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Seite 34 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 16. April 1983 brunn (jetzt Witwe nach dem Landtags- abgeordneten Josef Oberhauser zu Unter- leiten). Dr. Josef Ferner, Regens und Di- rektor des Borromäums, hielt die Primiz- predigt. Jakob Rieser kehrte für ein weiteres Jahr ins Priesterseminar zurück, erhielt 1927 die Ermächtigung zur Seelsorge und wirkte sodann vom 1. August 1927 bis 1931 in Aigen bei Salzburg als Koopera- tor und zuletzt auch als Pfarradministra- tor. Am 15. November 1930 schloß er sein Salzburger Theologiestudium mit der Promotion zum Doktor der Theologie ab. 1931 wurde Dr. Rieser Kooperator in Kuchl, war aber der Stadtpfarre Hallein als Aushilfspriester zugewiesen. Ab 1. Ju- li 1932 wirkte er in Hallein als einer der Stadtvikare, ab 1935 als erster Stadtvikar. Nach dem Ausbruch des 11. Weltkrieges hatte Dr. Rieser dort außerdem die Auf- gaben eines Standortpfarrers im Neben- amt für die Deutsche Wehrmachtsseelsor- ge zu versehen. Sein Wirken in Hallein wurde allerdings am 12. Juni 1942 unter- brochen. Dr. Rieser bekam politische Verfolgung zu spüren. Nach vier Mona- ten Gestapohaft wurde er zwar freige- sprochen, jedoch des Reichsgaues Salz- burg (so hieß das Bundesland Salzburg während der nationalsozialistischen Herr- schaft) verwiesen. Vom 1. November 1942 bis zum Sommer 1945 hielt er sich in sei- ner Heimat auf. Er war dem Auracher Pfarrer DDr, Jakob Andre (1877-1969, Pfarrer in Aurach 1929-1957) als Admi- nistrator beigegeben. Im Sommer 1945 nach Hallein zurückgekehrt, wirkte Dr. Rieser dort noch bis 1947 als Stadtvikar bzw. zuletzt als Pfarrprovisor. Am 24. Juni 1947 wurde Dr. Rieser Universitäts-Dozent für Pastoraltheologie an der wiedererrichteten Theologischen Fakultät Salzburg. Damals befaßte er sich besonders mit dem Fachgebiet Katechetik (Lehre von der religiösen Unterweisung religiös Unmündiger). Spiritual Prof Rieser beim Lesen des Bre- viers im Garten des Borromäums. Im Herbst 1947 wurde Dozent Rieser als Spiritual in die Hausvorstehung des 1946 wiedererstandenen erzbischöflichen Knabenseminars Borromäum, das fortan auch sein Wohnsitz war, berufen. Damit wurde er zum Verantwortlichen für die religiös-geistliche Erziehung der Semina- risten. Dieser bedeutenden Aufgabe kam er neben seinem Hauptberuf, der Lehrtä- tigkeit an der Theologischen Fakultät, so lange nach, als dies seine Gesundheit zu- ließ. Im Juli 1963 schließlich nahm er nur ungern vom Borromäum Abschied und übersiedelte in das Mutterhaus der Hallei- ner Schulschwestern in Salzburg-Morzg, um neben seiner Tätigkeit an der Univer- sität dort als Hausgeistlicher zu dienen. Am 17. Dezember 1949 wurde Dozent Rieser ordentlicher öffentlicher Universi- täts-Professor für Pastoraltheologie an der Theologischen Fakultät Salzburg. Diese Lehrkanzel aus dem Bereich der praktischen Theologie ist für die Priester- ausbildung von besonderer Wichtigkeit. Prof. Rieser beschäftigte sich nun vor al- lem mit Fragen der Homiletik (Lehre von der religiösen Unterweisung mündiger Gläubiger), also der Kunst des Predigens, mit Liturgik (Lehre vom Gottesdienst, auch in seiner geschichtlichen Entwick- lung), mit der Verwaltung der Sakramen- te und mit den verschiedenen Bereichen und den vielfältigen Fragen der konkreten Seelsorge. Dreimal, in den Studienjahren 1951/52, 1957/58 und 1958/59, stand Prof. Rieser als Dekan an der Spitze der Theologischen Fakultät, und er erlebte die Wiedererrichtung einer Universität in Salzburg in den Sechziger Jahren. Dem 11. Vatikanischen Konzil (1962-1965) und den von jener denkwürdigen Kirchen- versammlung erarbeiteten neuen Betrach- tungsweisen und Zielsetzungen trug Prof. Rieser in seinen Lehrveranstaltungen Rechnung. Aufgrund seiner Fähigkeiten hatte Dr. Rieser lange Zeit eine Reihe weiterer Auf- gaben zu erfüllen, etwa als