Kitzbüheler Anzeiger

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Das Einsatzgebiet des Tiroler Roten Kreuzes in Süditalien. 4 Seite 10 Kitzhiiheler Anzeiger Samstag. 14. Februar 1981 Tatsachenbericht zum Hilfseinsatz im Erdbebengebiet Süditaliens Nach dem verheerenden Erdbeben, das im vergangenen Spätherbst Süditalien traf, setzte eine weltweite Hilfsaktion ein, die durch die Massenmedien vorbildlich unterstützt wurde. Sehr bald mischten sich in die Erfolgsmeldungen immer mehr Berichte, daß die Hilfe planlos erfolge und ihren Zweck und ihr Ziel nicht errei- che. Wir bringen im folgenden einen Tatsa- chenbericht des Katastrophenreferenten der Bezirksstelle Kitzbühel des Roten Kreuzes Kol. Kdt. Blasius Salvenmoser, der an einem Einsatz des Roten Kreuzes, Landesverband Tirol, maßgeblich betei- ligt war. Das Rote Kreuz startete eine Hilfsak- tion, die auch im Bezirk Kitzbühei großen Widerhall fand und dazu führte, daß in- nerhalb weniger Tage viel Material zur Verfügung stand. Die Ortsstellen sammel- ten nicht nur, sondern sortierten rasch aus und verpackten, was sofort zum Versand bestimmt war. Ein Fernlastzug wurde in überlegter Manier mit 1000 Decken, 1000 Matratzen, Mänteln für Damen und Her- ren, Kinderbekleidung usw. vollgepackt. Aus dem Bezirk stellten die Firmen Karl Nothegger in St. Ulrich, Frächter Ritsch in Hopfgarten und Gärtnerei Staffier in St. Johann Fahrzeuge und Fahrer für Transportaufgaben bereit. Be- sonderen Dank verdienen in den Ortsstel- len für die rasche und exakte Arbeit die Frauen, an ihrer Spitze Elisabeth Schöp- fer in Kitzbühel und Christi Hauser in St. Johann. Durch die Unterstützung der Bevölke- rung, die Hilfe der Ortsstellen des Roten Kreuzes und die Bereitschaft von Firmen, für mehrere Tage Fahrzeuge zur Verfü- gung zu stellen, konnte im Rahmen des Einsatzes des Landes vom Bezirk aus an der gesamttirolerischen Aktion mitge- macht werden. Als Vertreter des Bezirkes Kitzbühel wurde Kol. Kdt. Salvenmoser bestimmt. Er leitete nicht nur für die Fahrzeuge aus dem Bezirk den Einsatz, sondern griff mehrmals auf Grund jahrzehntelanger Erfahrung beim Roten Kreuz und bei der Feuerwehr maßgeblich ein, um für den gesamten Einsatz eine zielsichere Planung zu ermöglichen. Salvenmoser leitete durch seine Erfahrung den aus 35 Fahr- zeugen, davon 32 Lastzügen bestehenden Konvoi aus Tirol, der 180 Tonnen Mate- rial brachte. Der Transport erreichte nicht voll seinen Zweck, weil die Information durch die zuständigen Stellen nicht ent- sprechend gewesen war. Greuelgeschich- ten können von den Teilnehmern des Ti- roler Hilfszuges nicht bestätigt werden. Über die Fahrt bringen wir folgenden Tatsachenbericht: Freitag, 6. 12. 1980, 24 Uhr. Abfahrt ab Innsbruck. Stau bei der Mautstelle Schönberg. Standzeit am Brenner. Weiterfahrt ab Sterzing um 4.10 Uhr. Ein Polizeiauto begleitet uns. Nach ei- nem ersten Auftanken geht es zügig wei- ter. Der Konvoi lockert auf, als Kol. Kdt. Salvenmoser aus praktischer Erfahrung das Kommando vorübergehend über- nimmt. Oberhalb von Verona wird es langsam Tag. Bei Mantua begrüßt uns die aufstei- gende, feuerrote Sonne. Ankunft in Mo- dena um 8 Uhr. Einer unserer LKW hat nur einen 40 1 Dieseltank, der Zeiger ist schon lange in der roten Marke. Techni- scher Halt! Samstag, 7. 12. 