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Seite 36 Kitzbüheler Anzeiger Samstag, 19. Februar 1983 Von der Fernreise auf die Philippinen Packender Erlebnisbericht von Andi Eppensteiner, Fieberbrunn Richtiges Heimweh hab ich verspürt, als ich mit 19 Jahren zwei Jahre in der Ge- fangenschaft in Afrika war, und jetzt, nach Jahrzehnten, packt mich manchmal das Fernweh, wenn ich von fernen Lan- den viel gehört und gelesen habe. Freilich nur in dem Bewußtsein, daß ich in ein paar Wochen in4er geliebten Heimat mit vielen Eindrücken und Erkenntnissen bei meinen Lieben wieder lande. Viele von Euch Lesern erinnern sich an meinen Reisebericht nach Brasilien, von Rio und vor allem von unseren Auswan- derern in Dreizehnlinden. Nun versuche ich von der letzten Reise auf die Philippi- nen zu berichten. Dieses Inselreich, es gibt ca. 7000, wovon 2700 einen Namen haben und nocht nicht alle bewohnt sind, liegt am Rande Ostasien und wird oft als Perle des Orients bezeichnet. Unser Flug ging von Frankfurt nach Bangkok und Mani- la, wo es sicher viele Sehenswürdigkeiten gäbe, doch wir, mein Freund und ich, fühlten uns in dieser Großstadt bald nicht wohl und so fanden wir einen relativ ruhi- gen Südseestrand, umsäumt von Kokos- palmen, wo man einen Badeurlaub genie- ßen kann. Ich hab jedoch beim Faulenzen keine Ausdauer und so entdeckte ich in der Gegend eine amerikanische Filmge- sellschaft bei der Arbeit. Viel einheimi- sches Volk, bemalte Negergruppen, Pfer- degespanne und glitzernde alte Limosinen waren auch für meinen Fotoapparat will- kommene Schnappschüsse. Natürlich fehlten beim Westernstreifen auch hoch- gewachsene, schlanke, amerikanische Ladies in Reitanzug nicht. Neben den kleinen Philippinos wirkten sie bald »zweistöckig«. Reiter und Karren mußten öfters an den Kameras vorbeipreschen, bis es paßte. Die Welt ist ein Theater, dachte ich mir, und diese Feststellung im Andi Eppensteiner (links) mit Hei/er Rustico. ernsteren Sinn traf ich auch, als ich Mäd- chen als Soldaten bei einer Feldübung zu- schaute. Überhaupt macht die freie Nation der Philippinen einen bedenklichen Eindruck, wenn man in den Städten vor jeder Bank und an den Pforten der Hotels Militärpo- sten mit Maschinenpistolen sieht. Aus Er- fahrung leben sie auch in einer bedrohli- chen Umwelt. Der letzte Weltkrieg mit der Besetzung der Japaner sitzt scheinbar noch im Gedächtnis. Mein Hauptinteresse auf den Philippi- nen waren natürlich die sogenannten Geistheiler, wovon wir daheim durch Presse und Fernseher des öfteren kon- frontiert wurden. Ich denke da an die Sendung, wo unser bester Magier die scheinbaren Operationen gezeigt hat, und den Friedhof, wo Patienten von den Phi- lippinen sanft und friedlich neben denen unserer Schulmediziner liegen. Das Sterben ist ja die große Gerechtig- keit, aber das wann und wo und wie, das versucht jeder, der nicht lebensmüde ist, zu beeinflussen. So kann man es nieman- den verargen oder dazu spötteln, wenn ein leidender Mensch als oft letzten Versuch mit finanziellen Opfern diese Fernreise antritt. Dazu menschelt es schon oftmals vor dem Antritt der Reise. Vielverspre- chende Reisebüros wittern und machen ihr Geschäft. Gutsituierte Patienten kom- men eher zu organisierten »Heilkünst- lern«, die sich bereichern. Das habe ich in Manila erlebt, als ich ei- ner Operation zuschaute und wir sensa- tionslustigen Zuschauer dem Opfer bzw. Patienten im Honorar beisteuerten. Da hatte ich gleich den Eindruck, daß dies nicht das Wahre gewesen sein konnte. Mein Freund mußte mittlerweile die Heimreise antreten und ich wollte der Sa- che mit den Geistheilern näher kommen. Den Auftrieb gab mir