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Seite 28 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 26. März 1983 Winke für den Imker im April Von Michael Weitlaner, Bienenzüchterzweigverein St. Johann i.T. Im April muß der Imker, sofern es die Witterung zuläßt (der April tut, was er will), wichtige Frühjahrsarbeiten fortset- zen. Denken wir nochmals an die 40 Tage (vom Ei bis zur Honigbiene), so müssen wir trachten, bis Mitte Mai flugbienen- starke Völker zu besitzen. Wie man ein- wintert, so wintert man aus. Im April nochmals den Futtervorrat überprüfen, weil die Völker die Wintertraube auflö- sen, erhöhte Bruttätigkeit einsetzt und da- mit ein höherer Futterverbrauch. Hasel, Erlen und Weiden bieten den ersten Pol- len. Mit dem ersten ergiebigen Nektar müssen wir uns in unserer Gegend in den meisten Standorten bis Ende April, An- fang Mai gedulden. Lenken wir die Völ- ker, aber zwingen wir sie zu nichts, was gegen die Natur der Biene ist. Halten wir die Völker auch im April trotz warmer Außentemperatur warm. Kälterückschlä- ge sind bei uns im April unvermeidbar. Ich halte von einer Reizfütterung im April nichts. Genügend Futterwaben am Sitz der Bienentraube genügen. Das Ent- deckeln der Wabe ist keine Schwerarbeit für die Biene und entdeckelt jederzeit ih- ren Bedarf. Bei genügend Futtervorrat ist eine Reizfütterung nicht erforderlich und bei wenig Futtervorrat sinnlos. Wichtig ist, daß das Futter am Sitz der Bienen bzw. in der Nähe des Brutes sich befindet. Haben wir regelmäßig schöne Flugtage im April, wird sich jedes gesunde Volk der Natur gemäß entwickeln. Tritt ein flug- armer April ein, kann die Biene auch durch Reizfütterung nicht gezwungen werden, etwas Naturwidriges zu tun, denn zur Entwicklung gehört mehr als ein ach- tel Zuckerwasser. Dazu gehören Gesund- heit, Wärme, genügend Futter, Pollen- wasser, legetüchtige Königinnen und schönes Flugwetter. Zum Futter möchte ich sagen, es muß ein Entwicklungsfutter sein, das heißt, flüssiger Honig oder um- gearbeitetes Herbstfutter - 1:1. Daß es an manchen Standorten und bei einigen Völkern erforderlich sein wird, eine Reiz- fütterung durchzuführen, stelle ich nicht in Abrede. Das Beste vom Besten ist die Honigwabe, und das Beste nach dem Be- sten ist die Futterwabe. Die absterbende Winterbiene ist nicht geeignet und vorge- sehen, Zuckerwasser in Futter umzuarbei- ten, sie hat andere Funktionen zu erfül- len. Sie tut es, wenn sie gezwungen wird oder erforderlich ist, sonst hätte sie ja kei- ne Überlebenschance. Beobachten wir die Völker regelmäßig am Flugloch und zwar morgens, tagsüber und abends. Warum? Am Morgen liegen die Fremdkörper vor dem Flugloch, tagsüber kann man am Flug den Sammeleifer und deren Erfolge erkennen und abends die Ruhe oder Un- ruhe der Völker sehen und hören. Als nächstes nutzen wir den ersten warmen Tag bei 15 Grad plus im Schatten, die Völker innen kennenzulernen. Man ent- fernt oder tauscht leere, schimmelige, nicht für Brut geeignete Waben aus, ord- net die Waben im Stock so, daß am Flug- loch Futterwaben hängen, dann das ge- schlossene Brutnest und hinten die restli- chen Futterwaben. Wer schwache, aber gesunde Völker vereinen will, tut dies am besten im April. Offensichtlich Kranke scheidet man am besten aus. Im April wird man auch ein zweites Mal das Stock- innere überprüfen müssen. In der Regel sollen die meisten Völker Ende April, Anfang Mai stark genug sein, um den Honigraum zu eröffnen. In Ge- genden, wo die Schneedecke etwas länger liegen bleibt, sind naturgemäß auch die Bienen später dran. Man muß einfach trachten, die Blütentracht nützen zu kön- nen, die mit der Kirschblüte beginnt. Zur Ausnützung gehört nicht nur die Honig- gewinnung, sondern nicht weniger wichtig die Wabenerneuerung. Die Wabenerneue- rung ist der größte Feind der Bienen- krankheiten. Im Durchschnitt sollen pro Volk sechs bis acht Waben neu ausgebaut werden. Bei der Honigraumeröffnung darf man nicht nach Zeit oder Eismänner sich rich- ten, sondern rein nach der Stärke der Völ- ker. Es ist dies der stärkste Eingriff in das