Kitzbüheler Anzeiger

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Die Kitzbüheler Delegation auf dem Bahnhof in Yamagata vor der Rückfahrt nach To- kio am 27. April 1976. Samstag, 26. Februar 1983 Kitzbüheler Anzeiger Seite 3 Yamagata Dr. von Roretz ein Denkmal errichtet. Bei unserem Besuch im April 1976 sag- ten uns die Japaner mit Lächeln und Au- genzwinkern, Dr. von Roretz habe ihnen eigentlich auch das Kuhmilchtrinken und Rindfleischessen gelehrt. Das Museum war von einer zauberhaften Wolke von rosa Kirschblüten umgeben. Und was wußten wir Kitzbüheler von Japan? Oder gar von Yamagata? Für uns waren die Japaner ein großes dynami- sches Volk des Fernen Ostens, dem wir wegen seiner Tüchtigkeit und Tapferkeit großen Respekt zollten. Zunächst hatten wir Sorge - wegen der großen Sprachschwierigkeiten und dem großen Unterschied zwischen den zwei großen uralten Kulturen. Dennoch ging der Gemeinderat von Kitzbühel dieses Wagnis ein und beschloß am 8. November 1962 die Verschwiste- rung mit der Stadt Yamagata. Der Be- schluß wurde dem damaligen Bürgermei- ster, Herrn Denzo Okubo, mitgeteilt. Sodann beschlossen beide Stadtparla- mente, am 17. Februar 1963 eine offizielle Verschwisterungsfeier zu veranstalten. Am heutigen Tage, genau vor 20 Jah- ren, fand bei Fackelschein der Skischule, in Anwesenheit der Stadtmusik, der Schüt- zenkompanie, des Skiklubs und vieler an- derer Vereine sowie unserer Olympioni- ken und Weltmeister der Festakt zur Ver- schwisterung vor der Sparkasse statt. Die Veranstaltung war ausgezeichnet durch die Anwesenheit seiner Exzellenz des japanischen Botschafters in Oster- reich, Herrn Dr. Fujio Uchida, sowie des- sen Gattin und vieler in Österreich weilen- der Japaner. In diesen Tagen lernten wir die Japaner besser kennen, und, um es gleich vorweg- zunehmen, sie haben uns nie enttäuscht. Sie besaßen nicht nur die sprichtwörtliche fernöstliche Höflichkeit, sondern auch Herzlichkeit und pflegen aus alter Tradi- tion eine Gastfreundschaft, die es im alten Europa wohl kaum mehr gibt. In den darauffolgenden zehn Jahren kamen immer wieder Gäste aus Yamagata zu uns, vor allem Jugendliche, und es wurden Bekanntschaften und dauernde Freundschaften geschlossen. Der Besucherstrom aus Kitzbühel nach Yamagata war wohl wegen der großen Entfernung und der bedeutenden Kosten weit spärlicher, doch wenn jemand mit ei- nem Empfehlungsschreiben nach Yama- gata kam, so wurde er empfangen, wie es hierzulande nur bei einem Diplomaten üblich ist. Im August 1973, zur Zehnjahresfeier, besuchte uns Herr Bürgermeister Kanaza- wa mit einer größeren Delegation aus Ya- magata in Kitzbühel. Auch damals gab es einen Festakt im Rathaussaal, und es wur- de ein reger Gedankenaustausch gepflo- gen . Der allzeit hilfsbereite Dolmetsch und Organisator war Herr Teiji Satomi, dem viele von uns in Freundschaft ver- bunden sind. Es war gerade Jahrmarkt, und wir konnten mit Staunen feststellen, wie schnell sich die Jugend versteht, wenn man sie nur rechtzeitig zusammenführt. Die jungen Japaner führten ihre uralten Tänze vor, und die exotischen Schönhei- ten in ihren bunten Kimonos wurden von allen bestaunt und bewundert. Auch dabei wurden viele Freundschaf- ten unter der Jugend geschlossen. Bei die- sem Besuch wurde auch die Reise einer Delegation aus Kitzbühel nach Yamagata festgelegt. Die Japaner schlugen den Mo- nat April vor, weil in diesem Monat gera- de die Zeit der Kirschblüte ist. So hatte ich im April 1976 die Ehre, mit einer 27köpfigen Delegation nach Yama- gata zu reisen. Die Reise und der Aufenthalt in Yama- gata wird wohl allen Teilnehmern eine der eindrucksvollsten Erinnerungen ihres Le- bens bleiben: Der Flug über die Gletscher Grönlands und des Nordpols bei strahlendem Son- nenschein, der Flug auf der östlichen He- misphäre entlang der Treibeis führenden Beringstraße nach Tokio, die perfekte Or- ganisation der Japaner während der gan- zen Zeit. So hatten sie zwei Dolmetscher angestellt: Den österreichischen Japanologen Dr. Peter Panzer, der das japanische Gespro- chene ins klassische Deutsch übersetzte und Fräulein Uneme, die wir liebevoll Butterfly nannten, die das deutsch Ge- sprochene ins klassische Japanisch über- setzte. So gab es nicht einmal größere Kommunikationsschwierigkeiten. Der Empfang erfolgte mit einem Fest- akt im Rathaus, vor dem uns tausende Menschen begrüßten, durch Herrn Vize- bürgermeister Tatsuo Umesu. Herr Bür- germeister Kanazawa war zu dieser Zeit mit einer Delegation in China, da er flie- ßend chinesisch spricht. Von den vielen Erlebnissen mögen nur einige noch erwähnt werden: Der Besuch der buddhistischen jahr- hundertealten Bergtempel in Yamadeira, die tiefe Gläubigkeit der Mönche und Pil- ger. Die Fahrt auf den Skiberg Mont Zao und die Übernachtung in einem original japanischen Hotel in Zao, wobei wir alle in Kimonos gesteckt wurden. Die Fahrt durch ein Meer von Kirsch- blüten und durch gepflegte Wälder nach Sendai, an die japanische Riviera und von dort mit einem Ozeanschiff zu den Inseln von Matsushima, mitten durch die Anla- gen der Perlenfischer. Vom modernen Japan zeigten sie uns eine berühmte Teppichfabrik, in der die Teppiche für den Palast des Tenno herge- stellt werden und auch eine große Möbel- fabrik. Sie gaben uns freimütig auch Aufschluß über ihre sozialen Einrichtungen und Er- rungenschaften. Wir durften schließlich auch einer Hochzeit im Schintu-Ritus bei- wohnen. Das Museum, in dem das Wirken des Österreichers Dr. von Roretz der Nach- welt gezeigt wird, hat uns einen tiefen Eindruck hinterlassen. Auf der Rückreise gelang es einigen, in Tokio den Tenno in seinem Palast zu se- hen. Tokio ist heute eine Weltstadt amerika- nischen Stils, einen Ruhepunkt für unsere von der heimischen Landschaft verwöhn- ten Augen bilden nur die Gärten und Grünanlagen des Kaiserpalastes. Ja, in Yamagata sahen wir noch echtes Japan, eine Stadt in einer exotischen Landschaft mit aufgeschlossenen, aber traditionsbewußteti Menschen. Seit 1976 haben uns mehrmals kleinere Delegationen aus Yamagata besucht. Im August 1983 wird uns während des Jahrmarktes wieder eine größtere Delega- tion aus Yamagata besuchen, überwie- gend junge Menschen. Es sollte uns eine Ehre sein, unsere ja- panischen Freunde besonders herzlich
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