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Samstag. 29. Oktober 1983 Kitzbüheler Anzeiger Seite 41 mit Wachsköpfen. 1754/55 war dieser Krippe anscheinend eine Passionsdarstel- lung angeschlossen. 1763 wurde eine Land- schaft in die Krippe gemalt, und 1781 schuf der Kitzbüheler Maler Matthias Kirchner einen Krippenberg und eine Rückwand. 1803 fand letztmals eine grö- ßere Renovierung der Krippe statt. Diese Krippe wurde 1833 nach Kirchdorf i.T. verkauft. Während des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts, noch vor dem Verkauf der gekleideten Krippe, wurde die nun- mehrige Pfarrkirchenkrippe erworben, ein Werk Johann Giner des Älteren. Die Krippe der Pfarrkirche St. Andreas von Johann Giner d.Ä. Über die Umstände, die zum Kauf der Giner-Krippe führten, weiß man sehr we- nig. Fest steht nur, daß im Jahre 1829 die Vorstellung der Huldigung der vier Welt- teile an den Namen Jesu angekauft wur- de. Es ist anzunehmen, daß die übrigen Vorstellungen, eventuell mit Ausnahme der Madonna der Lichtmeß-Vorstellung, zu diesem Zeitpunkt schon vorhanden waren. Bis jetzt ist auch nicht bekannt, welche Beziehungen zwischen Kitzbühel und Thaur, der Heimatgemeinde Johann Giner d.Ä., bestanden und wer den An- kauf der Krippe anregte oder vermittelte. Unser fehlendes Wissen könnte mit einer Quellenlücke zusammenhängen. Möglich wäre aber auch, daß die Krippe von einem edlen Spender gestiftet oder ihr Ankauf gesondert über Spenden finanziert wurde. Diese herrliche Kirchenkrippe ist heute noch im Besitz der Pfarrkirche und um- faßt insgesamt 32 Figuren. Die bis zu 50 cm hohen ausdrucksstarken Figuren in lichter Empirefassung haben durchwegs Glasaugen - eine Technik, die für Giner typisch ist. Fünf Wechselszenen, soge- nannte »Vorstellungen«, sind möglich: Die Vorstellung der Geburt Jesu Christi mit der Verkündigung an die Hirten (Jesukind, Muttergottes, Joseph, Glo- ria-Engel, drei Verkündigungsengel, vier Hirten, Esel, Ochs und fünf Scha- fe) - Aufstellung: 24. Dezember bis 31. Dezember; Die Vorstellung der Beschneidung Jesu (Jesukind auf einem Polster liegend, Hoher Priester, zwei Leviten, zwei Mi- nistranten) - Aufstellung: 31. Dezem- ber bis 5. Jänner; Die Vorstellung der Anbetung durch die Heiligen Drei Könige -- Aufstel- lung: 5. Jänner bis 2. Sonntag nach Epiphanie; Die Vorstellung der Huldigung durch die vier Erdteile an den Namen Jesu (vier Gestalten von fürstlichem Rang, die die vier Erdteile Europa, Afrika, Asien und AmeriKa symbolisieren) - Aufstellung: 2. Sonntag nach Epipha- nie bis 1. Februar; Die Vorstellung der Darstellung Jesu im Tempel (knieende Madonna mit Kerze in der rechten Hand und zwei Tauben in einem Körbchen auf dem Boden) - Aufstellung: Maria Licht- meß (2. Februar). Die Kitzbüheler Giner Krippe wurde ur- sprünglich sicher in der barocken symme- trischen Anordnung aufgestellt, die auf eine gewisse Verwandtschaft mit Schluß- bildern barocker geistlicher Schauspiele hinweist. Josef Ringler konnte in den Sechziger Jahren dieses Jahrhunderts nur mehr bei der Pfarrkirchenkrippe von Ster- zing als der einzigen Ginerschen Krippe das alte, originale Schaubild feststellen: »Auf einer wenig tiefen, flachen Bühne mit einem Kulissenstall in der Mitte wur- den die Figuren in Zweier- und Dreier- gruppen links und rechts vom Stall aufge- reiht.« Nachdem man in Kitzbühel in den letzten Jahrzehnten verschiedene Aufstel- lungsweisen mit verschiedenen Ställen versucht und in den letzten Jahren auf ei- nen Krippenberg und -stall bewußt ver- zichtet hatte, ist die Ortsgruppe Kitzbühel des Verbandes der Krippenfreunde Oster- reichs bemüht, die alte Aufstellungsweise wieder aufleben zu lassen. Johann Giner der Ältere (1756-1833) Thaur, 6 km östlich der Landeshaupt- stadt Innsbruck am Fuße der Nordkette gelegen, ist die Heimat des bekannten Künstlergeschlechtes der Giner. Das Ge- schlecht der Giner reicht in Thaur bis in das 14. Jahrhundert zurück. Mehr als drei Generationen lang beherrschte dieses Künstlergeschlecht mit Freskomalern, Faßmalern, Bildhauern, Ornamentschnit- zern und Vergoldern die Thaurer Krip- penkunst. Johann Giner d.