Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Seite 38 Kitzbüheier Aiizeiger Samstag. 3 1. Jänner 1981 Referent: Landesrat Komm.-Rat Chri- stian Huber, Wirtschaftsreferent des Lan- des Tirol. Thema: »Mittelstandspolitik in Tirol - die Bedeutung des Tiroler Mittelstandför- derungsgesetzes« Bei einer Betrachtung der heimischen Wirtschaft und Unternehmensstruktur ist festzustellen, daß es sich beim überwie- genden Teil der österreichischen Unter- nehmen um solche kleiner und mittlerer Größenordnung handelt. Dies trifft im besonderen auf das Bundesland Tirol zu, wo mehr als 90% der Wirtschaftsbetriebe den Klein- und Mittelbetrieben zuzuzäh- len sind. Damit kommt diesen Klein- und Mittel- betrieben ein sehr hoher Stellenwert im Rahmen unserer Wirtschafts- und Gesell- schaftsstruktur zu. Eine weitere wichtige Stellung nehmen diese Unternehmen aber auch als Träger verschiedener wirtschafts- und gesell- schaftspolitischer Funktionen ein, wie z.B. der Lehrlings- und Berufsausbil- dung, der Arbeitsplatzbeschaffung sowie der Erhaltung und Sicherung bestehender Arbeitsplätze. Zudem sind Klein- und Mittelbetriebe durch ihre bekannt hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ein wichtiger Faktor in den Bemühungen um Strukturverbesse- rung und Erhaltung der Wettbewerbsfä- higkeit. Aus diesen Überlegungen heraus hat die Tiroler Landesregierung das Tiroler Mittelstandsförderungsgesetz geschaffen, dessen Bedeutung ich im folgenden vor dem Hintergrund der Tiroler Wirt- schaftsszene näher erläutern möchte. 00 Die Tiroler Wirtschaft konnte 1980 ein regionales Bruttoinlandsprodukt von ca. 81 Mrd. S erarbeiten (die exakten Zahlen sind derzeit noch in Berechnung und ste- hen erst in den nächsten Wochen zur Ver- fügung), was einer Steigerung von etwa 4% gegenüber dem Vorjahr entspräche. Diese Leistung ist überwiegend den rund 30.500 Betrieben der gewerblichen Wirt- schaft zuzuschreiben. Es ist hinlänglich bekannt, daß die Prognosen für 1981 überwiegend pessimi- stisch sind. Ausdrücke wie Konjunktur- abschwächung, Stagnation, Rezession, . reale Einkommensverluste, steigende Ar- beitslosigkeit u.a. gehören schon zum all- gemeinen Sprachgut der Wirtschaftsfor- scher. Die angekündigte Verschlechterung der Wirtschaftslage wird auch vor Tirol nicht halt machen. Dies drückt sich auch in einer Untersuchung über die Investi- tionsbereitschaft bzw. das Investitionskli- ma der Tiroler Wirtschaft zum Jahresen- de 1980 aus. Demnach wurde zwar 1980 mit 7,960 Mio. S nominell (also nicht preisbereinigt) um 3,3% mehr investiert, real ist es jedoch zu einem Minus von ca. 3 % gekommen. Dem Test ist zu entneh- men, daß sich für 1981 eine Kürzung der Investitionsausgaben um 2-6% abzeich- net. Als hauptsächliche Gründe für die geringere Investitionsbereitschaft werden neben den hohen Kreditkosten, Mangel an Eigenkapital sowie schlechte Ertrags- und rückläufige Auftragslage aber auch vermehrte Unsicherheit durch zunehmen- de Belastungen genannt. Der Tiroler Landtag hat in Kenntnis der Bedeutung der Klein- und Mittelbe- triebe als tragende Säulen der Tiroler Wirtschaft und in dem Bemühen um die Erhaltung dieser mittelständischen Wirt- schaftsstruktur am 18. Mai 1977 das Tiro- ler Mittelstandsförderungsgesetz be- schlossen, das am 1. September 1977 in Kraft getreten ist. Es soll als Ergänzung und Abrundung der bereits bestehenden Wirtschaftsförderungsmaß nah men die- nen und verfolgt im einzelnen folgende Ziele: die Erhaltung und Sicherung von Mit- telbetrieben, die Schaffung und Festigung von Dauerarbeitsplätzen in Mittelbetrie- ben, die Hebung der Leistungskraft und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Mittelbetrieben, die Gründung und Erhaltung von Mit- telbetrieben, die der Nahversorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgegen- ständen oder