1980. Fahrt über den Apennin: Dichter Nebel und Schneetreiben. Der Konvoi kommt nur langsam weiter. Es ist hier wie am Re- schen. Florenz, 12 Uhr 15, Fahrerwech- sel. Der K-Zug aus Reutte kocht für 80 Mann Frankfurter. Der Senk allerdings bleibt in den Vorräten verschollen. Schneematsch auf der Autobahn: Es hat hier in der Nacht geschneit. Rom, die hei- lige Stadt, 19 Uhr 10. In einer Autobahn- raststätte südlich von Rom soll genächtigt werden. Hier bauen die LKW-Fahrer eine Wagenburg. In der Mitte werden die Zelte aufgeschlagen. Der Reuttener Versor- gungszug kocht Naturschnitzel und Reis in Rekordzeit. Ein warmes Essen seit 24 Stunden tut unseren Magen wohl. Dosen- bier, Zeltfeststimmung. Man kann im Rasthaus nach Hause telefonieren, damit die Muttis beruhigt sind. Um 22 Uhr be- geben sich alle ins Zelt oder in die Autos zur Nachtruhe. Der Chef der Hundestaf- fel schärft uns ein, beim Austreten laut zu melden, da die Hunde ab jetzt scharf wachten. Sonntag, 8. 12. 1980. 4 Uhr 30 Tagwache. Im Zelt der Reutte- ner gibt es ein Frühstück mit Kaffee oder Tee, Brot und Butter, Marmelade. Für uns eine Wohltat. Auch der selbst mitgenommene Schnaps schmeckt gut, er dient der Desin- fektion und ersetzt das Zähneputzen. Nach dem Abbau der Zelte im strömen- den Regen wird alles wieder verladen und die Reise geht um 7 Uhr 10 weiter nach Süden. Hier kommen zwei katholische Priester zu uns. Sie wollen uns ins Erdbe- bengebiet begleiten. Die Polizei formiert den Konvoi auf dem Pannenstreifen und geleitet uns weiter. Nach kurzer Zeit setzt wieder Regen ein. Wir fahren auf einer endlosen geraden Autobahn nach Neapel. Ein leichtes Gebirge ist vor uns, das wir überqueren. Auf den Bergen liegt Schnee. Im Tal ist jedoch alles aper und grün. Nach langer Fahrt läßt der Regen nach. Im Süden kann man den blauen Himmel erkennen. Also gottlob nur ein Gewitter. Der Konvoi kommt jetzt gut voran. Wir sind wieder ganz vorne im Zug. Auf der Autobahn ist starker Verkehr. Manche überholende Fahrzeuge, hauptsächlich solche mit südlichem Kennzeichen, hupen und die Insassen winken jedem einzelnen Konvoifahrzeug. Wohnwagenkolonnen überholen uns. Alles nach Süden. Um 10 Uhr technischer Halt in Caserta. Eine hier verheiratete Tirolerin stößt als Kontakt- person zu uns. Der Konvoi setzt sich wieder in Bewe- gung: Ein endlos langer Wurm. Was wird uns wohl erwarten? Die Spannung wächst, die Route wird geändert. Wegen der Wegverhältnisse soll das Bebengebiet von Süden her angefahren werden. Das Meer ist zweimal in Sicht. Bei Salerno zweigen wir ins Landesinnere ab. Noch ein Stück Autobahn, dann auf einer kur- venreichen, engen Straße in die Berge hin- ein. Nach einigen Kilometern sehen wir die ersten zusammengefallenen Häuser, gerissene Asphaltdecken, abgesenkte Fahrbahnen. Die Straße schlängelt sich enger und steiler empor. So geht das 15 km lang. Ei- ne deutsche Sanitätseinheit hat ein Feldla- zarett errichtet. Hier herrscht deutsche Ordnung. An jeder Kehre steht italieni- sche Polizei oder Heer. Alle winken: wei- ter, weiter. Oder ist die Gegend hier schon so unsicher? Sonntag, 8. 12. 1980, 13.30 Uhr. Ankunft in Calabritto, der Konvoi quält sich durch die Ortseinfahrt, gesäumt von neueren Häusern. Diese stehen zer- rüttet, ohne Fassaden. Plötzlich stockt die Fahrt, die Spitze kommt nicht mehr wei- ter. Es ist alles mit Wohnwagen und Miii-
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