenunterschied zwischen Saalfelden und Hochfilzen beträgt rund 200 m und zwischen St. Johann und Hochfilzen rund 270 m. So mußten zwei cder gar drei Dampflokomotiven die schwere Last über die Rampen ziehen. Neben großen Koh- lenlagern mußte es in Hochfilzen auch entsprechend Wasser geben. In der Zeit des Bahnbaues kamen Leute aus aller Herren Länder, so aus Italien, Kram, Böhmen und Kroatien. Die oft- mals sehr primitiven Unterkünfte wurden als Viehstände weiterverwendet. Der Schneereichtum früherer Winter machte der Bahn wiederholt zu schaffen. Am 15. Mai 1885 mußten die eingewehten Züge freigeschaufelt werden. Am Hei.i- gen Abend 1923 lagen 4 m Schnee. Der Personenzug kam trotz Vorspann von drei Dampfloks nicht mehr weiter. 1928 wurde die Bahn elekrifizier. Aus den Aufschreibungen des Pfarrers Dr. Pletzer zitieren wir aus der Zeit des Baues des zweiten Geleises: »Im April 1913 wurde das große Werk selbst in Angriff genommen. Es wurden anfangs cirka 400, zur Zeit des lebhafte- sten Betriebes gu: 900 Arbeiter dabei be- schäftigt. Quartiere suchten diese in den Privathäusern, die meist vollgepfropft wurden; die meisten aber waren in den Wirtshäusern untergebracht, so beim Dorfwirt in der belebtesten Zeit bei 230 Mann. Die Folgen dieser Einquarierungen wa- ren die traurigsten. Bei dem sehr häufig schlechten Wetter und den virzehntägi- gen Zahltagen wurde geradezu fabelhaft gesoffen, Samstag wurde angefangen, Montag blau gemacht, bei manchen wur- de noch Dienstag und Mi:twoch ange- schlossen. Oft gab es Raufereien und Skandale. Zum Gottesdienst gingen viel- leicht kaum 2 Dutzend dieser Fremden; den betreffenden Bauunternehmen zuzu- schieben, die häufig für eine erzieherische Aufgabe des Arbeitgebers kein Verständ- nis zeigten, ja sogar im rücksichtslosen Mißachten der Kirchengebote und des re- ligiösen Sinnes der Ortseinwohner geflis- sentlich und prahlerisch sich großtaten. So wurde häufig ohne den geringsten Grund Sonntags gearbeitet, sogar bei den Steinbrüchen unter dem Gottesdienste lärmende Sprengarbeiten unternommen. Die Gendarmerie bemühte sich, diese Ge- setzesverletzung einzustellen und machte fünfmal die Anzeige an die Behörde; es geschah aber nichts, ja es stellte sich her- aus, daß die Unternehmer die gesetzliche Erlaubnis dazu bekommen haben. Statt des Sonntags sollte der blaue Montag den Forderungen der körperlichen Natur des Menschen gerecht werden. Es war ein ziemlich starker Wechsel von Arbeitern.« Das Magnesitvorkommen im Raum Hochfilzen war schon seit längerem be- kannt (erst seit dem Ende des vergange- nen Jahrhunderts wird gebrannter Mag- nesit als feuerfester Baustoff verwendet), doch konnte es nach dem Stand der Auf- bereitungstechnik nicht genützt werden. Nun wurde es erschlossen und 1957-59 wurde das Magnesitwerk Hochfilzen er- richtet, das 1960 die Produktion von Sin- termagnesit aufnahm. Die Rohstoffbasis bilden Magnesitlagerstätten im Raum des Bürglkopfes und des Weißenstein, wo in 1300 bis 1700 m der Rohstein in Tagebau- en gewonnen wird, zuerst durch Schächte und Stollen unterirdisch gefördert, in Brechanlagen zerkleinert und schließlich mit einer Seilbahn ins Tal gebracht wird. In einem Flotationsprozeß wird das Mag- nesit von Verunreinigungen befreit und dann in einem Sinterverfahren im Lepol- ofen in geeignete Form gebracht, um als Sintermagnesit versendet zu werden. Das Werk - so schreib 1973 Dipl.-Vw. Wil- helm Kroner - braucht jährlich 280.000 bis 300.000 Tonnen Rohstein. Weitgehen- mehrmals wurde dafür lärmender Unfug getrieben. Ein Großteil der Arbeiter machte den Eindruck von echten Sklaven der Arbeit. Sie waren aus vielen Natio- nen, Deutsche, Böhmen, Italiener, Kroa- ten, Siovenen, Ungarn, Mazedonier, Ser- ben, Montenegriner, Albanier usw. Es waren auch sehr gute Elemente dar- unter, vorzüglich eine Schar Ungarn, et- wa 60 Mann taten sich rühmlichst hervor; sie lebten mäßig, gingen gemeinschaftlich zur Kirche und machten alle Prozessionen erbaulich mit, arbeiteten fleißig, waren höflich und hatten ordentliche Kleidung. Überhaupt waren diesbezüglich die Verhältnisse lange nicht überall gleich, z.B. im Nachbarort Leogang waren sehr ruhige und auch religiös fleißige Elemen- te, meist Italiener und Kroaten. Es ist da- her ein Großteil der Schuld an solch be- dauerlichen Verhältnissen vielfach auch
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