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Goldener Ehren ring für Univ. -Prof. Dr. Richard Pittioni. Seite 8 Kitzhi±ieler Anzeige: Samstag, 1. August 198-- 981 ihn ihn zu erforschen, brauche man Geldmit- tel für archäologische Grabungen. Die für Tradition und Erforschung ihrer Ge- schichte und der Vorzeit immer aufge- schlossenen Kitzbüheler Bürger brachten tatsächlich Geldmittel auf. Sie hatten den Wunsch, zu erfahren, wer in grauer Vor- zeit auf ihrem Heimatboden gelebt hatte, wer die Siedler waren und welche Kultur- stufe sie hatten. Und so begann im Jahre 1932 der in- zwischen habilitierte Universitätsdozent für Urgeschichte der Universität Wien, Dr. Richard Pittioni - unser heute ver- ehrter emeritierter Ordinarius für Ur- und Frühgeschichte -‚ mit einem Studenten- team und ein paar einheimischen Helfern mit Grabungen auf der Kelchalpe in Joch- berg. In der damaligen Zeit einer weltwei- ten Wirtschaftskrise waren die Geldmittel äußerst knapp, technische Hilfsmittel kaum vorhanden, aber das Forscherteam Dr. Pittioni war von großem Idealismus beseelt. Alppersonal und auch Bergwanderer schüttelten die Köpfe über die jungen Leute, die mit Pickel und Spaten unter der Alpgrasnarbe die Vergangenheit such- ten. Prof. Dr. Pittioni besaß nicht nur ho- hes Fachwissen, sondern hatte auch den 6. Sinn des Archäologen, an den richtigen Stellen graben zu lassen. Und so wurde er relativ rasch fündig und was er zutage förderte, erregte in der Fachwelt im In- und Ausland Aufsehen: Zahlreiche Werkzeuge und Kulturgegen- stände aus einer Geschichtsperiode vor et- wa 3000 Jahren. Er konnte damit schlüs- sig beweisen, daß in unserem Alpenraum Jahrhunderte vor der Keltenperiode in Mitteleuropa ein Kulturvolk der Bronze- zeit - vielleicht waren es indogermani- sche Illyrer - lebte, das sich hervorra- gend auf den Bergbau verstand. Die Fun- de bewiesen auch, welche Haustiere ge- halten und welche Hausratsgegenstände benutzt wurden. Der Herr Professor wird mir verzeihen, wenn ich laienhaft wiedergebe, was er mir als Fachmann einmal erklärt hat. Vor et- wa 3000 Jahren mag es wohl auf der Kelchalpe infolge eines Unwetters einen gewaltigen Haldenabsturz gegeben haben, der die ausgegrabenen Gegenstände ver- schüttete. Durch Wassereinbruch ent- stand im kupferhaltigen Haldenmaterial Kupfervitriol und dieses hat die Exponate konserviert. Die Ausgrabungen wurden bis zum Kriegsbeginn fortgesetzt und nach dem Kriege wieder aufgenommen. Das weltweit bekannte Paradestück aus dieser Bergbauperiode ist wohl der große Erztrog, aus einem riesigen Fichtenstamm erzeugt. Er ist das meist bewunderte Fundstück der urgeschichtlichen Abtei- lung unseres Heimatmuseums. Die meisten Exponate von den Ausgra- bungen auf der Kelchalpe hat Prof. Dr. Pittioni schon 1934 dem gerade entstehen- den Kitzbüheler Heimatmuseum überge- ben und er ist damit ein Mitbegründer un- seres Heimamuseums und bis heute unser wissenschaftlicher Berater. Aber auch im Bereiche unserer Stadt konnte Prof. Jr. Pittioni durch Keramik- scherben aus der gleichen Kulturperiode, die im alten Stadtgraben in der Hinter- stadt gefunden wurden, nachweisen, daß in grauer Vorzeit schon eine Ansiedlung bestanden haben muß. Als nach dem zwei:en Weltkrieg am Le- benberg neue Villen gebaut wurden, stieß man kaum einen halben Meter unter der Grasnarbe auf Brandgräber dieser Kultur- periode, große Tongefäße mit Kohlenre- s--en und Resten von Grabbeigaben. Es ist wohl seltsam, daß der Lebenberg und des- sen Ausläufer auch schon in vorgeschicht- licher Zeit Begräbnisstätte war. Wieder wurde Prof. Dr. Pittioni um Rar und Hilfe gebeten. Er ließ die zerbro- chenen Tongefä3e bergen und in seinem Institut an der Universität Wien restaurie- ren. Auch diese wertvollen Funde hat er, kostenlos restauriert, dem Kitzbüheler Heimatmuseum übergeben und sie wer- den jährlich von tausenden Besuchern be- staunt. Professor Dr. Pittioni hat sich aber nicht nur mit dem prähistorischen Berg- bau im Raume Khzbühel befaßt, sondern auch mit dem historischen Bergbau des Mittelalters und über seine Forschungser- gebnisse wiederholt wissenschaftliche Pu- blikaticnen veröffentl:cht. Eine für uns besonders wertvolle trägt die Überschrift »Der irittelalierliche Stadtgraben und das urzeitl:che Kitzbühel«. Sein wissenschaftlicher Beitrag im 2. Band des Kitzbüheler Stadtbuches unter dem Titel »Der urzeitliche Kupfererzbau im Gebiet um Kitzbühel« ist einer der be- deutendsten in unserer vierbändigen Ty- rclense. Durch seine wissenschaftlicnen Lei- stungen und Publikationen hat Univ.- Prof. Dr. Richard Pittioni einen entschei- denden Beitrag für die Bildung e:nes fun- dierten Kultur- und Heimatbewußtseins der Bevölkerung im Raume Kitzbühel ge- leistet. Er ist heute eine :nternational aner- kannte Kapazität von hc hem Ansehen auf dem Gebiete der Ur- und Frihgeschichte, insbesondere des urgeschichtlichen Berg- baues. So war er auch Fachberater für vorkel- tische Funde bei der Kel:enausstellung in Hallein. Er ist Mitglied der Osterreicni- schen Akademie der Wissenschaften, Ob- mann der Prähistorischen Kommission und der Kommission für B.irgenforschung und M::telalter-Archäologie. Zu den For- schungsbereichen Urgeschichte der Alten Welt, soeziell urgeschichtlicher Bergbau, Industrie-Archäologie und Folklore- Archäologie, brachte Prof. Dr. Pittioni zahlreiche Arbeiten he[aus. Das Land Tirol hat Prof. Dr. Pitticin: mit der Verleihung des Tiroler Adler- ordens :n C-old geehrt. Dem deutschen Privatgelehrten Schlie- mann ist Ende des vorigen Jahrhunderts durch die Ausgrabung von Troja der Nachweis des historischen Kernes der hc- menschen Epen gelungen. Prof. Dr. Pittioni hat uns Kitzbilhelerr.. und Tirolern Licht in das Dunkel der Vor- zeit gebracht und wir wissen durch ihn, daß wir auf einem uralten Kulturboden le- ben. Verehrter Herr Professor! Die Kitzbüheler möchten Ihnen für Ihre groben Verdienste um ihre Stadt einen be- scheidenen Dank abstatten: Der Gemeinderat der Stadt Kitzbühel hat daher am 5. März 1981 beschlossen, Ihnen den Ehrenring der Stadt Kitzbühel zu verleihen. Ich darf Ihnen im Namen des Gemein- derates den Ehrenring und die Urkunde überreichen, die lautet: »Der Gemeinderat der Stadt Kitzbühel hat in seiner Sitzung vom 5. März 1931 1
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