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Ehrengäste von rechts: Bezirkshauptmann Oberrat Dr. Hans Heinz Höfle, Bürgermei- ster LA Hans Brettauer und der Festredner LA Ing. Heliz ut Made.-. Seite 18 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 31. Oktober 1981 dann eine andere Richtung nimmt, als er es vielleicht haben mochte. Liebe junge Freunde! Gerade als Politi- ker sehe ich es als meine Hauptaufgabe an, mit der jungen Generatinn unseres Landes immer wieder darüber zu reden, was Politik wirklich ist. Politik erfaßt - ob man es wahrhaben will oder nicht - alle Bereiche unseres Lebens. Niemand kann der Politik entrinnen. Wer sich nicht selbst um die Mitgestaltung des öffentli- chen Lebens kümmer:, für den machen eben andere Politik. Hier gilt der Grund- satz: Wer nicht handelt wird behandelt! Letztlich, meine Damen und Herren, ist Politik nichts anderes als die Frage, nach welchem Ordnungsprinzip unser Vater- land und das Leben seiner Bürger gestal- tet werden soll. Der Fächer der Politik ist breit, er spannt sich von der Staatspolitik über die Gesellschaftspolitik zur Parte--- politik und neben der Wirtschaftspolitik, der Wehrpolitik oder der Familienpolitik gäbe es noch zahllose Gliederungen. Auch die Träger der Politik sind in un- serem Va:erland Gott sei Dank von einer unerhörten, der Freiheit dienenden Viel- falt. Ich nenne h--er die politischen Partei- en, den Gewerkschaftsbund, die Kirche, aber au--h kleine Gruppen, wie die Ver- eine, die Jugendorganisationen und diver- se Zweckverbände. Dazu kommt in Oster- reich ein System der Kammern, depn•die Menschen nach ihrer beruflichen Tätig- keit zugeordnet werden und deren Rechte sie zu schützen 'nd zu mehren haben. Die drei Gebietskörperschaften Bund. Länder und Gemeinden ar ‚der Spitze das freigewählte Parlament .. sind schließlich jene Plattform, auf der die po- litische Auseinandersetzung nach außen sichtbar ausgetragen.. wird. Innerhalb der genannten Gebi skperschaften kommt den Gemeinden •eine - besonder Stellung zu. Die Heimatgemeinde.it: ein über- schaubarer Organismus, der Gemeinde- bürger ist mit seiner Heimatgemeinde emotional verbunden. Niergendwo anders ist der Bürger so unmittelbar, augenfällig und rasch von den politischen Entschei- dungen 3etroffen und niergendwo anders als in der Gemeinde sieht er eindringlicher die Notwendigkeit, sich neben den priva- ten Anliegen auch um das Gemeinwesen zu kümmern, soll er nicht auf ein Stück seiner Selbstbestimmungsmglichkeit und seiner Selbstverwirklichung verzichten. Sie werden jetzt die Frage stellen, meine Damen und Herren, welche Möglichkei- ten der Mitwirkung und Mitgestaltung am öffentlichen Leben Ihnen offenstehen. Und als Antwort werden Sie den Hinweis auf die Möglichkeit und Verpflichtung der Stimmabgabe bei den allgemeinen Wahlen erwarten. Und tatsächlich wählen Sie nun die Mitglieder des Gemeinderates Ihrer Heimatgemeinde, die 36 Abgeord- neten zum Tiroler Landtag, die 183 Abge- ordneten zum Österreichischen National- rat, den Österreichischen Bundespräsi- denten und schließlich auch die Funktio- näre in den verschiedenen beruflichen In- teresseri vertreturLgen. Poli:ik, meine sehr geehrten jungen Freunde, wird aber nicht nur an Wahlta- gen gemacht. Die Mi:gestaltung des öf- fentlichen Lebens kann nicht nur eine An- gelegenheit der Stimmabgabe bei den Wahler. sein. Es ist das vielmehr eine Auf- gabe, der wir uns täglich stellen können und müssen, mi: der wir uns messen und 'durch die wir unseren Lebensbereich aus- dehnen sollen. Und so möchte ich Sie heu- te bitten: Kümmern Sie sich um die Ge- staltung der Zukunft - um die Gestal- tung der Zukunft in Ihrer Heimatgemein- de und im LandTirol. Es geht ja dabei um jene Entscheidungen, um jene Wei- enste1lurgen' die' tihre ureigenste Zu- kuhft sind;Gerade der'jungen Generation kommt' ein besonderes politisches Mit- spracherecht zu Denn die Jugend ist es, die morgen von den Folgewirkungen, von den Ergebnis- sen aller Entscheidungen betroffen sein wird, die heute fallen. Ich möchte Sie auch einladen, unbe- quem und kritisch zu sein. Ein gewisses Maß an Unzufriedenheit, an Unbequem- lichkeit ist ja der unentbehrliche Treib- stoff für den Motor des Fortschritts in je- dem Gemeinwesen. Es wird immer das Anliegen der Jugend sein, nichts unbese- hen zu übernehmen, sondern in allem auch nach seinem Wert und seiner Zweck- mäßigkeit zu fragen. Überall dort, wo das Überkommene nicht mehr entsprechen kann, wird die junge Generation nach neuen Wegen suchen und zeitgemäße Lö- sungen verwirklichen müssen. Diese Sicht der Dinge, meine Damen und Herren, hat nicht das geringste mit Revolution zu tun. Hüten wir uns vor je- nen gefährlichen Feinden, die das in unse- rer Verfassung zugrundegelegte demokra- tisch-rechtsstaatliche System als solches aus den Angeln heben wollen, als Ersatz aber nur die Diktatur des Terrors und der Anarchie anzubieten haben! Meine Sicht der Dinge ist vielmehr konservativ im be- sten Wortsinn, wonach der Konservative eben nicht am Vergangenen hängt, son- dern aus dem immer Gültigen lebt. So se- he ich die Aufgabe der jungen Generation darin, das Überkommene zu prüfen, an- zupassen und zu verbessern. Seien Sie bit- te in diesem Sinne unbequem - aber ver- gessen Sie nicht, daß der Partner der Frei- heit die Verantwortung ist. Heute ist es modern geworden, sehr viel von den demokratischen Rechten und Freiheiten zu sprechen. Vergessen Sie nicht, daß es Rechte und Freiheiten nicht ohne Pflichten und Verantwortung gibt. Fragen wir uns nicht immer nur: Was kann die Gemeinde, was kann das Land, was kann der Staat für mich tun? Fragen wir uns auch manchmal: Was kann ich für die Allgemeinheit, für meine Gemein- de, für den Staat tun? Wenn Sie vom Staat etwas fordern, so denken Sie bitte daran: Der Staat, das Land, die Gemein- de das sind wir alle. Der Staat kann nur das leisten und nur das zur Verteilung bringen, was vorher von der Summe, von der Gemeinschaft aller Staatsbürger erar- beitet wurde. Kern und Urgrund jedes Konsums, jedes Wohlstandes ist die Pro- duktion, ist die Leistung der Menschen. In diesem Sinne, meine lieben jungen Freunde, gibt es eben auch keinen echten Nulltarif in der Politik und im öffentli- chen Leben. Denn jede Leistung hat, einen Preis und dieser Preis muß bezahlt wer- den, er muß bezahlt werden von dem Ein- zelnen, der, die Leistung in Anspruch nimmt oder eben von allen Einzelnen, von der Allgemeinheit der Staatsbürger im Wege der Steuern und öffentlichen Abga- ben. Fortsetzung folgt
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