Referent beim erzbischöflichen Seelsorgeamt, als Mit- glied und Fachprüfer der Prüfungskom- mission für die Mittelschul-Lehrbefähi- gungsprüfung, als Synodalexaminator, als Synodalrichter, als Vizeoffizial des Metropolitankapitels. Er wurde korre- spondierendes Mitglied der Wiener Ka- tholischen Akademie, er gehörte dem Ku- ratorium des Fernkurses für theologische Laienbildung an. Dr. Riesers seelsorgliche Tätigkeit nach 1947 war keineswegs auf das Borromäum beschränkt. Seit 1948 war Dr. Rieser geistlicher Leiter des Säkularinstituts der »Gemeinschaft Unserer Lieben Frau vom Wege« in der Erzdiözese Salzburg (einer weltlichen Frauengemeinschaft, die die evangelischen Räte befolgt und ihr Apo- stolat ohne äußere Kennzeichnung aus- übt). Seit 1952 war er geistlicher Assistent des Katholischen Akademikerverbandes Salzburg. Er leitete außerdem Einkehrta- ge und Exerzitien, war Stundgebetspredi- ger, leistete Seelsorgsaushilfe und war Beichtvater vieler Geistlicher. Auch im Medium Presse begegnet man Dr. Rieser. Lange gehörte er dem Redak- tionsstab der Zeitschrift »Österreichisches Klerusblatt« (früher »Katholische Kir- chenzeitung«) an. Im »Rupertiboten« bzw. im »Rupertusblatt«, dem Kirchen- blatt der Erzdiözese Salzburg, erschienen aus seiner Feder Betrachtungen zu den sonntäglichen Schrifttexten. Für seine vielseitige Arbeit fand Prof. Rieser durch kirchliche Ehrungen Aner- kennung. Im Jahr 1955 wurde ihm die Würde eines Päpstlichen Geheimkämme- rers, mit der der Titel eines Monsignore verbunden ist, verliehen. 1963 wurde er erzbischöflicher Konsistorialrat. Im Jahr 1964 schließlich wurde Prof. Rieser zum Päpstlichen Hausprälaten ernannt. Es ist schwierig, den Seelsorger Jakob Rieser entsprechend zu würdigen. Denn wer kann, um sich nur auf einen langjäh- rigen Schwerpunkt seines Wirkens zu be- schränken, abschätzen, was es heißt, 16 Jahre hindurch jährlich für gut 200 Bur- schen im Alter von 10 bis 20 Jahren See- lenführer und für den Großteil davon auch Beichtvater zu sein? Mit seinen Sonntagsbetrachtungen und bei Einkehr- tagen und Exerzitien gab sich Spiritual Rieser redlich Mühe, den Seminaristen die Botschaft Jesu näherzubringen. Zugleich vermittelte er sein Vertrauen in die Für- sprache der Gottesmutter Maria. In dem der Immaculata geweihten Oratorium hielt Dr. Rieser seine Sonntagspredigten, und er erweckte die Marianische Kongre- gation im Borromäum zu neuem Leben. Was die Jugend betrifft, war Dr. Rieser Optimist. Er hatte zur Jugend Vertrauen und glaubte an das Gute in den Jugendli- chen. Er konnte das Vertrauen der ihm Anvertrauten gewinnen. Ihm war es gege- ben, geduldig zuzuhören und mit Wort oder Tat helfen zu können. Zudem eigne- te ihm eine gute seelische Grundstim- mung. Über die ihm mitgeteilten Proble- me wahrte er volle Verschwiegenheit. Für Seminaristen, die von größeren oder klei- neren Schwierigkeiten bedrängt waren, war sein Arbeitszimmer eine ständig er- reichbare Stätte der Zuflucht. Mit Bü- chern, die er verlieh, gab er vielen Studen- ten Denkanstöße zur Lösung ihrer Pro- bleme oder zur Erweiterung ihres Hori- zonts. Dr. Riesers Hilfsbereitschaft war uneingeschränkt. Wer zu ihm kam, ging außerdem nie von ihm weg, ohne von ihm neben ermunternden Worten auch irgend- welche guten Dinge wie Obst, Keks, Scho- kolade u.a. geschenkt bekommen zu ha- ben. Mit seinen Geschenken gewährte er nicht nur wichtige moralische Unterstüt- zung, sondern er bereitete in den wirt- schaftlich schwachen Zeiten der Vierziger und Fünfziger Jahre gewiß auch recht viel Freude damit. Prof. Riesers letzte Lebensjahre waren von Krankheit und Leiden überschattet. Die angegriffene Gesundheit hatte ihn 1963 gezwungen, das Amt des Spirituals niederzulegen und vom Borromäum zu scheiden. In der Folgezeit wurde sein Lei- den zu einer immer schwereren Last. Am
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