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Seite 4 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 30. April 1983 Wenn in einem Programm unter Punkt eins zu lesen ist: »Sonate für Viola da Gamba und Cembalo« (von J. S. Bach) und dann einer, ein Künstler, auftritt, statt der nicht vorhandenen handlichen Gambe nach einem unhandlichen Kontra- baß greift - dieser wegen größerer Klang- intensität um einen Ton hinaufgestimmt - und dann einer, der Pianist Anton Ney- der, sich statt ans Cembalo an ein Kla- vier setzt, dann, lieber Musikfreund, weiß man: der da droben am Baß, später mit Violine, Bratsche, Cello, ist der Ungar Gergely Szücs, vor Jahrzehnten nach Osterreich emigrierter Künstler, heute Mitglied des ORF-Symphonieorchesters. Gewiß, was bei solcher Transposition Richtung Kontrabaß und Klavier heraus- kommt, kann nicht den typischen silbri- gen Klang haben wie ein Cembalo und auch nicht wie die Gambe; es geht sehr viel vom ursprünglichen Charakter verlo- ren. Immerhin dürften nur wenige im Pu- blikum den Baß jemals als Soloinstru- ment gehört haben. Welcher Fleiß mag übrigens dazu gehö- ren, alle vier Instrumente des Streichquin- tetts (die Geige zählt ja doppelt) so per- fekt zu erlernen und einen Allegrosatz wie den 2. dieser prachtvollen Sonate derma- ßen zu spielen und ebenso den 4.?! Neyder tritt ungewöhnlich bescheiden in den Hintergrund - »ein treuer Diener seines Solisten«, aber auch der Musik all- gemein. Auch die Solobratsche dürften viele zum erstenmal solistisch gehört haben. (Hier tatsächlich »solo«, d.h. ohne Be- gleitung!) Ein hochmusikalisches Stück (Capriccio) von Henri Vieuxtemps - nachgelassenes Werk. Es muß ungemein schwierig sein, von der weiten Mensur des Kontrabasses auf die enge der Bratsche umzusteigen! Da war der Wechsel zur Geige hin (für Bertoks »Rumänische Volkstänze«) wahrscheinlich weniger pro- blematisch. Schön gegeigt; nur der soge- nannte »Stampfer«, ein reines Flageolett- stück, geriet etwas daneben. Nach der Pause dann endlich der Be- rufscellist Szücs an der Reihe. (Das Cello sein eigentliches Studium; die andern In- strumente autodidaktisch dazugelernt.) Ja, man durfte mit einem großartigen Stück, einer Sonate in D-Dur von Pietro Locatelli, gest. 1764, Bekanntschaft ma- chen. Im 2. Satz (Adagio) entwickelte Szücs einen ausgesprochen edlen Ton und spielte eine Pianissimostelle tatsächlich so piano-pianissimo, daß man nur sagen kann: Das muß ihm erst einer nachma- chen! Reinste Intonation - auch bei den schwierigen Doppelgriffen einer »Caden- za«. Hier, in dieser Sonate, zeigte Szücs also, was er wirklich kann. Fast schade, daß er sich verzettelt! Er sollte sich, wie ich meine, doch vornehmlich seinem Cel- lo widmen. Zu einem musikalischen Kunterbunt gestalteten sich die dem Künstler abge- klatschten Zugaben. Da zog Szücs, nach- dem er ein »Lied« von Gabriel Faur »schön wie eine Raffael-Madonna« ge- geigt hatte (oder mit Bratsche?), eine win- zige Violine aus dem Sakko. Szücs Kom- mentar in ungorisch eingefääärbtem Deutsch: »Ochteinholb Zentimätr!« Und spielte darauf das Andante-Thema aus Mozarts A-Dur-Klaviersonate. Dann ein »Pezzo Capriccioso« von Tschaikowsky; weiters die bekannte »Lerche« von (?)...‚ und ausgerechnet bei diesem schmissigen Gergelv Szücs und Anton Neyder. Stück Pußtaklang rül. eine Saite. Zwi- schenhinein noch C. Samt Saens »Schwan« (aus dem Karneval der Tiere), ein Stück »Marke Ohrwurm«. Schließlich eine weit ausschwingende Melodie, ge- nannt »Meditation«, aus Massenets Oper »Thais.:<. Selbstverständlich alles urter Dauerwechsel der Ins:rumente. Anton Neyder nach wie vor bescheiden im Hintergrund; dabei hätte man ge- wünscht, daß doch auch einmal er... Schicksal der Begleiter vcn Oslo bis Kap- stadt und von Mexiko bis Tokio! Trotz- dem: »Vor einem so a.fgeschlossenen Pu- blikum zu spie1en, ist reine Freude«, schrieb Neyder nach dem Konzert auf das Programmheft eines Besuchers. Solche Haltung ist hoher Dienst an der Kunst, aber in gleicher Weise am Menschen. Hugo Bonatti Fünfmal eins = Cergely Szücs Letzte Jeunesse-Veranstaltung 1982/83 - Solist auf vier Instrumenten ad libitum - im Festsaal der Hauptschule St. Johann in Tirol to MÖBELHAUS-TISCHLEREI St. Johann AUFSCHNAIVERC15352/2409 Telefon Almdorf 5 Besuchen Sie unsere Möbelausstellung »Wohnen '83« Während der St. Johanner Messe vom 29.4. bis 1. 5. '83 halten wir durch- gehend geöffnet. Eine kleine Erfrischung steht für Sie bereit. II F ruhjahrsakton Auf alle lagernden Teppich- und PVC- 1böden geben wir jetzt bis 3. 5. '83 einen SONDERRABATT von 10 %. Auf Wunsch fachgerechte Verlegung.
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