Bienenvolk. Hat es die richtige Stärke, ge- nügend Futter, gut ernährt und Wärme, so überwindet es den Eingriff leichter und besser. Auch Witterungsrückschläge, die bei uns bis Mitte Mai möglich sind, er- schüttern solche Völker nicht, soferne sie nicht übermäßigen Leerraum erwärmen müssen. Zwei Arten von Honigraumeröffnung seien kurz erwähnt: Erstens: Brutraum unverändert lassen, im Honigraum drei schöne, honigfeuchte Waben und zwei Mittelwände ohne Ab- sperrgitter. Dadurch können sie nach Be- lieben den Honigraum beziehen und mit dem Bautrieb beginnen bzw. fortsetzen. Zweitens: Drei bis vier Brutwaben in den Honigraum, umgeben mit einer Leer- wabe und einer Honigwabe, im Brutraum ein oder zwei Leerwaben und zwei Mittel- wände hinten zuhängen und Absperrgitter einlegen; Wärme und Futter beachten. Auf allen Ständen gibt es Völker, die vor Stärke trotzen und Schwächlinge. Ei- ne Brutverstärkung durch Brutwaben von überstarken Völkern wirken oft Wunder bei Schwächeren. Im April kann aus zwei Schwächlingen noch ein Ertragsvolk er- reicht werden, sofern sie gesund sind, die Königin legetüchtig ist und die Vereini- gung nicht zu spät erfolgt. Grundsätzlich sollen alle Völker so ge- sund sein, daß man jederzeit Waben in- nerhalb der Völker mit ruhigem Gewissen austauschen bzw. zuhängen kann, ohne Angst haben zu müssen, dadurch Krank- heiten zu übertragen. Ich wiederhole nochmals, daß ich durch meine Winke niemanden von seiner erfolgreichen Pra- xis ablenken möchte. Also bis Mai eine er- folgreiche Entwicklung. jeunes * ses musicales Ein pianistisches Ereignis 4. Jeunesse-Konzert mit Jose Francisco Alonso Wenn ein gebürtiger Spanier (aus San- tander) in Italien (Rom) und Frankreich (Paris), aber auch in Deutschland (bei Wil- helm Kempff) Musik studiert und dann in Osterreich (Wien, seit acht Jahren) ansäs- sig wird, müßte eigentlich eine Mischung herauskommen, welcher man schwerlich einen authenten Schubert zutraut. Anders Jose Francisco Alonso; denn er spielte bei seinem Konzert in St. Johann (7. März) die große Sonate B-Dur, D 960, die letzte des Meisters überhaupt, schlechthin voll- endet, und es war amüsant und interes- sant festzustellen, wie sich hier spanisch- romanisches Empfinden gegen österrei- chische Hochromantik hin austauschte, der S--il eingeholt wurde. Es lag gleich mit den ersten Takten etwas von wiederer- standener »Historie« im Raum (Habsbur- gisches?) - bei aller Endgültigkeit. Wie sehr Jost Alonso »Schubert« spielte, mag daraus erhellen. »In Formen Reizossene Seele« schrieb der Unterzeichnete einmal als Schlagzeile zu einem Schubertkonzert, und dieses Bild schien sich unter den Händen Alonsos einmal mehr zu bestätigen. Unbeschreib- lich schöner Anfang; später ein Modula- tionsreichtum, welcher nur verwundern kann, der jedoch immer in adäquate Form eingebettet scheint. Kurz vor sei- nem Tod - schon am Totenbett - soll Schubert bemerkt haben (die Sonate ent- stand zwei Monate davor), daß ihm »ganz neue Harmonien und Rhythmen durch den Kopf gehen«. Was nur brütete dieses Gehirn eines noch nicht 32jährigen Genies aus?! Es fällt eigentlich schwer, bei Schu- bert bloß von romantischem Weltgefühl zu reden. Sein gewisses Hineinhorchen in den KDsmos hat doch viel eher etwas von Diaphanie, von Durchblick - der spezifi- sche Stil, die Harmonien und Rhythmen sozusagen »an der Peripherie der Schau«. Der 2. Satz eine lang aufgebaute Frage (Andante sostenuto). Und die Antwort, das Anti-Wort: Kommt es nicht von einer völlig anderen Warte her? Wir können's Gott sei Dank nicht in Worte auflösen. Alonso interpretierte dieses Frage-Ant- wort-Spiel wundervoll. Wer seine Liebe zu Schubert bis zu diesem Zeitpunkt nicht entdeckt hatte, mußte sie hier endgültig entwiceln. Dann der 3. Satz, attacca an- schließend ... und der letzte (Allegro ma non troppo). Er wirkt stellenweise tat- sächlich, wie im Programmheft vermerkt, etwas riaydnisch, erinnert aber in seinen fallweisen Oktavengängen doch eher an Beethoven; bis eben wieder Schubert end- gültig siegt.
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