Kitzbüheler Anzeiger

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Seite 6 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 7. August 1982 Man muß natürlich die Geige mögen und nicht etwa die Trompete, um sie als Soloinstrument einen ganzen Abend lang auszuhalten. Dazu sollen vor allem drei Bedingungen erfüllt sein: Das Werk, das Instrument und der Geiger müssen von überdurchschnittlichen Graden sein, sonst wird auch der Gutwillige unruhig. Es schien schmeichelhaft, wenn Ricci mit seinem Programm uns von vorneher- ein Musikverständnis, Aufnahmefähig- keit und den erwähnten guten Willen zu- gesteht, und es ehrt ihn und uns, daß er sich dabei nicht verrechnet hat: Dies sei gleich vorweggenommen. Denn schon das erste Werk, mit dem er sich in die Herzen seiner Zuhörer einzu- spielen gedachte, stellt, gelinde gesagt, das Höchste auf diesem Gebiet dar, das in der abendländischen Musik überhaupt denkbar ist. Hat doch der leidenschaftli- che Geiger J.S. Bach mit seinen 6 Sonaten und Partiten für Violine allein seine schöpferischen Fähigkeiten sowie seine völlige Vertrautheit mit den Möglichkei- ten des geliebten Intrumentes auf ein Höchstmaß gebracht, das eben in der d-Moll-Partita gipfelt. Während die So- naten nach der Grundform der Kirchen- sonate gearbeitet sind, stellen bekanntlich die Partiten eine Abfolge von Tänzen, ei- ne Tanzsuite, dar. In Köthen, am Hofe ei- nes musikverständigen Fürsten, neben den Brandenburgischen Konzerten in ei- ner glücklichen Zeit Bachs entstanden, ist das bald verschollene gesamte Werk in seiner eigenhändigen Reinschrift, nach ei- ner abenteuerlichen Fahrt, als Butterpa- pier im Nachlaß eines Musikers 120 Jahre später in Petersburg ans Licht gekommen und nach seiner Inthronisation durch Fer- dinand David seither nicht mehr aus den Konzertsälen verschwunden. Wer das Glück hat - oder das Malheur - die »Partitur«, in diesem Fall die Solostimme der d-Moll-Partita vor Augen zu bekom- men oder gar das Faksimile des Bach- schen Autographs, dem wird schwindelig bei dem Hexentanz der Noten mit Doppel-, Tripel- und Quadrupeigriffen, mit punktierten gebundenen und unge- bundenen Achte!-, Sechzehntel- und Zweiunddreißigstelgängen. Die Thematik wird in 4stimmigen Fugen entwickelt und baut sich - schon im Notenbild ein- drucksvoll - in einer Art Tonarchitektur auf, die einem gotischen Gebilde mit allen Zieraten gleicht. Die in Tempo und Anla- ge verschiedenen einleitenden Sätze grei- fen auf alte Tanzformen zurück, die be- strickenden Klanggebilde erweisen sich je- doch nur als Vorspiel für die hochbe- rühmte Chaconne, auf die hin sie gebaut erscheinen. In dieser selbst wird ein vier- taktiges Thema, das in seiner einfachen Gestalt an das der Kunst der Fuge erin- nert, dessen Haupteigenschaft seine Mo- dulationsfähigkeit ist, in etwa 30 Varia- tionen durchgeführt, diese ihrerseits wie- der in drei in Tempo und Ausdruck ver- schiedenen Gruppen. Zu Beginn wird in einer Art Vorspannung das Thema ent- wickelt, in immer neuen Umwandlungen, während im Mittelteil die durchgängige d-Moll mit einer D-Dur Gruppe der Va- riationen durchbrochen wird, die Kreuz- blume auf einem gotischen Turm. Die Entspannung geschieht wieder in Moll- Abwandlungen, nach einem Rückgriff auf das einleitende Thema sinkt der Duk- tus ab zu einer Fermate auf dem Grund- ton. Das Wesen Bachscher Architektonik wird hier mit Händen greifbar, ein tiefes Gefühl beglückender Gelöstheit bewir- kend, wenn die d-Moll mit der Chaconne zu Herz und Hirn gedrungen ist. Nicht bei jedem Hördebütanten wird dies der Fall sein, jedoch einen Ansporn bedeuten, sich das Werk an Hand von Platteneinspielun- gen - sie liegen von vielen bedeutenden Geigern vor - zu eigen zu machen. Bela Bartok - der Sohn eines Ungarn und einer Ofner-Deutschen, braucht als Klassiker der Moderne nicht mehr vorge- stellt zu werden. Seiner eigenen Aussage nach, versucht sein vielgestaltiges Werk die Synthese zwischen den überkomme- nen Formen Bachs, Beethovens