Ä., der Schöpfer der herrlichen Pfarrkirchenkrippe von Kitz- bühel, wurde am 8. Mai 1756 als Sohn des Bauersmannes und Gerichtskassiers Bla- sius Giner als der jüngste von fünf Brü- dern geboren. Auf dem elterlichen Hof des »Blasiger-Anwesens« aufgewachsen, lernte er um 1775, vermutlich beim Inns- brucker Bildhauer Urban Klieber, die Bildhauerei. Trotz des selbständig ausge- übten Bildhauerhandwerks blieb er immer auch Bauer. Wie die Figuren der Seitenaltäre, die vier Kirchenväter, Umtragefiguren und ein Auferstandener in der Thaurer Pfarr- kirche beweisen, war Johann Giner, je- denfalls in seiner ersten Schaffenszeit, vor allem kirchlicher Bildhauer. Nach den na- poleonischen Kriegen folgten Altaraufträ- ge für die Pfarrkirche in Wattens (um 1820) und in Oberndorf an der Salzach (1827-1829). Prachtvolle Bilderrahmen, Altarantependien und Uhrenständer ge- ben von seiner dekorativen Begabung Zeugnis. Johann Giners Schaffen liegt in der Epoche des Übergangs vom späten Barock zum Klassizismus. Dabei entwik- kelte Giner einen Stil, der nicht in der Zierlichkeit des Rokokos aufging, aber auch nicht der Nüchternheit des Klassizis- mus verfiel, sondern einen naturalisti- schen Realismus vertrat, der die wirkliche Umwelt mit ihren Menschen in die Gestalt der Heiligen versetzte. Dies zeigt sich be- sonders in seinem Krippenschaffen. Die kirchenfeindlichen Maßnahmen Kaiser Josephs II. und der wirtschaftliche Not- stand in Tirol nach den napoleonischen Kriegen führten dazu, daß die kirchlichen Großaufträge aufhörten. In dieser Zeit wandte sich Giner verstärkt der Herstel- lung von Krippen zu. Es ist sein Ver- dienst, an die Stelle der während der Auf- klärungszeit vielfach aus den Kirchen ent- fernten großfigurigen gekleideten Krip- pen solche mit geschnitzten Figuren ge- bracht zu haben. Er eröffnete damit den in der kirchlichen Kunst ausgebildeten Bildhauern, die bisher mit Krippen wenig zu tun hatten, ein neues Betätigungsfeld. Johann Giner hat als Schöpfer bedeuten- der Kirchenkrippen (Absam, Thaur, Kitz- bühel, Sterzing, Reith bei Kitzbühel u.a.m.) nicht nur in Thaur, sondern in der ganzen Umgebung von Innsbruck das Krippenschaffen nachhaltig beeinflußt. Da er zeit seines Lebens selber Bauer war und offenbar enge Verbindung mit dem Volksschauspiel hatte, war es ihm ein leichtes, in seinen Figurentypen neben ei- nem gewissen Schaugepränge auch die treuherzige Gesinnung und das heitere Wesen in starker tirolischer Eigenart aus- zudrücken. Am 20. April 1833 schloß Johann Gi- ner, wohl einer der größten und volks- tümlichsten Künstler der Krippenbewe- gung, nach einem arbeitsreichen Leben im Heimatdorf Thaur seine Augen. OSR Peter Brandstätter Benützte Literatur: Josef Ringler: »Das Thaurer Künstler- geschlecht der Giner« in »Tiroler Heimat- blätter« 15. Jahrg., 1937, Heft Nr. 3, Sei- te 65-74. Josef Ringler: »Akte Tiroler Weih- nachtskrippen« (1 969).r. Manfred Rupert: »Zur Geschichte der Weihnachtskrippe in den Kirchen der Stadt Kitzbühel (Tirol)« in der Zeitschrift »Der Krippenfreund« - Jahrgang 65, Nr. 242, Dezember 1978, Seite 102-126 und 143-152. Franz Caramelle: »Kitzbühel. Kulturel- le Sehenswürdigkeiten in einer natürlich gewachsenen Fremdenverkehrsstadt« in der Zeitschrift »Tirol - immer einen Ur- laub wert«, Winter 1981/82, Nr. 19, Seite 4-9. Erich Egg: »Die Künstlerfamilie Giner in Thaur« im Katalog zur Ausstellung »Zum 150. Todestag des Bildhauers und Krippenschnitzers Johann Giner d.Ä.«, 1983 - Innsbruck. Herlinde Menardi: »Die Giner als Krip- penkünstler« im Katalog zur Ausstellung »Zum 150. Todestag des Bildhauers und Krippenschnitzers Johann Giner d.Ä.«, 1983 - Innsbruck. Abenteuer am Roten Meer Mit Landestauchwart Hermann Schuster, Kitzbühel Vor kurzem kehrte eine Tauchgruppe der Tiroler Wasserrettung von einer ab- enteuerlichen Reise an das Rote Meer zu-
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