Kitzbüheler Anzeiger

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Das Grab von Alfons Petzold auf dem Kitzbüheler Bergfriedhof mit dem Reliefbildnis von Bildhauer Stefan Silberberger (Kitzbühel). & Seite 38 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 2. Oktober 1982 Zum 100. Geburtstag von Alfons Petzold Am 24. September 1982 wurde von der Stadtgemeinde Kitzbühel auf dem Grab von Alfons Petzold im Bergfriedhof von Kitzbühel ein Kranz niedergelegt. Am Abend des gleichen Tages fand, veranstal- tet von der Volkshochschule Kitzbühel und dem »Turmbund«, Zweigstelle Kitz- bühel, in der Doppelhauptschule Kitzbü- hel eine Lesung von Dr. Erich Schenk, Wien, statt. Aus Anlaß der Wiederkehr des 100. Ge- burtstages des Dichters Alfons Petzold, der von 1917 bis zu seinem Tode in Kitz- bühel lebte und wirkte, bringen wir das »Gedenkblatt Alfons Petzold«, das Bür- germeister Dr. Camillo Freiherr von Buschman vor 30 Jahren, anläßlich der Wiederkehr des 70. Geburtstages des Dichters, verfaßte, und das erstmals in der Ausgabe vom 20. September 1952 im »Kitzbüheler Anzeiger« veröffentlicht wurde. Dr. Buschman, am 4. Jänner 1893 in Wien geboren, und am 24. August 1966 in Kitzbühel gestorben, kannte Al- fons Petzold persönlich. Dr. Buschman verlebte seit 1903 mit seinen Eltern die Sommerfrische in Kitzbühel und ließ sich dann 1920 als Rechtsanwalt für ganz in Kitzbühel nieder. Dr. Buschman: »Alfons Petzold erblickte am 24. Sep- tember 1882 in einem ärmlichen Wiener Vorstadthaus das Licht der Welt. Seine Eltern, die wohlhabenden deutschen Handwerkerfamilien entstammten, hat- ten im Leben viel Unglück und Mißerfol- ge gehabt und waren mit ihren letzten Groschen nach Osterreich gekommen. Leider konnten sie auch hier ihre wirt- schaftliche Lage nicht verbessern, und so wuchs Alfons Petzold in Not und Armut auf. Dazu kam, daß er ein schwacher, kränklicher Knabe war, der nur durch die liebevolle Pflegd seiner Mutter hochge- bracht werden k9nnte. Trotzdem zeichne- te er sich schop in der Volksschulzeit durch einen fanatischen Wissens- und Bil- dungsdrang aus'Der Inhalt seiner Schul- bücher konnte ihn nicht mehr befriedigen und so stürzte er sich mit Leidenschaft auf jedes Buch, auf jede Zeitung und auf jede gedruckte Zeile, die in seine Hände fiel und er kannte keinen anderen Wunsch, als auch einmal Schriftsteller zu werden. Nachdem er die Volks- und Bürger- schule absolviert hatte, waren keinerlei Geldmittel vorhanden, die ihm ein weite- res Studium ermöglicht hätten und so mußte er sich um einen Arbeitsplatz um- sehen. In seinem autobiographischen Ro- man »Das rauhe Leben« schildert er mit beißendem Humor die wechselvollen Schicksale und Abenteuer, die ihm in den verschiedensten Berufen widerfuhren: Als Laufbursche und Bäckerlehrling, als Schuster und Kellner, als Schneeschaufler und Fensterputzer, als Eisendreher und Gipsfigurenschleifer. Immer wieder war es sein zarter Gesundheitszustand, wel- cher ihn zwang, seine bisherige Beschäfti- gung aufzugeben und sich um eine neue zu bewerben. Doch ungebrochen blieb sein Bildungs- drang, ungebrochen sein dichterischer Wille. Nach anstrengender, mühevoller Tagesarbeit besuchte er in den Abend- stunden Kurse des Volksbildungsvereins und zimmerte des Nachts an seinen ersten Werken. Durch viele Jahre führte er die- ses unstete, ungesunde Leben, bis eines Tages ihn jene fürchterliche