Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Samstag. 27. November 1982 Kitzhüher Anze Seite 351 Ist die Mplersprache im Verschwinden? Von Hans Schermer, »Tiroler Heimatblätter«. Heft 10/12 1960 f ne- if C 3. 11 4 \ : v, ', : S1 ' '1 - 1 • 1 1' II '1 Westendorf. Todesfälle. Mitte Juni 1932 wurde unter Teilnahme des katholi- schen Arbeitervereins, der Feuerwehr, der Musik, des Schützen- und Trachtenver- eins sowie zahlreicher Bekannter der ehe- malige Oberzieplbauer Josef Krimbacher zu Grabe getragen. Nach langem Leiden war er im 67. Lebensjahr in ein besseres Jenseits abberufen worden. Am 20. Juni 1932 wurde Josef Achrai- Her, Himpferbauernsohn, zuletzt Knecht beim Haas am Lindrain in Hopfgarten, unter außerordentlich großer Beteiligung der Bevölkerung von Hopfgarten und Westendorf zur letzten Ruhe bestattet. Achrainer, erst 27 Jahre alt, war nach dem Brande der Hopfgartner Pfarrkirche mit Abräumungsarbeiten beschäftigt, als plötzlich ein vom Turme herabfallendes Gesimsstück ihn unter sich begrub. Die Änderungen der Wirtschafts- und Arbeitsverhältnisse auf unseren Almen, die nun einmal die Zeit verlangt, bringen es mit sich, daß auch das dem Almpersonal eigene Brauchtum und das Sprachgut im Verschwinden begriffen sind. Es war bezeichnend, daß sich auf den Almen manches bis in die jüngsten Jahre erhal- ten konnte, was im Tale schon längst verloren war. Ein und die- selben Gegenstände wurden auf dem Heimgut anders als auf der Alm bezeichnet, wobei eben die älteren Sprachfcrmen während der Sommermonate von den Hirten gepflegt wurden. Man kann- te genauso in verschiedenen Gegenden des Alpenlandes eine Jä- gersprache als auch eine Alplersprache feststellen. Davon ist je- doch wenig schriftlich festgehalten worden. In nachstehenden Versen eines Älplers aus dem Brixental sind eine größere Anzahl von solchen spezifischen Ausdrücken enthalten und geben eine Vorstellung von der Eigenart des Lebens und der Ordnung auf den Almen dieses Gebietes. Es sind in diesem Gebiet neben den Privatalmen der Bäuern sehr häufig die Gemeinschaftsalmen zu finden, auf denen mehr Almpersonal notwendig war und auch heute noch ist. Gerade dadurch aber war es möglic:i, eigene For- men in Brauchtum und Sprache zu entwickeln und zu bewahren. Die Verse wurden von Alois Schermer verfaßt und lauten: 25 Summa auf d'Alm aufl geah, dös ku vo dö Hoamingerl) koana vasteah; wenn so oana nimma auf da Alm aufl komb, dann is besser, wenn der Herrgott eahm 's Erdnlebn nimmt. An Longs, wenn's appa weascht, g'spürt er den Drong und denkt si, etz dauaschts woi nimma so long, 's Alpamt2) is a dö Bittag scho gwesn, da send die Bauern all beinonda gwes 'n. Da Wirnsbichlbauer is Zuasecha3) hoia, und Putza4) is a scho wieda a noia, d'Hüata5) send scho all drei vahascht6), Osiada7 ) und Goaßa8) send dö gleichn wia veas.rht. Am 28. Junifohns eichi d'Schöanaua9), Putza is hoia gonz a genaua, dea hot scho 14 Tog Longsarbet10) gemacht, hot ugwassascht1l), zeint und Dochschindln gmocnt. Da Os4ida is a scho do a por Tog, wei dea dö gonze Verontwortung hot; d'Hüata, dia kemmand erscht mit dö Küah, mit da Krax auf Buggl und dreckige Kniea. Hinta dö Hüata heascht ma dö Küah daheagloggin und afünf a segs Bauan üban Trieb12) aufa zottla: hoia is d'Fäua13) scho go woita guat, schreit da Kummascliwencfta14 und waötlS) m!tr Huat. Wenn se riocha dö Bauan za da Ess '16) zuich huckn, mezss'n se d'Hüata an flog17) außi druckn, do toand scliö 1ö easchtn Küah daheabiesnl8) und an easchtn Tog kunans dö P'atz no nit - v".-iss- n. ')Hoamirtger sind die im Tal Gebliebenen. Alpamt ist der verlobte Gottesdienst der jeweiligen Alm. Zuasecia ist der Alpmeister, einer der weideberechtgten Bauern, der hiezu auf eine bestimmte Anzahl von Jahren ge- wählt wird. Der Putza ist für alle Instandsetzungsarbeiten verantwc.rtlich (Erhaltung von Dachern, Gebäuden, Zäunen, Entsteinen, Bewässern, Entwässern, BnennolzrjcLten usw.). Er hat eine Sonderstellung und lebt meist nicht in Gemeinschaft mit den übrigen Alpiern, d.h., wenn die Hochalm bestoßen ist, wird er auf dem Niederlager leben und arbeiten und umgekehrt. Er hat auch seinen Dienst viel früher anzEtreten und kehrt erst viei später von der Alm nach Hause. Die Hiata = Hirten, Melker. vahascht = angeheuert, angeworben. Durch die Ha (Angeld) :st der Dienstvertrag für einen Sommer abgeschlossen wor- den. Ein Zurückgeben der Ha heißt Kideln und gilt ah aLsge- sprochen ehrenrührig. Osiada = Absieder, ist der 1. Hirte und der Verantwortliche für das Vieh und für den Gesamtbetrieb verantwortlich; er ist auch der Koch. Daneben ist der Schweizer, auch Braxer oder Send genannt, völlig selbständig für die Milchverarbeitung veradtworfljch. Ihn geht das Alppersonal rich:s an. er ist di- rekt den Bauern gegenüber verantwortlich. Goaßa = Geißbub, ist gleichsam der Lehrling auf der Alm. Schöanaua Alm im Windautal - Schöanaia, alle Bauern, die auf dieser Alm Weiderecht besitzen. Longsarbet = Arbeit im Frühjahr vor dem Auftrieb. ugwassascht = angewässert, bewässert. Trieb = Weg zum täglich wechselnden Weidep.atz (Togwoad = Tagwcide). Fäua = Flächen, die mit Mist Dder Gülle gedüngt werden, meist in der Nähe de-- Stallungen. Bauer zu Kummaschwenat, Hof in Westendorf. waöt = wallt, winkt. Ess' = offene Feuerstelle auf der Alm. Hog = Alpstall. hiesn = laufen (infolge Ungezieferplage). Fortsetzung folgt!
< Page 35 | Page 37 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen