Kitzbüheler Anzeiger

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Die Mitglieder der Sektion Bochum mit ihren Ehrengästen im Kitzbüheler Rathaus. Musikalischer Ostwind aus dem Westen 5. Kitzbüheler Sommerkonzert 1982 als würdiger Abschluß - Popularität der Konzerte stark im Zunehmen Seite 34 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 4. September 1982 des Deutschen und Österreichischen Al- penvereins bewußt und sind überzeugt, daß wir auch heute noch, trotz der Tren- nung der beiden alpinen Vereine dieselben Ziele verfolgen. Unsere beiden Sektionen haben darüberhinaus durch Ihre »Bochu- mer Hütte« mitten in unserem Arbeitsge- biet einen weiteren Berührungspunkt und unsere Städte Bochum und Kitzbühel blicken auf eine Bergbauvergangenheit zurück. Es ist unser Wunsch, das Partner- schaftsverhältnis mit Leben erfüllen zu wollen, es zu hegen und zu pflegen und Eins steht fest: Keines der heurigen Sommerkonzerte, auch nicht das vierte, an dessen Anfang immerhin ein Mozart stand, begann mit so viel Musik geworde- ner naiv kindlicher Lebensfreude, nein, mit einem solchen Maß an sich verströ- mendem Glücksgefühl. Man mußte of- fensichtlich Joseph Haydn abwarten, um dies erleben zu dürfen. Wie ein schöner Maitag beginnt das »Andante« seines 0-Dur-Trios für Violine, Cello und Kla- vier; ein Satz, durchweht von stiller Da- seinsfreude, verklärt, ein bißchen ver- spielt wie Rokoko, ohne solches zu sein, und man kann sich - zumindest ist es vorstellbar, daß diese unbeschwerte Mu- sik auch von anderen so erlebt wird - ei- ner lieblichen Vision nicht erwehren: Ein unsagbar schöner Himmel über dem Bur- genland, über Eisenstadt, über dem weit- läufigen Park von Schloß Esterhäzy. Vor allem im 2. Satz (Poco adagio) steigen sol- che Bilder auf, wiewohl es sich keineswegs um Naturschilderung handelt. Es ist viel- mehr Spiegelung des Naturglücks im Geist und in der Seele Haydns. Der Mei- ster sitzt trotz der frühen Stunde bereits emsig über Notenpapier (auch, wenn dies ich bin überzeugt, daß wir das können und auch tun werden.« Der Aufenthalt der Bochumer AV- Sektionsmitglieder und Ehrengäste dauer- te vier Tage. Die Anreise wie auch die Heimreise erfolgte mit einem Omnibus. Es wurde eine Wanderung auf den Trist- kogel durchgeführt, eine Bergmesse gefei- ert, bei welcher Festreden gehalten wur- den und bei welcher die Bergknappenmu- sik Jochberg die Deutsche Messe aufführ- te. Auch die Referenten der einzelnen Gruppen kamen zu Worte. der biographischen Wahrheit nicht ent- sprechen sollte), und das unsagbare Glück dieser unsagbar unbelasteten Stunde wan- delt sich in Musik, stülpt sich gleichsam als Musik aus. Man verzeihe dem Schrei- ber diese beinahe romantische Ausdeu- tung! Es geht nämlich gar nicht um Ro- mantik, sondern vielmehr um das gewisse nicht Nachvollziehbare in Haydns Wesen und Persönlichkeit - diesen Vierklang aus der Fähigkeit, Äußeres in das spiegel- bildliche, entmaterialisierte Innere umzu- setzen, aus seiner in jahrzehntelangem Mühen gewonnenen Satzkunst, aus dem Ebenmaß und der Lauterkeit seines Cha- rakters und aus seinem großen Glauben. Und wenn man will, kommt da noch eine Unbekannte »X« dazu, undefinierbar, Geheimnis. Jede kleinste Phrase enthält das Ganze im Genie Haydn ... Und der Meister, im 3. Satz angelangt, holt Erin- nerungen ein - Erinnerungen, die Gegen- wart werden. Hellwach, träumt er hinaus in die Weite der ungarischen Pußta (Fina- le all'ongarese), Ausfahrten mit Graf Esterhzy zu Jagd- und Lustschlössern, wo er, der Hofcompositeur Seiner Durch- laucht, spielen bzw. »accompagnieren« soll ... Ja, je mehr man über diesen men- schlichsten aller großen Komponisten nachdenkt, desto unbedingter wächst sei- ne Kunst auf, steigert sich ebenso zum nicht mehr Faßbaren wie die Kunst seines unerreichten Schülers, des um vieles jün- geren und völlig anders gearteten Beetho- ven. Die Interpretation? In meinen Augen sicher haydnisch, der Finalsatz vielleicht eine Spur überdreht - trotz der Vor- schrift »Allegro con brio«. Aber es ging noch weiter hinein in den Osten. Nicht mit Haydn! Ein Sprung über mehr als 100 Jahre rasanter Musikent- wicklung bringt uns nach Budapest zu Zoltan Kodaly und zu seinem 1914 ent- standenen »Duo für Geige und Cello«, op. 7 - einem Werk, prallgefüllt mit uri- ger Musikalität, wild, auch irgendwie tra- gisch. Was werden sie, die damaligen Zu- hörer, wohl gesagt, empfunden, gedacht haben? Ablehnung bei den meisten, be- geisterte Aufnahme bei wenigen ... Heu- te, fast 70 Jahre später, ist dieses Opus des 32jährigen Kodaly ein Reißer, sieht man davon ab, daß es für einen solchen viel zu schade ist. Man sollte bedenken, beim Hören, daß der 1. Weltkrieg vor der Tür stand oder schon begonnen hatte und damit der große Zerfall besiegelt war; der Zerfall des Habsburgerreiches. Europa brennt! Eine große Einsamkeit - die Ein- samkeit des modernen Menschen - kün- digt sich an, wird Gestalt in diesem Duo. Und wenn man, rein vom Musikalischen her, etwas Negatives vorbringen will, vor- sichtig, so vielleicht, daß eine gewisse Ge- wolltheit, was das »Neutönen« betrifft (die ungewohnt großen Intervalisprünge!), unverkennbar ist und für dieses Neue die kongeniale Form noch nicht gefunden scheint. Nicht zufällig ist das immerhin dreisätzige Werk auf weite Strecken hin vornehmlich rhapsodisch gestaltet, als Summe aneinandergereihter Miniaturen, häufiger Wiederholungen und daher - trotz der auch spürbaren Rondoartigkeit - letztlich gestaltlos. Daß jedoch für solch vitale Harmonik, Melodik, Rhyth- mik eine Formzwangsjacke die größere Katastrophe gewesen wäre, ist klar. Der Widerspruch perfekt! Aus dem Schema ausgebrochen, blieb nur die freie Form, das improvisatorische Element - auch wegen einer gewissen Monotonie. Noch- mals; man vergesse nicht: Eine Einheit zerfiel und nicht nur eine politisch-sozio- logische! Hier Geschlossenheit und Gleichgewichtigkeit zu erwarten, ist ver- fehlt. Ja, eine solche wäre letztlich Lüge. Und das Werk ist trotzdem oder gerade deshalb zum »Klassiker« geworden. Es hat prachtvolle Stellen, und diese lebendig zu machen, gelang dem ausgezeichneten Geiger Antonio Nünez (Uruguay, Schweiz) - wirklich, er ist goldeswert - und unserem Florian Ebersberg (Oster- reich, Venezuela), bei diesem Konzert wieder in Hochform, glänzend. Der ehrli- che Applaus galt sicher noch mehr den
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