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»Correspondenz-Karte« mit Poststempel (Ankunftsstempel) von Basel, 20. VI. 1899, gerichtet an » Wohigeb. Herrn Alois Graswander bei Herrn Christof Niedermoser, Ba- sel, Fruengasse Nr. 2« mit der Mitteilung: »Die besten Wünsche zum Namensfeste. Dein Freund Gustl.« Dieser »Gustl« war der Kitzbüheler Kunstmaler August Herold, Schwager von Alois Graswander. Die Karte erhielt die Redaktion von Schlossermeister Toni Graswander. Herzlichen Dank! Nun zur Häuserbeschreibung nach Angaben von Toni Graswander. Vorne die Bichlstraße, wie sie nach der Errichtung der Paß- Thurn- Straße in den Jahren 1832-1836 aussah. Links: Das Lotteriehaus, heute SPAR-Re- staurant und Kaufhaus, dann Haus Klingler, heute »dm«-Drogeriemarkt und Haus Huber-Maschtlmetzger. Rechts: Haus Peter Salvenmoser, heute »Florianihof«, dann Toni Rieser, Karl Überall, die Veider-Schmiede, heute Putzerei »Phönix« und das Veider- Wohnhaus, heute Restaurant »Zinnkrug«; im Hintergrund der »Pfleghof«, links der Turm der Stadtkirche St. Katharina und rechts der Turm der Liebfrauenkirche; der Turm der Pfarrkirche zum Hl. Andreas ist verdeckt. amstag, 25. Dezember 1982 Kitzbüheler Anzeiger Seite 43 III. Teil und Schluß Also das war der Abschluß meiner 40 Monate langen Standschützengrenz- und -frontdienstes. Von den ursprünglich mehr als 100 Standschützenhauptleuten waren zum Schluß nur noch drei vorhanden, alle an- deren sind früher losgekommen, teils durch Krankheit oder Alter. Es war auch nicht so einfach. Wir Kompaniekomman- danten waren für alles verantwortlich. Wehe dem, wenn etwas fehlte, der mußte schwer draufzahlen. Wir mußten nicht nur mit unserer Gage, sondern auch mit unse- rem Privatbesitz garantieren. Zum Schluß sei noch erwähnt, daß ich mit meinen Leuten sehr, sehr zufrieden war. Ich habe entschieden eine der besten Kompanien gehabt, was die vielen Belo- bungen und Auszeichnungen beweisen mögen. Aber auch die Leute waren mit mir zufrieden, und das sind heute meine schönsten Erinnerungen. Ich konnte durch meine Vorsicht und Umsicht vielen das Leben retten, was mich heute noch sehr freut. Um Allerheiligen 1918 kam ich noch als Rekonvaleszent nach Innsbruck ins Cani- sianum. Wer gehen konnte, wurde nach Hause geschickt. Ich konnte gehen. Ich ging zuerst noch zur Muttergottes nach Absam wallfahrten und wollte dann in Hall einsteigen. Das war aber nicht so ein- fach, alle Züge waren überfüllt; endlich aber konnte ich an der untersten Stufe ei- nes Trittbrettes eines nachkommenden Zuges anklammern und so fuhr ich heim. Als ich nach Kitzbühel kam, dachte ich mir: »Wie wird jetzt das Schmieden ge- hen?« Meine Hände und Finger waren ganz klein. Ich fing am nächsten Tag an und, oh Wunder, es ging so gut und glatt dahin, als wenn ich nie weg gewesen wäre. Ich arbeitete wieder fleißig und Arbeit gab es genug; Leute, Gesellen und Lehr- buben auch genug. Aber alles, was zum Leben notwendig war, war auf Karten, und da bekam man zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Jetzt kam mir der Gedanke, mich um eine kleine Land- wirtschaft umzuschauen. Ich fand diese in Rauris (4 Kühe) mit einer Schmiede mit Wasserkraft. Im Februar 1919 verzog ich dorthin. Ich konnte die Landwirtschaft und die ansehnliche Schmiede in Rauris zur Zufriedenheit der Bewohner 30 Jahre lang selbst führen. Nach dem Umbruch wurde ich mit 70 Jahren eingesperrt. Ich hatte eine Pfeife und mit dieser hatte ich im Wirtshaus ge- raucht. Auf dem Pfeifenkopf war das Bild von Otto von Habsburg und deshalb wurde ich im Wirtshaus verhaftet und ein- gesperrt. Aber nur für einen Tag. Anderntags kam ich auf den Gendar- merieposten und mußte sozusagen über mein ganzes Leben Rechenschaft geben. Man verfaßte ein vierseitiges Protokoll, und da sie absolut keinen schwarzen Fleck fanden, wußten sie nicht, was sie mit mir anfangen sollten. Die Anzeige samt dem Protokoll ging von hier nach Zell am See, von dort nach Salzburg, weiter nach München und nacheinander hinauf bis zur höchsten Polizeibehörde nach Berlin. Nirgends wußten sie, was sie mit mir machen sollten, da natürlich kein Verge- hen, noch weniger ein Verbrechen vorlag. Obgenannte Behörde hat dann entschie- den, man möge hier wegen solcher Lappa- lien nicht solche Geschichten machen, mir sei die Pfeife wieder zurückzugeben, ich könne daheim mit ihr rauchen soviel ich wolle, nur solle ich sie nicht mehr in der Öffentlichkeit benützen, damit nicht wie- der einmal jemand Anstoß daran nehme. Unglücksfälle erlitt ich mehrere. Ein- mal traf mich im Kirchturm ein Uhrge- wicht und ein anderesmal der Klachel der großen Glocke, der mir aber nur den Hut durch das Schalloch hinausschlug. Ein paar Zentimeter tiefer und mein Schädel wäre auch geflogen. Ja, ich hatte im Le- ben viel mehr Glück als Verstand! Und warum? Weil ich mich vom Beten nie ha- be abbringen lassen. Auch für arme Leute hatte ich immer etwas übrig und bin trotzdem immer gut gefahren, also soll mir niemand sagen, »mit Gutsein kommt man um seine Sach«. Nein, nein, Gutsein trägt reichli- che Zinsen, sowohl für das zeitliche wie für das ewige Leben. Seine Erinnerungen schloß Johann Vei- der mit Datum vom 21. März 1949 ab. Er unterschrieb sie mit Namen »Johann Vei- ter«. Nachwort zu den von Dr. Maria Koll- reider-Hofbauer seinerzeit auf Schloß Bruck bei Lienz in Osttirol druckreif ge- machten »Erinnerungen«. Der liebe, gute »Veidervater« hat sich über der Schmiede eine Alterswohnung ausgebaut, wo er dann noch sieben Jahre zusammen mit seiner Frau friedlich und geistig frisch hauste. Er starb am 25. Fe- bruar 1956 im hohen Alter von 88 Jahren und fand im Rauriser Friedhof die letzte Ruhestätte. Sein Grab ziert heute noch das von ihm selbst geschmiedete Eisen- kreuz. Denkwürdigkeiten von Johann Veider, Hauptmann der Standschützenkompanie Kitzbühel im Ersten Weltkrieg Aus: »Reimmichis Volkskalender 1982«, Tyrolia-Verlag Innsbruck - Wien - München. Erhältlich im heimischen Buchhandel
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