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Seite 14 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 20. März 1982 Nach schwerem Leiden ist - wie be- richtet - Sr.-Oberin Ermelinde (Rosina) Schauer, Barmherzige Schwester der Kon- gregation des Hl. Vinzenz von Paul, knapp vor Vollendung des 75. Lebensjah- res und im 46. Jahr ihres heiligen Berufes verstorben. Sie hat durch fast 24 Jahren den Alten und Armen in Kitzbühel ge- dient und war dem Altersheim nicht nur eine gütige Oberin, sondern seine »Mut- ter«. Rosina Schauer stammte aus einer Fa- milie mit 11 Kindern. Sie wuchs in Alten- felden im Mühlviertel auf. Sie wirkte im Hospiz in Badgastein bis zur Aufhebung, dann durch 8 Jahre im Herz-Jesu-Asyl in der Riedenburg in Salzburg, wurde da- nach Oberin im Altersheim in Bad Hofga- stein, wirkte ein Jahr im Altersheim Wer- fen und kam wieder nach Bad Hofgastein zurück. Im Jahre 1958 erging der Ruf der Schwester Visitatorin an sie, in das Alters- heim nach Kitzbühel zu gehen. Obwohl ihr der Abschied von Hofgastein, wo sie wieder Oberin gewesen war, schwerfiel, gehorchte sie. Nach Kitzbühel brachte Sr. Ermelinde ihre reiche Erfahrung in der Altenbetreu- ung mit. Sie wußte, daß die baulichen Voraussetzungen des 1957 adaptierten Hauses nicht die besten waren, denn es war schließlich nicht für diese Aufgabe er- richtet worden, aber sie schärfte ihren Mitarbeiterinnen ein, es sauber zu halten und die Insassen gut zu betreuen und zu verpflegen. Sie selbst war vorbildlich tätig und war den Schwestern und den Mäd- chen eine edle und gute Mutter. Sie trug die volle Verantwortung für das Haus und war eine zielstrebige, aber sparsame Ver- walterin. Sr. Ermelinde führte das Büro und die Aufsicht im Parterre, betreute die Kranken, nähte viel und sorgte für die Wäsche und war fast ein bißchen stolz auf die Früchte des Gartens, die zur Aufbes- serung des Speisezettels herangezogen werden konnten. Der Garten war für sie nicht sosehr Arbeitsstätte, sondern trotz aller Mühen und Aufgaben ein Platz der Erholung. Sr. Ermelinde verzichtete auf den von der Kongregation angebotenen Urlaub und erlebte in einer Fahrt zur Mit- telstation des Kitzbüheler Horns oder ei- ner kleinen Wanderung am Sonnberg, ge- meinsam unternommen mit einer Mit- schwester, vielleicht mehr Freude als mancher »Fernreisende«. Die Arbeit mit alten Menschen ver- schiedener Herkunft, die ihr letztes irdi- sches Heim in der Gemeinschaft alter Mit- menschen erleben, ist oft nicht einfach. Sr. Ermelinde machte ihre Arbeit bewußt dem Herrgott zuliebe und ertrug auch manche Bitternis, die nicht ausbleiben konnte, mit größter Ruhe. Ihre Kraft hol- te sie sich in Kirche und Kapelle, oft in der nächtlichen Anbetung nach langem Tag- werk. Wie beim Gebet, so kannte sie auch bei der Arbeit kein Rasten. Sie war eine vorbildliche Pflegerin der Kranken und vermochte viele Wunden zu heilen. Ihre Mitschwestern bezeichneten Sr. Ermelinde als eine mustergültige Oberin. Besonders Sr. Viktoria Pilz und sie waren ein »Team«. Alles wurde gemeinsam be- sprochen und mit viel Schwung ausge- führt. Die beiden Schwestern, auf denen eine große Verantwortung und Arbeitslast ruhte, trugen diese gemeinsam im Wissen um den Auftrag des Herrn. In Beschei- denheit waren sie auch bemüht, ihr Wis- sen und Können zu verbessern und den Glauben durch Exerzitien zu festigen. So- lange Sr. Ermelinde und Sr. Viktoria ge- meinsam arbeiten konnten, wurde kaum jemandem bewußt, welche Arbeitslast auf ihnen ruhte. Kaum jemand wußte, daß Sr. Ermelinde nach einem Herzinfarkt ar- beitete, als sei nie etwas gewesen. Dankbare Erwähnung verdient hier die leibliche Schwester Berta der Verstorbe- nen. Sie ist seit 16 Jahren eine treue, unei- gennützige und unermüdliche Helferin im Altersheim, die um Gottes Lohn tätig ist und trotz