Bedarfsleistungen, vor allem im ländlichen Raum, dienen, die Erleichterung der Gründung oder des Ausbaues von Mittelbetrieben, so- fern dadurch eine Verbesserung der regionalwirtschaftlichen oder betrieb- lichen Struktur erzielt wird, die Erleichterung der Obernahme von Mittelbetrieben, die Erleichterung der Aussiedlung von Mittelbetrieben aus dem Wohngebiet in Gewerbe- und Industriegebiet, die Erleichterung der Finanzierung von Maßnahmen im Interesse des Um- weltschutzes in Mittelbetrieben. zur Durchführung und Befriedigung der Förderungsansuchen wurde der Ge- werbeförderungsfonds errichtet, dessen Mittel durch Zuwendungen des Landes Rückzahlung von Darlehen Erträgnisse aus der Verzinsung von gewährten Darlehen und von nicht ausgeschütteten Fondsmitteln Aufnahme von Darlehen durch den Fonds und sonstige Zuwendungen aufgebracht werden. Seit Oktober 1977 wurden 116 Förde- rungsansuchen genehmigt, was einer Dar- lehenssumme von 50,030.000.— ent- spricht. Mit 32 076 hat das Gewerbe den höch- sten Anteil an diesen Förderungsmitteln & gefolgt von der Industrie mit 20%, dem Ha,ndel mit 18% und dem Fremdenver- kehr mit 13%. Der Rest verteilt sich auf die Bauwirtschaft, Betriebe der Sektion Verkehr und sonstige Dienstleistungs- branchen. Die hohe Zahl der Förderungsansuchen und die große Summe der ausbezahlten Darlehen beweist die Notwendigkeit die- ser Hilfestellung für die mittelständische Wirtschaft und man kann sagen, daß durch das Tiroler Mittelstandsförde- rungsgesetz die bisherigen Wirtschaftsför- derungsmaßnahmen wesentlich verbessert werden konnten. Weiters hat die Tiroler Landesregie- rung im letzten Jahr, in der Erkenntnis, daß zur Sicherung der Wettbewerbsfähig- keit der heimischen Wirtschaft verstärkte Bemühungen in den Bereichen Forschung und Entwicklung notwendig sind, ergän- zend zu den Förderungsinstrumenten des Bundes eine Förderung zur Forschung und Entwicklung sowie der Innovation eingerichtet. Diese innovatorischen Im- pulse, die bisher zu den Schwachstellen der heimischen Wirtschaft zählen, werden notwendig sein, wenn die bisherige erfolg- reiche Exporttätigkeit unserer Mittelbe- triebe erhalten bzw. noch ausgebaut wer- den soll. Ich bin mir jedoch bewußt, daß sich Mittelstandspolitik nicht in der Gewäh- rung von Darlehen im Rahmen verschie- dener Förderungsaktionen erschöpfen kann und darf, sondern nur als begleiten- de Maßnahmen zu verstehen ist. Vielmehr muß Mittelstandspolitik umfassender ge- sehen werden, denn bei der schon vorhin erwähnten Struktur der gewerblichen Wirtschaft des gesamten alpenländischen Raumes und im besonderen Osterreichs und Tirols, ist Mittelstandspolitik schon fast gleichzusetzen mit allgemeiner Wirt- schaftspolitik. Der Schaffung der allgemeinen Rah- menbedingungen kommt wohl die ent- scheidende Bedeutung für die weitere Ent- wicklung der mittelständischen Wirt- schaft zu. Mehr und mehr kommen Zweifel auf an den Theorien von John Kenneth Galb- raith und der in den 60er-Jahren vertrete- nen Ansicht, daß nur eine gezielte Begün- stigung von Großunternehmen die wirt- schaftliche Zukunft der westlichen Welt sichern könne. Sich mehrende Unzuläng- lichkeiten in der Administration derarti- ger Mach tkonglomerationen im vergange- nen Jahrzehnt haben, gerade auch in un- serm Lande, diese Zweifel verstärkt und den Glauben an diese Theorie erschüttert. Die westliche Welt besinnt sich immer mehr darauf, daß in Zukunft Risiko bedeutet, daß große Risiken besser bewältigt werden können, wenn sie aufgeteilt und breit gestreut werden, daß dies eine breite Streuung von Ei- gentum, unternehmerischer Verantwor- tung und Entscheidungskompetenz be- dingt und Parlamentarische Enquete: »Die Lage der gewerblichen Klein- und 00 Mittelbetriebe in Osterreich«
< Page 38 | Page 40 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen