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Seite 42 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 3 1. Jänner 198 1 Am 8. Oktober 1855 - also vor 125 Jahren - starb in Leavenworth im nord- amerikanischen Freistatt Kansas - erst 55jährig - der frühere Abgeordnete des Tiroler Landtages und Bürgermeister der Gemeinde Kirchberg, Johann Aschaber, Kalswirt in Kirchberg (Siehe auch Kitzbü- heler Anzeiger, April—August 1960). Johann Aschaber, seit 1832 Kaiswirt in Kirchberg, war bis zu seiner Flucht 1853 nach Amerika - neben dem Kirchberger Brau Johann Georg Schroll und dem Hopfgartner Rotadlerwirt Josef Erharter - der »führende« Mann des Brixentales. Wie es »zu seiner Zeit« im Brixental aus- gesehen hat, darüber geben die Majestäts- gesuche der Gemeinden des Brixentales in den Jahre 1838, 1843 und 1847 und die Notizen Johann Aschabers »Uber die Re- plik der Kaiserlich Königlichen Kammer- prokurator« im Brixentaler Beutellehen- prozeß 1840-1843 und über die »Gegen- sätze auf das Hohe Kreisamt Dekret und die Beratungspunkte des k.k. Herrn Landrichters« und »Uber die Erwiderung des LOU Kreisamts« Aufschluß. Das Majestätsgesuch der Bewohner des Brixentales in Tirol durch ihre Abgeord- neten Johann Georg Schroll und Johann Aschaber wurde am 3. Juli 1843 den Ab- geordneten übergeben und am 6. Juli 1843 dem Kaiserhof in Wien überreicht. Die Reisekosten von 300 Gulden wur- den von Johann Aschaber vorgeschossen. Für die Audienz erhielt ein »Doktor der Rechte, Zivil- und Militäragent« 20 Gul- den, 30 Kreuzer und nachträglich noch 5 Gulden. Das Gesuch wurde am 31. Juli 1843 an die Hofkanzlei und am 4. August 1843 an das Tiroler Landesgubernium (Landesregierung) weiter geleitet. Es hatte - wie die übrigen »Majestätsgesuche und die Vorsprachen und Vorstellungen bei den Hoheiten Erzherzog Johann und Erz- herzog Ludwig keinen Erfolg. Bevor wir auf die einzelnen Gesuche an »Seine Majestät« Kaiser Ferdinand »dem Gütigen« näher eingehen, wollen wir Jo- hann Aschaber und seine handschriftli- chen Notizen selbst - 125 Jahre nach sei- nem Tode - zu Worte kommen lassen. »Wen haben dann die Unterthanen, wenn sich das Landgericht nur für den Staat verwendet und nicht besorgt ist, auch die Rechte der Unterthanen aufrecht zu halten, noch für das allgemeine Wohl sich zuwenden! In dieser Hinsicht sehe ich keine Staatswirtschaft; denn das Aufblü- hen eines Staates sehe ich nur in zufriede- nen und wohlhabenden Unterthanen und nicht in ruinierten; ich glaube auch nicht, daß die Regierung dieses will, daß Sie un- sere Rechte, welche wir zuvor so lange ru- hig besessen haben, abnehmen will. Schreiben alle Regierungen von Aufhe- bung der Gschlafen (Sklaverei) und mit uns will die Regierung gerade das Wider- spiel treiben und uns zu Sklaven machen, mir scheint wir müssen als Verprecher an- gesehen sein und doch wissen wir nicht warum, vielleicht daß wir uns 1808/9 ge- gen unsere Feinde, die Franzosen und Baiern, mit den Tirolern gemeinsam ver- theidigt haben (in Anspielung auf die Ein- kerkerung und Verbannung der Schützen- hauptleute Sebastian Manzl und Thomas Mayr). »Daß beym Landtag oder deren Sitzun- gen in Innsbruck nicht einmal an uns ge- dacht wird, noch weniger für uns gespro- chen wird, weil wir dort keinen Menschen haben, der sich für uns verwendet. Auf diesem Grund hin sind wir wirklich unter- drückte Waisen. Will sich einer der bey uns eine Localkenntnis besitzt, für uns verwenden, so wird ihm gewiß auf die Finger geklopft. Wer sollte wohl Freude an der Cultur haben, wenn er sieht, daß er nur für Andere arbeitet.« In einer Beschwerde der Christina Schroll, Witwe nach Johann Riedl und Schwester von Johann Georg Schroll, an das k.k. Stadt- und Landrecht in Inns- bruck heißt es: »Wir haben die Macht des Civilrichters eben deßwegen angerufen, weil wir von den übrigen untergeordneten Staatsbehörden ungerecht behandelt wur- den«. Und Johann Aschaber: ».... doch will die Regierung die Beuteliehenbesitzer als Stiefkinder betrachten.