das Buch von Gert Chesi, einem Schwazer Autor, wo auch Abbildungen und Anschriften der Geist- heiler in Bagnio enthalten sind. Also flog ich allein als Europäer von Manila zu der Bergstadt Bagnio. Mit einer kleinen Ma- schine in geringer Höhe war dieser Tages- flug ein schönes Erlebnis. Flüsse, daneben Reisfelder, Hüttendörfer und darüber die kahlen Berge, war es ein Einflug wie bei uns auf Innsbruck. Die Stadt Bagnio liegt auf einer Anhö- he in einer reizvollen Landschaft, klima- tisch wohltuend warm mit kühlen Näch- ten. Die Wohlhabenden, damit auch die Regierung der Philippinen, haben hier in der heißen Zeit ihre Paläste und Bunga- lows. Nach der Landung wurde ich von den zu freundlichen Taxifahrern förmlich überrumpelt. Wenn man dann den halben Fahrpreis zahlt, ist ein Trinkgeld meist schon inbegriffen. Bei meinem Mittelklassehotel ange- kommen, war ich froh, auch deutschspre- chende Touristen anzutreffen, weil mein Englisch nur für eine Verständigung und nicht für eine Unterhaltung reicht. Bald hörte ich ein Lob von den Geistheilern, was ich, ehrlich gesagt, immer noch für eine Einbildung hielt. Am nächsten Vormittag besuchte ich den ersten Geistheiler namens Rustico (Bild). Er ist dort eine Heilerpersönlich- keit, der die blutigen Operationen ab- lehnt. Seine Methode ist dem »Magnet- heilen« verwandt. Sein bescheidenes, ern- stes Auftreten, dazu der einfache Raum mit den Heiligenbildern an den Wänden, strahlen für einen gläubigen Menschen ge- wiß eine wohltuende Atmosphäre aus. Als ich Rustico zu verstehen gab, daß wir Europäer seine Heilerfolge nicht verste- hen können, kam er mit der Gegenfrage, warum eine Brieftaube keinen Kompaß braucht, um ans Ziel zu kommen. Von seinen Patienten verlangt er kein Geld und freiwillige Spenden nimmt er für gute Zwecke an. Glaubwürdig deshalb, weil er sichtlich in ärmlichen Verhältnissen lebt. Mein nächster Besuch war die Begeg- nung mit dem Heiler Placido. Einige Pa- tienten waren da und ich konnte bei einer Operation bei einem einheimischen Pa- tienten in nächster Nähe zuschauen. Ich legte meine Hand nicht in die Wunden, deshalb soll ich weiterhin ein ungläubiger Thomas sein? Placido ist jedenfalls der Heiler, der unseren Naturheilpraktiker Hans Neuner in einer Spontanheilung vom grünen Star befreit hat. Hans Neu- ner nehmen wir schon deshalb ernst, weil er immer noch vielen Menschen durch sei- ne Naturheilmittel helfen kann. Neuner zu seiner Bekanntschaft mit den Geisthei- lern: »Wir westlichen Menschen sind zu weit weg von der Natur, und damit auch von Gott. Wir sind zu real geworden. Das technische Jahrhundert und die Erfolge trüben unseren Blick, die Errungenschaf- ten der Zivilisation machen unsere Seele stumpf. Ich lernte dort die Macht des Ge- betes, die Konzentration religiöser Men- schen und die Ursachen solcher fast un- glaublichen Fähigkeiten kennen.« Dem muß ich mit meinen Eindrücken zustimmen, trotz den vielen Bluffs, die ich erlebt habe. Mit viel Erlebtem landete ich wieder zufrieden daheim bei meinen lieben Kindern. P.S.: Von der Männerwelt daheim über die Südländerinnen befragt, kann ich wie- der nur sagen: Unsere Dirndln und Frauen sind im Gegensatz zu denen immer noch schöner und daher nicht tauschbar. Postgalerie Fieberbrunn zeigt: Aquarelle von Franz Hölbling Ausstellungsdauer: 14. 2. bis 5. 3. 1982 Franz Hölbling wurde am 16. April 1929 in Rum bei Innsbruck geboren. Nach dem Besuch der Volks- und Haupt- schule war er Absolvent der Bundes-Ge- werbeschule für Malerei in Innsbruck (1944-1948). In weiterer Folge war er bei verschiedenen Werbefirmen als Graphi-
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