Kitzbüheler Anzeiger

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Samstag, 6. März 1982 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Toni Praxinair zur Vollendung des 75. Lebensjahres II. Teil »Wir gaben unsere beliebten »Tiroler Abende« in vielen großen und berühmten Konzerthallen Europas und Amerikas, ‚in Eishallen bis zu 20.000 Personen Fas- sungsraum, auf Freilichtbühnen, auf den Ozeandampfern Hamburg, Bremen, Ro- bert Ley, Caronia, Queen Elisabeth, Queen Mary, Mauretania, SS-United States, weiters in vielen Universitäten, Colleges und High Schools, in Sport- und Ausstellungshallen. Wir fertigten unsere ersten Schallplat- ten schon 1937 an, machten Platten mit Peter Kreuder (1947), bei Mastertone (1955) und sechs Langspielplatten bei Co- lumbia, Ariola und Amadeo. Unsere größte Zuschauerzahl hatten wir mit 40.000 in Salerno auf einer Frei- lichtbühne; die kleinste war eine Person im Hungaria-Restaurant in London. Die- ser Mann wollte unbedingt das Programm sehen und hören und bezahlte für 200 Personen die Eintrittskarten. Die größte Zuschauerzahl in der Royal-Albert-Hall in London mit 9000 Personen konnten wir dreimal ausverkaufen. Dieses Kunst- stück brachten nach dem Krieg nur Her- bert von Karajan mit seinen Philharmoni- kern, das Bolschoi-Ballett und der russi- sche Staa:szirkus zustande. Unsere erfolgloseste Veranstaltung war in Kundl, wo wir im größten Saal einen Tiroler Abend geben wollten. Die Blas- musikkapelle im 1. Stock hielt zur selben Zeit eine Probe ab und war trotz Bitten nicht bereit, diese abzusagen. Deren Pro- benarbeit war jedoch lauter als unser Ge- sang und so mußten wir die Vorstellung abbrechen und dem vollbesetzten Haus das Eintrittsgeld zurückgeben. Unsere schönste Vorstellung war im großen Francis-Schervicos-Hospital in New York für die vielen spastisch und ce- rebral gestörten Kinder. Die strahlenden Gesichter, die leuchtenden Augen und die Freude dieser kleinen Zuhörer waren für uns mehr als jeder andere Beifall. ‚Die interessantesten Erlebnisse unserer Gruppe: Eine Einladung des Bettler-Königs von London zu einem Dinner als Dank für die vielen belegten Brote, die wir monatelang nach unserer Nachtvorstellung laut Ver- trag bekamen und dann an die Bettler in den Straßen Londons verteilten. Die Zusammenkunft auf dem engli- schen Kregsschiff »HMS Kempenfeld« mit Offizieren und Matrosen zu einem Cocktail. Dabei kam es zu einem Wett- trinken zwischen den Matrosen und uns Tirolern, bei dem wir als Sieger hervor- gingen. Die Sabotage im Palace Hotel in St. Moritz, wo wir für einen Abend verpflich- tet wurden. Wir trafen bereits am Vormit- tag ein und deponierten unsere Requisiten und Instrumente im Saal, um am Nach- mittag die Skipisten kennenzulernen. Als wir vom Skilaufen zurückkamen, hatten »freundliche« Gegner alle Saiten der Gi- tarre durchgeschnitten. Es war sehr schwierig, bis zum Abend den Schaden zu beheben. Bei unseren Vorstellungen in Orten der französischen Kanalküste stießen wir auf Widerstand. Der Krieg war dort noch nicht vergessen. Die Vorstellungen waren zwar gut besucht, aber es wurde kein Ap- plaus gegeben. Als wir bei Filmaufnahmen in Berlin waren, wurde Lois Feller Zeuge eines Au- tounfalles zwischen einem russischen Jeep und einem Privatauto. Feller wurde so- fort auf die Kommandatur mitgenommen und nachdem Lois unglücklicherweise be- hauptete, der russische Wagen wäre am Unfall schuldig gewesen, wurde er gleich eingesperrt. Da wir jedoch Lois unbedingt brauchten, blieb mir nichts anderes übrig, als auf die Kommandatur zu gehen. Zum Glück war der vernehmende Offizier ein Ostdeutscher, der schon einmal in Kitzbü- hel skilaufen