« Das Majestätsgesuch vom 15. August 1838 enthält die Bitte an »Eure Majestät« »die drückende Last der im Brixenthal bisher bestehenden übermäßig hohen Forstgebühren durch Gleichstellung der- selben mit denen im Landgericht Kitzbü- hei zu gewähren.« Und im Majestätsgesuch vom 3. Juli 1843 heißt es (»in Bezug auf die 'Lehen- reich'«): »Und dennoch können wir Ge- meinden des Brixentales nicht glauben, daß ein so gnädiger Landesvater uns (Bri- xentaler) härter halten wolle, als unsere übrigen minderbelasteten Landesleute (in Tirol).« 1840 machten Lehenreichnisse 1.369 Gulden 8 1/2 Kreuzer aus. Noch deutlicher wird das Majestätsge- such des Gerichtsausschusses von Hopf- garten vom 16. Oktober 1847 mit der Bit- te, »die Gleichstellung des Brixen- und Zillertales in den Steuer- und Abgaben- verhältnissen mit Tirol, soll einmal schor Folge der faktischen Vereinigung mit demselben seyn, wurde schon vom Kaiser Franz bereits im Jahre 1820 ausgespro- chen, ist das Prinzip der a.h. (allerhöch- sten) kaiserlichen und landesväterlichen Entschließung vom 4. Juli 1835 und kann nur erzielet werden durch allerhöchste ei- gene Aufrechterhaltung dieser allergnä- digsten Entschließung, durch den a.h. ei- genen von keiner Behörde zu schmälen- den Ausspruch, daß auch der Schmalz- und Haferdienst eben mit der a.h. Ent- schließung vom 4. Juni 1835 als nicht ur- barmäßig erlassen und aufgehoben sey. Wohl oder Wehe, Fortbestand oder Ruin von zunächst 7.000 Unterthanen liegen in dem Erfolge dieser allerunterthänigsten Bitte.« Leider hatte im Polizeistaat des all- mächtigen Haus-, Hof- und Staatskanz- lers, Fürsten Metternich, auch ein Kaiser nicht viel zu sagen und so wurden die Schmalz-, Hafer- und Ofenstifte erst am 27. Oktober 1851 durch Gemeinderatsbe- schluß (gezeichnet vom Gemeindevor- stand Johann Aschaber und den Gemein- deräten Josef Kurz und Anton Scherzer) abgelöst. 1847 betrugen die seit 1836 rückständigen Schmalz- und Hafergiebig- keiten die ganz unerschwingliche Summe von 17.720 Gulden, 511/4 Kreuzer. Aus dem Bittgesuch vom 16. Oktober 1847 an den Kaiser: Brixental nach den Befreiungskriegen über 100 Konkurse In den Befreiungskriegen (1809) hat Brixenthal mit Tirol gekämpft und gelit- ten. Doch blutete es aus doppelter Wun- de, da es alle tirolischen Kriegslasten tra- gen und zugleich an alle Leiden Salzburgs theiinehmen mußte. Dazu noch die be- schwerende Uberlastung! Und mehr als 100 aktenmäßig aus dem kurzen Zeitraum von sechs Jahren vorliegende Konkurse in diesem kleinen Distrikte waren die schrecklichen Folgen jener Zeit. Hundert Prozent Überbesteuerung Es ist längst erhoben, und wir berufen uns hierin auf die Bestätigung sämtlicher Behörden, daß Grund und Boden des Landgerichtes Hopfgarten noch gegen- wärtig mit so vielen Dominiakal-Abgaben belastet ist, wie kein Gericht Tirols, denn das Verhältnis der drei-terminigen Domi- nikalsteuer zur drei-terminigen Rustikal- Steuer besteht in 1:4, während des nämli- che sich in den übrigen Gerichten nach dem einen Durchschnitte wie 1:8 vorfin- det. Gleichstellung mit Tirol Aber noch immer ist - wir berufen uns fortwährend auf das Zeugnis aller Behör- den - der Grund und Boden des Brixen- thales bei weitem uberschwert, und jene Gleichstellung des Brixen- und Zillertha- les mit Tirol noch lange nicht erzielt, wel- che schon Seine k.k. Majestät Franz 1. im Jahre 1820 uns zugesprochen und den Be- hörden zur Pflicht zu machen geruhten. (Aus: Johann Aschabers Nachlaß) Johann Aschaber, Kaiswirt in Kirchberg, und seine Zeit Bearbeitung von Anton Flecksberger
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