Krankheit niederwarf, die um die Jahrhundertwende in Wien Hekatomben von Toten forderte, die insbesondere aus den Elendsvierteln der Großstadt haufenweise ihre Opfer holte: Die Lungentuberkulose. Zu seinem Glück hatte Petzold damals bereits sein erstes Gedichtbändchen voll- endet und nun horchte die Öffentlichkeit auf. Immer wieder sickerte die Nachricht durch, daß ein junger Dichter, der zu den größten Talenten Osterreichs zähle, hoff- nungslos lungenkrank in irgendeinem Spi- tal liege. Seine Gedichte, bisher nur in Ar- beiterheimen bekannt, wurden überall und in den besten Kreisen vorgelesen. Bald fanden sich Schriftsteller, Schau- spieler und hochherzige Gönner, die sich des jungen Dichters annahmen und schließlich seine Aufnahme in die be- rühmte Lungenheilanstalt in Alland durch- setzten. Hier entrann Petzold zum ersten Mal der ungesunden Luft der Großstadt, hier lernte er zum ersten Male die Schön- heit des Bergwaldes und die Pracht der glitzernden Schneegefilde kennen, hier fand er nach vielen Jahren die kaum mehr erhoffte Genesung. Die so erweckte Liebe zur Natur führte ihn im Jahre 1917 mit seiner jungen Gat- tin nach Kitzbühel, wo er zuerst in der Villa Raß am Schattberge, später im Reischhofe und schließlich in der jetzigen Villa Petzold wohnte, die ihm sein großer Gönner Dr. Stefan Licht zur Verfügung gestellt hatte. Hier verbrachte er die ru- higsten, die schönsten Tage seines Le- bens, hier schuf er seine letzten, seine reif- sten Werke. Sechs Jahre waren ihm noch vom Schicksale zugezählt. Dann aber meldete der Tod neuerlich seine Ansprüche an. In den letzten Jahren der schweren Kämpfe hatte Petzolds gebrechlicher Körper jede Widerstandskraft verloren und so ver- schied er unerwartet rasch, still und sanft, so wie er die letzten Jahre seines irdischen Daseins verbracht hatte, am 26. Jänner 1923 im Alter von erst 41 Jahren. Petzolds dichterisches Schaffen ist eng mit seinem äußeren Lebenswege verbun- den. Armut und Elend, Krankheit und Not bilden die Hauptthemen seiner Wer- ke. Verbitterung und Enttäuschung über sein eigenes Los begleiten die Dichtung seiner Jugend. Lediglich, wenn er sich sei- ner gütigen Mutter erinnert, findet er wär- mere Töne. In späteren Jahren ist es das Leid der Anderen, die Liebe zu den Mitmenschen und zu seinem Volke, die immer wieder in seinen tiefempfundenen Gedichten zum Ausdruck kommen. Sein letztes Ideal sieht er aber in dem Glauben an eine bes- sere, sittlich geläuterte Menschheit, ein Traum, dessen Erfüllung in der materiel- len Zeit von heute wohl ferner zu liegen scheint denn je. Trotzdem beschließe ich diese Zeilen der Erinnerung gerade mit diesem Gedichte, das zu einem seiner be- sten zählt. Zukunft Einmal werden sich die Tage ändern, leuchtend werden wie ein Baum im Frühling,- Gott rühling; Gott wird steh 'n an allen Straßenecken und aus jedem Herzen Güte schürfen. In den Häusern werden alle Dinge Wesen sein, die mit beseelter Stimme leise zu den frohen Menschen sprechen: Welche Gnade, daß wir leben dürfen! Jeder von uns wird durch 's Dasein schreiten, angetan mit festlichen Gewändern unter einem lichtbeglänzten Himmel, den im Dunkel unsere Väter spannten. Alles S2ltsame und Wunderbare wird sich unserer starken Sehnsucht schenken, und wir werden wie die Kinder greifen nach der Weisheit alles Unbekannten.
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