war und so bekam ich Lois Feiler in einigen Stunden wieder frei. Interessant für uns waren auch die überraschenden Erfolge unserer Lieder und Tänze in Japan und so konnten wir dieses wunderbare Land mit all seinen Sit- ten und Gebräuchen kennenlernen. Die gefährlichsten Erlebnisse auf unse- ren Tourneen waren: Ein Gewitter- und Sturmflug von Bo- ston nach Philadelphia mit dem Verlust einer Motorhaube, die den Piloten der zweimotorigen Maschine zu einer Notlan- dung in Newark zwang. Bei unserem letzten Auftritt in New York, im Madison-Square-Garden 1936, wurde in der Arena ein künstlicher Schneeberg aufgebaut. Hannes Schnei- der, Beno Rybitzka und Otto Lang führ- ten die Ariberg-Skischule vor, auch war ein kurzer Slalom gesteckt, den einige Burschen unserer Gruppe in kurzer Le- derhose und Brustfleck auf Skiern abfuh- ren. Der Auslauf endete auf einer künstli- chen Eislauffläche. Auf dieser brachten wir mehrere längere Einlagen in Gesang und Schuhplattlern auf provisorisch auf- gelegten Brettern, die uns unter den Fü- ßen immer davonliefen. Während dieser Vorstellung wurde in unserer Garderobe eingebrochen und das ganze verdiente Geld der Tournee mit Reisegeld und Papieren gestohlen. Da es unser lezter Tag war, hatte ich alles in ei- ner Tasche, das Geld zur Hälfte in Schecks und das Bargeld in der rückwärti- gen Tasche des Scheckbuches. Ich merkte den Diebstahl in der Pause. Garderoben- türe und Eisenspind waren aufgebrochen, die dazugehörigen Schlüssel hatte ich während des ersten Teiles in meiner Ho- sentasche. Wir alarmierten sofort die Po- lizei und Max Schmeling, der gerade an- wesend war, half uns mit den Polizisten und Direktoren des Hauses, den Dieb zu suchen. Leider ohne Erfolg. Man kann Toni Praxmair. sich vorstellen, mit welchen Gefühlen wir unseren 2. Teil der Vorstellung absolvier- ten. Noch vor Ende des 2. Teiles rief mich der Lautsprecher in die Direticnskanzlei und .or mir stand eine Frau m:: der Ta- sche und allen Papieren uni dem Geld. Der Dieb hatte nur die Schecks gesehen und iatte die Tasche in eine Lo.e gewor- fen. Man kann sich die Stimmung der Gruppe vorstellen! Glick hatten wir auch in einem Eisen- bahnwagen, wo wir alle Fenster:''-ätze be- setzt iatten, als ein Telephcnmasten auf den Zig stürzte und die Fensterscheiben zersplitierten. Viele Fahrgäste erlitten schwere Schnittwunden in den Gesich- terIz. Gottseidank wurde niemand aus un- serer Gruppe verletzt. Der 72stündige Sturm auf der Über- fahrt nach USA war einer der schwersten seit larger Zeit. Alle Passagiere wurden seekrank, außer Max Oberlindober. Der Dampfer geriet in Seenot, funkte SOS urnl dieser Notruf wurde sogar in Kitzbü- hei aufgefangen. Ein spanisches und ein französ:sches Kriegsschiff eilten zu Hilfe. Infolge des hohen Seeganges war es nicht möglich, Passagiere zu übernehmen. Aber schließlich gelang es den Ingenieu- ren und Matrosen, das Leck zu reDarieren uni wir kamen mi: einer dreitägigen Ver- spätung in New York an. Dabei versäum- ter- wir aber zwei große Vorstellungen und e--ne undfunksendung. Gefährlich war auch der geplar:e Über- fall einer Bande in einem Restaurant in Glasgow, in dem wir in den Fausen geges- seu haben, da es ganz in der Nähe des Thea:ers war. Aus irgend einem Grunde provozierten diese Burschen eine Rauferei mit Rasiermessern und Flascher. Da wir n)ch jr. der Tracht waren, hatten wir in unserer. Lederhosen die bei uns gebräuch- lichen Stichmesser. Wir zückten die Mes- ser, legten diese offen auf den Tisch und machten uns zur Verteidigung bereit. Wir hatten keine andere Wah, denn der Weg zur Tu:- war uns abgeschnitten und der
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