ihrer 79 Jahre noch immer rege mitarbeitet. Freude erlebte Sr. Ermelinde immer wieder auch mit den Mädchen, die im Al- tersheim arbeiteten. Sie sorgte sich um ei- ne umfassende Ausbildung, aber auch die Möglichkeit der Weiterbildung in Kursen oder der Musikschule. Sr. Ermelinde ver- trat die Auffassung, daß die Mädchen im Haus ein Stück Heim und Familie haben müssen und bemühte sich sehr um eine frohe und lebendige Hausgemeinschaft. Sr. Ermelinde arbeitete im Haus, solan- ge sie dazu fähig war. Knapp nach Weih- nachten wurde eine Operation erforder- lich, es zeigte sich eine nur kurze Besse- rung, die eine Übersiedlung in das Mut- terhaus nach Salzburg-Mülln möglich machte, aber sie war nicht anhaltend. Sr. Ermelinde hatte bis zuletzt den Willen zum Leben und wollte wieder nach Kitz- bühel zurück. Nach einem Besuch der Schwester Visitatorin, die von den Alters- heiminsassen bestürmt wurde, die Schwe- ster Oberin nach Kitzbühel zu entsenden, sobald es gesundheitlich möglich sei, griff sie den Plan von BM Brettauer auf, für die Büro und Verwaltungsarbeit zurück- zukommen, sich aber ein wenig Liebe und Fürsorge dort vergelten zu lassen, wo sie andere durch fast zweieinhalb Jahrzehnte gepflegt hat. Ihr schweres Leiden opferte sie für Ordensberufe auf. Schon einige Zeit vor Weihnachten hatte sie das Sakra- ment der Krankensalbung erbeten. Tref- fend bemerkte damals P. Vikar Salvator Sturm, Sr. Ermelinde sei reif für den Himmel. Am Samstag, 20. Februar, ver- starb sie im Provinzhaus in Salzburg. Im Altersheim hatten viele Menschen, die bis zuletzt gehofft hatten, die Schwe- ster Oberin werde heimkommen können, Ermelinde Schauer. ihre letzten Stunden im Gebete verbracht. Als die Nachricht bekannt wurde, daß sie heimgerufen worden war, ar das Haus in Trauer Eine Abordnung aus Kitzbühel nahm am Sterbegottesdienst und a:i der Beerdi- gung in Salzburg teil. Direktor Mikula CM, Pfarrer Johann Danninger und Guardian Erwin Gort fe:erten in Konzele- bration den Gottesdienst. 3ei den Ge- denkworten versagte d•m Direktor die Stimme. Am offenen Grab im Kommu- nalfriedhof dankte Stadtrat Georg Berger im Namen der Stadt Kitzbühel und der vielen alten und armen LeLte, denen Sr. Ermelinde geholfen hat, in herzlichen und ehrlichen Dankesworten. Sr. Visitatorin Gerardine 011er dankte nach der eindrucksvollen Trauerkundge- bung der Vertretung der Stadt und der Pfarre scwie den Insassen des Alters- heims, die nach Salzburg gekommen wa- ren. Mit besonderem Dank registrierte sie die Anwesenheit des langjährigen sachzu- ständigen Sachwalters der Stadtgemeinde, Fachinspektor Ernst anagraf. Auch übermittelte sie dem derzeitigen Referen- ten Stadtrat OSR Peter Brandstätter, der aus gesundheitlichen Gründen nicht am Begräbnis der hochgeschätzten Schwester teilnehmen konnte, die besten Grüße. Der Wunsch der Kitzbüheler, daß Sr. Erme- linde nach Kitzbühel zurückkommt, ist durch der Ruf des Herrn unerfüllbar ge- worden. Sr. Ermelinde wird aber in den Herzen vicier dankbarer Menschen und in der Erinnerung der Kongregationsge- meinschaft einen festen Platz haben. Ein mit dem Altersheim eng verbunde- ner Kitzbüheler Arzt wies in einem Ge- denkwort für Sr. Ermelinck darauf hin, daß sie sich für ihre umfassende Arbeit ei- nen Orden verdient hätte. Sie hat auf irdi- schen Lohn verzichtet und ; konnte auf das Sterbeandenken geschrieben werden: »Was ich ersehnt, das schaue ich nun, was ich erhofft, besitze ich nun. Im Himmel bin ich mit Ihm vereint, den ich auf Erden mit ganzer Hingabe geliebt habe.« H.W. Pfarre und Gemeinde Kitzbühel feier- ten am Donnerstag, 4. März, einen Ge- denkgottesdienst für Sr.-Oberin Ermelin- de. Schwester Oberin Ermelinde (Rosina) Schauer zum Gedenken Das Kitzbüheler Altersheim verlor seine »Mutter«
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