und De- bussys einerseits und der Volksmusik sei- ner ungarischen Heimat und darüberhin- aus des Balkans. Eigentümlicherweise hat er seine Stellung als Unterrichtsminister in der blutrünstigen Räteregierung Bela Kuns als tragbar empfunden. was ihm beim nachfolgenden ungarischen Regime Schwierigkeiten bereitete, so daß er nach Amerika emigrierte. In der seelisch-wirt- schaftlichen Düsternis jeder Zeit ist dann das rettende Auftragswerk der Solo-Vio- linsonate für Menuhin entstanden, wohl, wie etwa das 6. Streichquartett, eines der sprödesten Werke Bartoks, die Thematik kurzatmig, die Ansätze zu einer weitaus- geschwungenen Durchführung immer wieder problematisch unterbrochen. So- gar die Kantilene des dritten Satzes ist ausgesprochen düster, die Möglichkeiten der Geige scheinen ausgeschöpft. Im Gan- zen drängt sich das Gefühl auf: Großartig abrupt, ein Ausdruck, wie er einmal für Hölerlins Sophokles-Übertragungen ver- wendet wurde. Da nun das Nebeneinan- der der Bartok-Sonate zu der Bach- Partita den Vergleich herausfordert: Hier steht am Ende, abgesehen von Anderem, eine beglückend - organische Lösung, dort - das Problem, übrigens neben dem Hang zu Pathologie ein Zeichen der zeit- gebundenen Moderne überhaupt. Was endlich Paganini betrifft, so scheint heute und eigentlich schon längst, die Frage des überwiegend Musikanti- schen gegenüber dem rein Artistischen entschieden. Man versteht heute die Fas- zination, der auch Musiker wie Schu- mann, Liszt, Chopin oder Berlioz erlegen sind. Man nimmt so dann und wann eini- ge Banalitäten in Kauf, die man verzeiht, weil auch sie dazu da sind, um das Zaube- rinstrument erst recht klingen zu lassen. Und dann die viel beschriebenen Glissan- di - sie sind ein durchaus legitimes Mit- tel, um dem Instrument Töne zu ent- locken, wie sie keinem anderen möglich sind. Aber zugegeben, die Gretchenfrage für jeden ehrlichen Geiger lautet immer- hin: Wie hältst Du's mit den Glissandi? Messerrückenbreit ist hier die Gefahren- zone, der Übergang von Kunst zum Kitsch. Paganini's Opus 1, eben die Ca- pricci, bietet genug von dem Teufelswerk der Drei- und Vierfachgriffe über zwei Oktaven und darüber, von atemberau- benden Läufen, von Springbogenpassa- gen, Glissandi und Spielhandpizzicati, kurz von dem ganzen Arsenal, um des- sentwillen dem offensichtlichen Teufels- bündler vom Bischof von Nizza 3 Jahre .ang das Erdbegräbnis verweigert werden konnte. Die Capricci, deren 2. Teil über- wiegend in Dur steht, gegenüber dem an- deren Programm des Abends sicherlich musica leggiera, niemand hat sie als Ab- stieg, sondern in ihrer problemlosen Hei- terkeit zusammen mit den anderen, durch den stürmischen Beifall gewährten Stücken, nur als freudige Draufgabe ge- wertet, die einen potentiellen Gegner der Geige zu diesem königlichen Instrument Dekehren mußte. Denn wahrhaft königliche Instrumente hütet Ricci als seinen kostbarsten Besitz, eine Storioni, aus der Stradivari-Nach- folge, die er beim Bach erklingen ließ, AMATEUR vw, >- 0 UJ - - be e : R KEC-Generalversammlung Am 23. Juli 1982 fand die Generalver- sammlung des Kitzbüheler Eishockey- lubs im Hotel »Maria Theresia« statt. Nach kurzem Rückblick auf die Saison 1981/82 des Präsidenten Martin Kerscher konnte der Kassier Ferdinand Walch ein ausgeglichenes Budget vorlegen. Durch den Abstieg von der Nationalli- ga wird der KEC in diesem Jahr in der Ti- roler Landesliga spielen. Hauptaugenmerk in Zukunft wird die Schüler- bzw. Nachwuchsarbeit sein. Sehr erfreulich ist die Tatsache, daß sich Pepi Scherzer bereit erklärt hat, als Trainer für den Nachwuchs sowie für die Kampf- mannschaft tätig zu sein. Luise Pfurtscheller wird sich noch in- :ensiver um die Organisation des Clubs kümmern und wurde daher auch von den Anwesenden einstimmig als Vizepräsiden- .in des Eishockeyclubs gewählt! Ausführlicher Bericht folgt! Das 1. Sommerkonzert in Kitzbühel Ruggiero Ricci - ein Fest der Geige
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